Es wird deutlich gesagt, was ein jüdisches Kinderbuch von anderen unterscheidet. "In jüdischen Kinderbüchern wird ausgesprochen jüdisches Leben vermittelt." Ein "jüdischer Rhythmus bestimmt das Leben, und das ist im jüdischen Kinderbuch reflektiert." Der Tageslauf, die Mahlzeiten und Feste sind mit Ritualen verbunden, über die im jüdischen Kinderbuch berichtet wird. So wird vornehmlich vom orthodoxen Judentum berichtet. Die Kriterien fordern, daß nicht einfach Kinderbuchautoren jüdischer Herkunft verzeichnet wurden. Else Ury z.B. wird man vergebens suchen, nicht die Herkunft ist entscheidend, sondern der Inhalt. So sind nicht alle der verzeichneten Kinderbücher von jüdischen Autoren geschrieben. Es finden sich auch Titel von Franz Hoffmann, Louise Pichler, Oskar Höcker, Annette von Droste-Hülshoff, Ferdinand Schmids u.a.
Der Bibliographische Teil verzeichnet 422 Titel, die in 12 Sach- oder Genre-Gruppen aufgeführt werden. Angefangen von ABC-Büchern, über biblische Geschichten bis hin zu Unterhaltungsbüchern und Kalendarien wird ein breites Spektrum sichtbar, in dem sich auch die besonderen Themen der jüdischen Zionismusliteratur widerspiegelt, ebenso wie die originär für die Kinder verfaßte Hagada mit den Pessach-Erzählungen, die bei der Seder-Mahlzeit vorgelesen werden, und schließlich die letzten noch bis zum Jahr 1936 in Deutschland gedruckten Bücher für jüdische Kinder und Jugendliche.
Alle Titelaufnahmen wurden nach Autopsie angefertigt und mit
Standortangaben bzw. Namen des Leihgebers versehen. Die ausführlichen
Annotationen sind namentlich gezeichnet und erläutern Inhalt und
Bedeutung des Werkes. Die ausgestellten Bücher stammen zum größten
Teil aus dem Bestand der Sammlung Hyams des Marburger Kindheitsmuseums
und wurden durch Exponate der UB Oldenburg u.a. Bibliotheken ergänzt.
Die Bibliographie wird durch Personen- und Titelregister erschlossen,
dagegen leider nicht die Wissenschaftlichen Beiträge, obwohl auf den
über 280 zweispaltigen Textseiten zahlreiche Kinderbücher behandelt
oder erwähnt werden. Der Katalog ergänzt sehr gut die umfangreiche
Bibliographie Deutsch-jüdische Kinder- und Jugendliteratur von der
Haskala bis 1945,[1] auf die unverständlicherweise nicht hingewiesen
wird. Man findet ihren Titel lediglich in den Literaturangaben des
letzten Beitrages; sonst wird sie nirgends erwähnt.
Die "deutsch jüdische Kindheitsgeschichte" sollte anschaulich gemacht
werden. Es sollte "ein Einblick in die durch Religion und Tradition
geprägte Kultur vermittelt werden." Das ist mit dem durch zahlreiche
Photos und Abbildungen aus Kinderbüchern großzügig ausgestatteten
Katalog gelungen.
Heinz Wegehaupt
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