Dem lexikalischen Teil geht u.a. ein sehr nützliches Literaturverzeichnis, vor allem mit Übersetzungen antiker christlicher Autoren voran. Die Behandlung der einzelnen Lemmata ist knapp, längere Einträge mit mehr als drei Spalten kommen durchaus vor, sind aber nicht die Regel. Mit Hinweisen auf antike Quellen wurde nicht gespart, Sekundärliteratur wird jeweils am Ende der gezeichneten Artikel angegeben.
Seinen sehr weit gesteckten konzeptionellen Zielen hinsichtlich des
Inhalts kann ein Lexikon von nicht einmal 400 Seiten
selbstverständlich niemals in einem Umfang realisieren, der nicht
letztendlich doch wieder zur Kritik Anlaß gäbe. Insbesondere was die
sozialen und politischen Implikationen der frühchristlichen
Gesellschaft betrifft, werden Defizite deutlich. So gibt es zwar einen
Eintrag unter Ehe, aber ein so zentrales, in der aktuellen Forschung
wichtiges Thema wie Familie fehlt. Gemeinde oder Ekklesia als die
ursprüngliche Form der Vergemeinschaftung klingt zwar in einzelnen
Beiträgen an, erhält aber keine selbständige Darstellung. Die
Diskussion über eine tragfähige philosophische Konzeption der Welt als
eines von Gott geschaffenen Ortes, in dem das Christentum zwar lebt,
zu dem es aber immer wieder wechselseitig zu erheblichen Spannungen
kommen kann, ist im Artikel Welt thematisiert, aber ein wichtiges
Beispiel für die Konkretisierung dieses Problems, das Verhältnis des
Christentums zum Kaiser und zum Kaiserkult, ist nicht vertreten.[1] Aus
historischer Perspektive kommt auch die geschichtliche Dimension
genuin christlicher Phänomene zu kurz. Die Parusie bzw. Naherwartung
und die für das Urchristentum ganz elementare Erfahrung des
Ausbleibens der sehr bald erwarteten göttlichen Wiederkunft, die
Parusieverzögerung, aber auch die historisch-deskriptive Behandlung
der Kirche als einer Institution sind aus diesem Blickwinkel
Desiderata. Die letztlich damit augenfällig werdende vorrangige
Konzentration des Lexikons auf theologische, philosophische, i.e.S.
geistesgeschichtliche Themen des frühen Christentums findet ihren
Niederschlag im übrigen auch in der Literaturauswahl, wo bisweilen die
altertumswissenschaftliche Standardliteratur fehlt.[2]
Über den Hinweis auf das, was vom LCA nicht erwartet werden darf, kann
nun um so klarer hervortreten, was dieses kleine Lexikon eigentlich
(und m.E. abweichend von den oben zitierten Zielvorstellungen) ist:
ein sehr brauchbares Hilfsmittel für alle, die sich in der Ideen- und
Glaubenswelt des frühen Christentums orientieren wollen, ohne den
christlichen Horizont dabei übermäßig ausdehnen zu wollen. Auch
unerwartete Stichwörter wie Käse oder Milch werden, so überraschend
sie zunächst sind, auf einen spezifisch christlichen (in diesem Fall:
Opfer-) Kontext bezogen.
Die Empfehlung des Buches gilt damit also in erster Linie für den an
der Ideenwelt des frühen Christentums interessierten Leser.
Joachim Migl
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