Der Band annotiert lt. Klappentext den gesamten seit den 1960er Jahren
gesammelten, nach 1945 erschienenen Bestand, tatsächlich wurde von
einigen Editionen jedoch nur eine Auswahl nach Typographie und
Ausstattung aufgenommen. Er ist dennoch einzig greifbares, aktuelles
Werkverzeichnis[1] und (trotz der wenigen, kleinformatigen
Reproduktionen) Streifzug durch die deutsche Buchkunst der zweiten
Hälfte des 20. Jahrhundert. Die von etwa 350 Handpressen, Editionen,
Verlagen, bibliophilen Gesellschaften, Hochschulen oder einzelnen
Buchkünstlern herausgegebenen Bände erscheinen alphabetisch nach
diesen; ein Register der Künstler und Typographen sowie ein separates
der Autoren erschließen die Einträge zusätzlich.
Die Titelaufnahmen beschreiben die Objekte samt ihrer physischen Form,
d.h. sowohl Typographie, Illustration und Drucktechnik als auch
buchbinderische Ausstattung. Anders aber als zum Beispiel in den
Katalogen Bartkowiaks finden sich keine weiteren
Hintergrundinformationen etwa zu Pressen (Wirkungszeitraum, Adresse,
Philosophie) oder Künstlern. Nur gelegentlich finden sich Hinweise auf
weiterführende Literatur.
Das Spektrum des vorgestellten Bestandes reicht von schlaffer
Gediegenheit der William-Morris-Jünger bis hin zur schrillen
Dekonstruktion zeitgenössischer Pressendrucke. Präzise Layouts stellen
die haptischen und ästhetischen Qualitäten des Buches heraus und
öffnen den Blick auf die materiellen, handwerklich-technischen
Grundlagen der Textherstellung sowie für die verschiedenen
Stilrichtungen der Ausstattung. Kein Platz hier für die
Tingel-Typographie ungeübter Online-Publizierer, die Schnellschüsse
nicht einmal dem Papier einen Eindruck hinterlassender Offset- und
Kopie-Vervielfältigungen.[2] Textgestaltung und Illustration der hier
verzeichneten Originale können den Leser und den Betrachter, den
Bibliophilen und den Sammler, den Büchermacher und den Graphiker
faszinieren und anregen. Als Bestandskatalog kann Seiten-Ansichten
dieser Anforderung natürlich nicht gerecht werden. Im Zeitalter
vorzüglicher illustrierter Online-Kataloge von Sondersammlungen sind
gedruckte Bestandskataloge größerer Sammlungen zum Aussterben
verurteilt. Den vorliegenden Ausstellungskatalog, mit dem sich dessen
Autor, lange Jahre Bibliothekar am Germanischen Nationalmuseum, in den
Ruhestand verabschiedet, sollte man dagegen primär als wohlgelungenen
Rechenschaftsbericht über die Erwerbungen sehen, die vor allem in
seiner Amtszeit getätigt wurden. Als Handwerkszeug ist er dagegen
unzureichend und als Coffee-Table-Book zu kleinformatig und zu wenig
illustriert - womit er das Schicksal etwa von teuren Weinbüchern
teilen sollte: lieber etwas mehr ausgeben und die Sache selbst
'verkosten'.
Rudolf Nink
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