So ist der vorliegende Band über die Frühen Villen und Landhäuser am Starnberger See sicher einerseits Versuch, diesen Moment einzigartiger Verbindung von Landschaft und Villenarchitektur in einer Dokumentation festzuhalten, ehe er sich der Realität noch mehr entzieht, andererseits aber auch - Entgegenkommen an einen Zeitgeschmack - die Idylle im Bild zu konservieren. Buchtechnisch gesprochen: es wird versucht, den opulenten Augenschein eines coffee-table-book mit den wissenschaftlichen Ansprüchen eines Spezialinventars zu verbinden; und dies ist - mit einigen Einschränkungen - durchaus gelungen. Erreicht wird dieses Ziel, beiden Ansprüchen zu genügen, u.a. durch die Abtrennung des wissenschaftlichen Apparats (Objektdaten mit Hinweisen auf genaue Lage, Größe, Bau- und Besitzergeschichte, heutige Eigentumsverhältnisse, Literaturangaben einerseits und wissenschaftliche Diskussion andererseits) vom monographisch konzipierten und großzügig direkt im Text illustrierten Hauptteil. Natürlich wäre es für die rein wissenschaftliche Nutzung dieser Publikation von Vorteil gewesen, Inventardaten und Anmerkungen zum Text nicht undifferenziert in Endnoten zu verstecken, sondern gerade die Eckdaten der Objektbeschreibung als eigenständigen Anhang und somit als eigenständiges und übersichtliches Kurzinventar zu präsentieren; schon allein eine typographische Hervorhebung der Objektnamen innerhalb der Anmerkungen wäre hilfreich gewesen. Doch mit einiger Nachsicht und Gewöhnung läßt sich letztlich auch ein so konzipierter Anmerkungsteil als "Nachschlagewerk" nutzen, denn alle wesentlichen Daten und Informationen sind vorhanden und entsprechen der Qualität von Spezialinventaren. Ein eigenständiges Literaturverzeichnis, Abbildungsnachweis und spezielle Register zu Architekten, Architekturbüros und Baumeistern einerseits, zu Villen und Landhäusern andererseits und ein allgemeines Personen- und Sachregister lassen keine Wünsche offen. Dagegen hätte man sich die Übersichtskarte zum Starnberger See etwas weniger versteckt - als Einschub auf S. 468 zwischen Text- und Anmerkungsteil - gewünscht. Gerade bei der Lektüre des sehr informativen und hervorragend mit Ansichten historischer Landschaftsmalerei illustrierten Einführungskapitels Der Starnberger See und seine Entwicklung zur Villenlandschaft (S. 8 - 31), beim Einstieg somit ins Thema, wäre für alle nicht Ortskundigen eine (möglichst herausklappbare) genaue topographische Übersichtskarte gleich am Anfang des Buches hilfreich gewesen. Wer zudem schon damit beschäftigt ist, bei der Textlektüre immer wieder nach hinten blättern zu müssen, um auch die Anmerkungen am Ende des Bandes verfolgen, um also u.a. auch die wissenschaftlichen Informationen und Objektdaten in den Fußnoten einsehen zu können, ist wenig begeistert, wenn er zusätzlich noch mitten im Buch nach der Karte suchen muß. Wer allerdings am Starnberger See zu Hause ist (im konkreten oder im übertragenen Sinn), der kann unbelastet von schnödem Kartenwerk, Fußnotengestrüpp, trockenem Datengerippe usw. einsteigen in die Beschreibung der Villen- und Landhausarchitektur, in die Geschichte der einzelnen Ortschaften am See und ihre Bebauung, sich beim Lesen auch leiten und forttragen lassen vom opulenten Bildmaterial, das großzügig in den Text eingestellte historische wie aktuelle Photodokumente zu den einzelnen Ortschaften und Häusern bietet und das um Farbabbildungen am Ende jedes Ortseintrags ergänzt wird. Gerade die vielfältigen Lageansichten und zahlreichen historischen und aktuellen Innenraumaufnahmen von den Häusern in Verbindung mit Entwurfsplänen, Grundrissen und Aufrissen eröffnen im Wortsinn Räume. So läßt man sich gern entführen in diese schöne Welt und ist bereit, die Forderung nach leicht zugänglichen und schnell nachschlagbaren Daten, Fakten, und allem wissenschaftlichen Apparat für den Moment hintanzustellen. Nicht die wissenschaftliche Qualität selbst der Publikation steht ja zur Diskussion, sondern nur Aspekte der Informationsaufbereitung. Denn im Gegensatz zu manch schnell auf den Markt geworfenem Bildband ist in der Publikation von Gerhard Schober in jeder Hinsicht die wissenschaftliche Rückbindung und Fundierung greifbar, sind Text, Bildauswahl und Objektinformationen reflektiert und recherchiert. Wissenschaftlichkeit kommt in dieser Publikation nur in einem besonders schönen Kleid daher, und wer wollte schon darüber traurig sein oder gar mäkeln, wenn an der einen oder anderen Stelle der schöne Schnitt etwas unbequem bei der Arbeit ist.
Angela Karasch