Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus: Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 8(2000) 1/4
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Die Inventarisation jüdischer Kunst- und Kulturdenkmäler
- 00-1/4-227
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Die Inventarisation jüdischer Kunst- und Kulturdenkmäler
in Bayern / Theodor Harburger. Hrsg. von den Central
Archives for the History of the Jewish People, Jerusalem
und dem Jüdischen Museum Franken, Fürth & Schnaittach.
- Fürth : Jüdisches Museum Franken, 1998. - 17 x 24 cm.
- ISBN 3-9805388-5-0 : DM 158.00, DM 128.00 (Subskr.-Pr.
bis
31.10.1998). - (Jüdisches Museum Franken, Nürnberger Str.
3, 90762 Fürth, FAX 0911/7417896, E-Mail:
jued@museum.franken1.de)
- [5228]
- Bd. 1. With English summaries. - 1998. - 144 S. : Ill.
- Bd. 2. Adelsdorf - Leutershausen. - 1998. - 379 S. : nur
Ill.
- Bd. 3. Markt Berolzheim - Zeckendorf. - 1998. - S. 380
- 799 : nur Ill.
Der Ansatz, jüdische Kunst- und Kulturdenkmäler in Deutschland
eigenständig zu dokumentieren und als thematisch geschlossene
Übersicht in Spezialinventaren zu publizieren, ist jedoch nicht neu,
seine Grundlagen selbst sind bereits ein dokumentationswürdiger
historischer Vorgang. Angesichts der seit Ende des 19. Jahrhunderts
durch Abwanderung ihrer Mitglieder in die Städte von der Auflösung
bedrohten jüdischen Landgemeinden Bayerns beschloß 1926 der Verband
der Israelitischen Gemeinden Bayerns, eine "Historische Kommission" zu
gründen, zu deren Aufgabe es gehören sollte, die jüdischen
Kunstdenkmäler Bayerns zu registrieren. Mit der kunstgeschichtlichen
und photographischen Dokumentation wurde Theodor Harburger beauftragt.
Er erarbeitete die Grundsätze der Inventarisierung der jüdischen
Kunst- und Kulturdenkmäler in Bayern. Von 1926 bis 1932 besuchte er
rund 130 Orte; die dabei entstandene Bild- und Textdokumentation
schloß Synagogen, Friedhöfe, Ritualobjekte usw. ein. Zu einer
Publikation des Materials kam es aber nicht mehr. 1933 flüchtete
Harburger nach Palästina; die Unterlagen und Aufzeichnungen nahm er
mit ins Exil. Nach seinem Tod 1949 kamen sie mit dem Nachlaß in die
Central Archives for the Jewish People in Jerusalem. 1996 schloß das
Jüdische Museum Franken mit den Central Archives eine Vereinbarung,
das Material zu veröffentlichen, also die insgesamt 850 Photodokumente
mit den entsprechenden Einträgen und Notizen sowie die als bisher
unveröffentlichtes Manuskript Harburgers überlieferten Grundsätze der
Inventarisierung. Beiträge zu Leben und Werk Harburgers ergänzen die
jetzige Edition. Die insgesamt dreibändige Publikation erschien
schließlich 1998 und stellt für uns heute eine einzigartige Quelle zur
Geschichte des Judentums in Bayern dar. Die Dokumention ist so im
doppelten Sinne Vermächtnis: Ursprünglich in Auftrag gegeben, um die
von allgemeinen gesellschaftlichen Veränderungen bedrohte Welt der
ländlichen jüdischen Gemeinden und ihrer Traditionen wenigstens in
Form der Dokumentation zu "festigen", wird sie nun nach den Pogromen
der Nazizeit zum letzten Zeugnis einer vollständig zerstörten Welt;
zugleich wird diese Verschiebung der Erinnerungsfunktion selbst zum
Zeugnis des historischen Geschehens. Daß diese wichtige Quelle erst
Ende der neunziger Jahre veröffentlicht wurde, entspricht der eingangs
skizzierten Situation hinsichtlich der Dokumentation jüdischer
Kulturdenkmäler in Deutschland und verdankt sich nun sicher auch einem
veränderten Problembewußtsein und einer differenzierteren
Aufgabenstellung auf diesem Gebiet.
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