Zunächst zum Fischer-Länderatlas, dessen Beziehung zum FW nur aus der Erwähnung von dessen Redaktion hervorgeht. Die bescheidenen Textinformationen zu jeder der 193 alphabetisch geordneten Nationen sind dieselben wie im FW; auch wenn sie dort nicht alle im "Kopf" des Länderartikels stehen, lassen sie sich doch leicht - da typographisch markiert - aus dem Text herauslesen: Unabhängigkeit, Nationalfeiertag, Amtssprachen, Fläche, Einwohner, Hauptstadt, Bruttosozialprodukt, Währung, Zeitzone. Lediglich letztere Angabe fehlt im FW, läßt sich aber dort leicht durch einen Blick auf die Zeitzonenkarte am Schluß ermitteln. Diese Karte findet sich, ebenso wie die Tafeln mit den Flaggen auch im FW. Einziger Zugewinn gegenüber dem letzteren sind also die Karten, die i.a. eine dreiviertel Seite einnehmen und von einer kleineren Orientierungskarte des Kontinents begleitet sind, in der die betreffende Nation rot eingezeichnet ist. Auf den Karten selbst ist die betreffende Nation gleichfalls farblich (rosa) hervorgehoben, doch ist der Karteninhalt stark reduziert: Staatsgrenze, Binnengrenzen der Verwaltungseinheiten mit ihrem Namen, größere Orte und Flüsse. Das ist auch schon alles. Da der FW für die einzelnen Nationen entweder gleichfalls Gesamtkarten enthält, die kaum weniger Inhalt bieten, als der Atlas, z.T. sogar mehr (etwa Ägypten, bei dem im FW lediglich der westliche Teil hin zur libyschen Wüste abgeschnitten ist, auf dem auch im Atlas nichts eingezeichnet ist), häufig jedoch nur Ausschnitte für besonders interessante Teile (Afghanistan) oder in dem Karten auch völlig fehlen (Albanien), wäre es sinnvoller, den FW mit den Karten aus dem Atlas anzureichern, die ruhig kleiner sein können, da man wegen des reduzierten Inhalts diesen vermutlich immer noch gut lesen könnte. Den Fischer-Länderatlas als selbständiges Werk zu erwerben ist dagegen kaum sinnvoll, weder für den Privatmann, noch gar für Bibliotheken.
Die Ausg. 2000 des FW mit Berichtsstand 15.09.1999 ist die vierzigste und aus Anlaß dieses Jubiläums wurde nicht nur zusätzlich zur gewohnten Broschur eine gebundene Ausgabe vorgelegt, sondern auch das Format von 19 x 12,5 cm auf 21,5 x 14,5 cm vergrößert und dazu der Umfang um ca. 100 Seiten (unter Beibehaltung der Spaltenzählung) ebenso vermehrt, wie die Zahl der farbigen Karten. Die bewährte Einteilung wurde beibehalten, wobei das Kapitel Staaten, Länder und Gebiete zusammen mit den ausführlich behandelten drei deutschsprachigen Ländern einschließlich der länderbezogene Sonderbeiträgen mit ca. 860 Sp. den meisten Platz beansprucht, während für den ganzen Rest 500 Sp. zur Verfügung stehen, also für die Kapitel Biographien bedeutender Persönlichkeiten, Internationale Organisationen, Vereinte Nationen, Europäische Union, Wirtschaft, Umwelt, Kultur-, Wissenschafts-, Friedens- und Nobelpreise sowie eine Liste der in der Berichtszeit Verstorbenen Persönlichkeiten (alle Kapitel bis auf die biographischen enthalten Sonderbeiträge zu aktuellen Themen). Im kombinierten Personen- und Sachregister sind die Länderartikel, die Hauptfundstellen sowie die Karten typographisch hervorgehoben.
Der seit Ausg. 1984 erscheinende Almanach aus dem Hause Harenberg
u.d.T. Aktuell kann mit der 16. Ausg. 2000 (Redaktionsschluß 5.7.99)
nach Anciennität zwar nicht mit dem FW konkurrieren, dafür prangt auf
Umschlag und Titelblatt der Hinweis Das Jahrbuch Nr. 1, handelt es
sich doch lt. Verlagsinformation um "das meistverkaufte Jahrbuch in
Deutschland".[1] Inhaltlich unterscheidet es sich beträchtlich vom FW,
da hier nicht der geographische Teil (untergliedert nach Staaten,
Bundesländer/Kantone, Größte Städte) mit ca. 240 S. den Hauptanteil
ausmacht, sondern das Lexikon von A - Z mit ca. 520 S., d.h. zwei
Dritteln des Textteils. Demgegenüber tragen die Kapitel Organisationen
und Personen mit ca. 30 bzw. 17 S. kaum zum Umfang bei und können es
mit den entsprechenden Kapiteln im FW nicht annähernd aufnehmen (auch
wenn dessen Biographien ohne Porträtphotos auskommen müssen, während
bei Harenberg die insgesamt weniger zahlreichen Kurzbiographien - 170
gegen 250 - z.T. durch briefmarkengroße Farbphotos, im Nekrolog
dagegen nur mit Schwarzweißphotos - wie es den Verblichenen ansteht
- illustriert sind). Das Besondere an Aktuell ist - nicht nur am
Umfang
gemessen - das sog. Lexikon, eine unpassende Bezeichnung, handelt es
sich doch um eine - wenngleich alphabetisch geordnete - Folge von 49
Themenbereichen, denen insgesamt 650 gleichfalls alphabetisch
geordnete Stichwörter über aktuelle Themen zugeordnet sind. Diese
lassen sich über das Sachregister gezielt suchen, doch empfiehlt sich
die vorangestellte thematische Übersicht (S. 5 - 10), die dazu
einlädt, interessierende Stichwörter zusammenhängend zu lesen. Unter
den Stichwörtern sind 50 als Bilanzen des 20. Jahrhunderts
hervorgehoben: "nach einheitlichen Kriterien sind hier Meilensteine,
positive und negative Trends, Hintergründe und bedeutende
Persönlichkeiten zu Themen des 20. Jahrhunderts zusammengestellt" (S.
3). Es sind allerdings weniger diese Bilanzen als die normalen
Stichwörter, die primär den Zweck haben, interessierten Lesern der
Tagespresse, Rundfunkhörern und Fernsehzuschauern knappe Informationen
zu aktuellen Themen zu geben bzw. neue Schlagwörter zu erklären.[2]
Diese Auswahl unter dem Kriterium der Aktualität verbietet gleichfalls
die undifferenzierte Bezeichnung dieses Teils als Lexikon.
Bemerkenswert ist die Angabe von "mehr als 3000 Internetadressen"
(Werbung), so z.B. bei allen Orten im Städte-Teil, aber auch im
Lexikon, wenngleich es sich hier eher um Zufallsfunde, statt um das
Ergebnis systematischer Recherchen handeln dürfte. Getrennte Register
für Sachen und Personen.
Der erstmals mit Ausg. 1999 erschienene Spiegel-Almanach[3] fragt zwar
im Vorwort, "wozu ... noch ein neuer Almanach ...?", stellt diese bloß
rhetorisch gemeinte Frage aber im Hinblick auf das Internet, nicht
etwa auf die etablierte Konkurrenz. Daß sich der Redakteur über die
Ausrichtung des newcomers letztendlich nicht schlüssig war, kann man
schon dem Vorwort entnehmen, heißt es doch dort bereits, daß die
Redaktion "im Spiegel-Almanach 2000 andere Ansätze finden" wird.
Obwohl diese neuen "Ansätze" sich in der Ausg. 2000 u.d.T.
Weltjahrbuch (Redaktionsschluß 20.9.99) gar nicht prinzipiell von der
Vorausgabe unterscheiden - bei den Länderartikeln wurde das, was sich
"nur wenig geändert hat, [nämlich] die ausführliche Darstellung der
Geschichte aller Staaten", eliminiert -, handelt es sich bei dem neuen
Almanach primär um ein Staatenlexikon. Man fragt sich, warum das
gleich zu einer Titeländerung Anlaß geben mußte, sind doch die Zusätze
zum Sachtitel bis auf die Änderung von Länder zum passenderen Begriff
Staaten gleich geblieben. Dieser fortbestehende Schwerpunkt beim
Staatenlexikon wird aus folgenden (Ca.-) Umfangsangaben für Jg. 2000
deutlich, wobei nur die nennenswerten Teile berücksichtigt werden:
Themen des Jahres (50 S.), Länder und Kontinente (400 S.), Sonderteil
mit Rückblicken auf Das 20. Jahrhundert (55 S.), der mit farbigem
Frontschnitt ungeschickterweise das Nationenalphabet zweiteilt,
Internationale Organisationen (10 S.), Weltmacht Tourismus (8 S.),
Listen und Tabellen, überwiegend Sportereignisse betreffend (20 S.),
Personen des Jahres (30 S.), mit 45 im Schnitt zweispaltigen
Biographien (mit Farbphoto) ganz überwiegend von Politikern,
Todesfälle chronologisch wie beim FW (12 S.). kombiniertes Sach- und
Personenregister. Die Informationen im Nationenteil sind insgesamt
viel knapper als im FW, dafür, wie auch sonst, durch viele kleinen
Farbabbildungen z.T. sehr mäßiger Qualität illustriert.
Weshalb die CD-ROM gleich als Beigabe zum Buch mitgeliefert wird und
gar nicht erst der Versuch unternommen wurde, die Scheibe gesondert zu
vertreiben, wird klar, sobald man sie installiert hat. Die
Möglichkeiten der elektronischen Publikationsform werden hier nur
ungenügend ausgenutzt. Die komplette 2. Ausgabe liegt als PDF-Datei
vor, dazu kommt noch der historische Abschnitt der 1. Ausgabe als eine
weitere PDF-Datei. Sogar die Werbeseiten des Bandes sind durch eine
leere Seite und den Hinweis "Werbeseite" wiedergegeben. Die
Anreicherung z.B. mit den Nationalhymnen kann da auch nicht mehr den
Eindruck einer (zeitgemäßen) Multimedialität erwecken. Der Zugriff auf
die Informationen erfolgt über das Inhaltsverzeichnis, alternativ
durch die Suche nach Ländern oder im Freitext.
Was die Präsentation und die graphische Gestaltung betrifft, so
könnten die Unterschiede zwischen den drei Almanachen kaum größer
sein: FW ausgesprochen "trocken" und ganz ohne Photos, dafür
übersichtlich gegliedert und mit vielen Karten. Aktuell insgesamt
übersichtlich, wie auch die anderen Harenberg-Nachschlagewerke, so das
weiter unten (IFB 00-1/4-364) besprochene Harenberg-Länderlexikon, zu
dem kommunizierende (Informations-) Röhren bestehen, mit sehr
zahlreichen, leicht "lesbaren" Tabellen; die Photos konzentrieren sich
auf den biographischen Teil, während sie im Lexikon-Teil so wenig
zahlreich sind, daß man darauf hätte verzichten können. Dagegen ist
das Welt-Jahrbuch auf Kosten des Textes ausgesprochen
"über-illustriert" bei insgesamt wenig ansprechendem und vor allem
wenig übersichtlichem Layout.
Interessant ist die Haltung der drei Almanache zu digitalen Angeboten.
Während der FW seit Ausg. 1997 parallel auch in einer CD-ROM-Ausgabe[4]
erscheint, begleitet den Almanach aus dem Spiegel-Verlag von Anfang an
eine CD-ROM. Verleger und Redaktion von Aktuell sprechen sich dagegen
prononciert gegen eine CD-ROM-Ausgabe aus und setzen seit Ausg. 2000
auf ein täglich aktualisiertes, kostenloses Internet-Angebot,[5] das
allerdings nur Aktualisierungen, nicht dagegen etwa das ganze Werk
enthält. Selbiges gilt für das Internetangebot, das auch der FW seit
der neuesten Ausg. realisiert hat.[6]
Fazit: Der Fischer-Weltalmanach bleibt erste Wahl für anspruchsvolle
Privatleute und für Bibliotheken aller Typen. Aktuell wendet sich
primär an einen breiten, privaten Benutzerkreis, dem er im sog.
Lexikon knappe Informationen zu aktuellen Fragen bietet; er sollte
auch in Bibliotheken, insbesondere den öffentlichen angeboten werden.
Das Weltjahrbuch kann man auch nach seinem redesign nicht empfehlen,
ähnelt es doch zu sehr dem FW, ohne dessen Qualitäten zu haben: viele
bunte Bilder machen das nicht wett und man wird sehen, wie lange sich
dieser Titel am Markt wird behaupten können.
Klaus Schreiber
Zurück an den Bildanfang