Gastronomia
Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus: Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 8(2000) 1/4
[ Bestand in K10plus ]
Gastronomia
- 00-1/4-437
-
Gastronomia : eine Bibliographie der deutschsprachigen
Gastronomie 1485 - 1914 ; ein Handbuch für Sammler und
Antiquare / Hans U. Weiss. - Zürich : Bibliotheca
Gastronomica, Buchantiquariat, 1996. - XII, 674 S., 32
Taf. : Ill. ; 29 cm. - ISBN 3-9521255-0-4 : SFr. 380.00,
DM 440.00. - (Bibliotheca Gastronomica, Antiquariat H. U.
Weiss, Winzerstr. 5, CH-8049 Zürich, FAX 0041 1 341 97
90)
- [4010]
Hans U. Weiss betreibt seit den siebziger Jahren in Zürich das auf
gastronomische Literatur spezialisierte Antiquariat Bibliotheca
Gastronomica und hat seitdem bald 50 einschlägige Antiquariatskataloge
vorgelegt. Seit Mitte der achtziger Jahre arbeitete er an einer
umfassenden Bibliographie der bis 1914 (eine Begründung für das
Berichtsende wird nicht gegeben) erschienenen gastronomischen
Literatur in deutscher Sprache, die Anfang 1997 in einem
umfangreichen, mit Schwarzweiß- und Farbabbildungen (letztere auf 32
Tafeln) illustrierten Band mit 4364 Nummern vorgelegt wurde. Deren
Zahl wäre mit Sicherheit noch höher ausgefallen, hätte der Bibliograph
nicht den ganzen Bereich der Literatur über Getränke ebenso
ausgeschlossen, wie Titel über die industrielle Herstellung von
Nahrungsmitteln. Bücher zur Haushaltskunde wurden nur dann
berücksichtigt, "wenn ein entsprechend großer Anteil an Kochkunde
enthalten ist" (S. X). Anlage im Verfasser- bzw. Sachtitelalphabet
(Eintragungen finden sich auch unter nicht aufgelösten Initialen). Die
bibliographische Beschreibung ist die aus Antiquariatskatalogen
vertraute mit allen Angaben einschließlich Format und genauen
Umfangsangaben, die auch ungezählte Seiten berücksichtigt. Freilich
ist die Beschreibung sehr unterschiedlich ausführlich, vermutlich in
Abhängigkeit davon, ob sie nach Autopsie oder nach sekundären Quellen
erfolgte. Auch wenn der Bibliograph zu zahlreichen Privatsammlungen
Zugang hatte, dürfte der Anteil der nicht nach Autopsie verzeichneten
Titel nicht unerheblich sein. Leider hat er gegen ein Grundprinzip
bibliographischer Arbeit verstoßen, indem er die nach Autopsie
verzeichneten Titel nicht markiert hat (oder umgekehrt die nicht nach
Autopsie verzeichneten). Vor allem bei den weiteren Auflagen, die in
Annotationen aufgeführt sind, dürften letztere überwiegen. Leider geht
der Bibliograph auch bei der Verzeichnung der Erstausgaben nicht
konsequent vor: es ist anzunehmen, daß diese immer dann als
Haupteintragung gewählt wurde, wenn sie ihm vorlag; häufig ist die
Erstausgabe nämlich nur in der Fußnote zusammen mit weiteren Auflagen
angeführt, während für die Haupteintragung eine andere Ausgabe gewählt
wurde, vermutlich also die, die ihm vorlag.
Gelegentlich enthalten die Annotationen auch Preisangaben, die einen
Mittelwert[1] darstellen; das ist nicht unproblematisch, erfährt man
doch aus dem einleitenden Beitrag von Rolf Dittmar (dessen
umfangreiche Sammlung in Wiesbaden eine wesentliche Quelle für die
vorliegende Bibliographie darstellt) Über das Sammeln gastronomischer
Literatur (S. VII - VIII),[2] der speziell auf dieses Thema eingeht, daß
es doch gerade die unscheinbaren Alltagskochbücher sind, die in der
Küche "verbraucht" (wenn schon nicht verkocht) wurden, die auf Grund
ihrer Seltenheit hohe Preise erzielen. Zu den Annotationen gehören
auch einige - freilich nicht konsequent eingestreute - biographische
Informationen über Kochbuch-Autoren, etwa über den rätselhaften
Franzosen Menon (S. 348).
Auch wenn der Bibliograph Vollständigkeit nicht auf seine Fahnen
geschrieben hat, so ist doch zu unterstellen, daß er diese zumindest
angestrebt hat. Dazu genügt es freilich nicht, umfangreiche
Kochbuchsammlungen aufzusuchen (außer der bereits genannten führt er
noch fünf weitere auf) und Gastronomie-Bibliographien und -Kataloge
bzw. Auktionskataloge (sie sind auf S. XI mit der Sigle und einem
extrem kurzen Titel aufgeführt) auszuwerten. Er hätte sich die Mühe
machen sollen, öffentliche Bibliotheken - primär die deutschen
Landesbibliotheken mit ihrem Fundus an Pflichtexemplaren
- aufzusuchen, um dort zu recherchieren: viele jetzt nach sekundären
Quellen verzeichnete Drucke hätte er dort einsehen können und auch
weitere Titel, ja sogar Autoren ergänzen können.[3]
Die Bibliographie wird durch folgende Register erschlossen: 1.
Namenregister, d.h. der Verfasser, sonstiger beteiligter Personen
glgtl. auch von Verlegern (z.B. Nr. 2523); 2. aller Sachtitel; 3.
Sachregister mit Eintragungen unter Formbegriffen (z.B.
Ausstellungskataloge, Bibliographien, Kinder- und Puppenkochbücher,
Lexika) und Teilgebieten der Gastronomie (z.B. Conditorei ..., Diät-
und Krankenkost, Jüdische ... Küche, Tranchieren und Vorlegen); 4.
Geographisches Register, das ohne Normierung allein auf den
Titelstichwörtern beruht (Göppingen, Schwaben,[4] Schwarzwald,
Stuttgart, Wirtemberg), wobei die Einführung sicherheitshalber darauf
hinweist, daß damit nicht nur Titel zur regionalen Küche nachgewiesen
werden, sondern auch allgemeine Kochbücher, die den Erscheinungsort im
Titel führen. Bedauerlich ist das Fehlen eines Verlagsregisters (unter
dem Ort als erster Ordnungsebene).
Ungeachtet der aufgezeigten Defizite wird diese Bibliographie für
lange Zeit die Rolle der Standardbibliographie für die ältere
deutschsprachige gastronomische Literatur übernehmen und wird als
solche auch bereits in einschlägigen Antiquariatskatalogen zitiert.[5]
Klaus Schreiber
- [1]
- Für die 2. Aufl. 1587 von Marx Rumpoldts Ein new Kochbuch (Nr.
3284, Anm.) gibt er einen "Wert sFr. 30'000 - 35'000" an. Der New
Yorker Antiquar Kinmont offeriert diese Auflage in seinem catalogue 2
(2000), Nr. 86 für glatte $ 55000.00.
- Dieses Spezialantiquariat hat bisher zwei Kataloge vorgelegt, in denen
allerdings die deutschen Titel nur eine ganz untergeordnete Rolle
spielen:
- Gastronomy : a catalogue of books on cookery, nutrition, domestic
economy, drinking, and the history of taste. - New York : Kinmont.
- 19 cm. - (Ben Kinmont, Bookseller, P.O.Box 2007, Church St. Station,
New York, N.Y. 10008-2007, FAX 001 212 964-9367, E-Mail:
bkinmont@aol.com)
- 1. 1480 - 1999. - 1999. - 127 S. : Ill. - 100 Nr.
- 2. 1463 - 1999 : including a selection of bibliography. - 1999 [2000
auf dem Umschlag]. - 146 S. : Ill. - 142 Nr. - Der bibliographische
Teil, S. 117 - 145, Nr. 101 - 142 verzeichnet Bibliographien und
Auktionskataloge.
- Überwiegend französisch-, an zweiter Stelle deutschsprachige
Gastronomica verzeichnet der Auktionskatalog der Sammmlung Ulf
Löchner:
- La bibliothèque gourmande de M. Ulf Löchner : livres anciens et
modernes français, allemands, anglais, américains, etc. ... ; Hôtel
des Ventes du Palais, vendredi 4 février ..., samedi 5 février ...,
Salle Maurice Rheims / expert Gérard Oberlé. - Paris : Poulain le Fur,
2000. - 142 S. : Ill ; 30 cm. - 787 Nr.
(zurück)
- [2]
- Vgl. auch folgenden Aufsatz, der einige wenige deutsche
Kochbuch-Sammler (darunter den bereits genannten, inzwischen
verstorbenen Wiesbadener Sammler Rolf Dittmar, dessen Sammlung ca.
13.000 Bände Gastronomica umfaßt) und einen -Antiquar nennt:
Kochbuchsammler / von Susanne Kippenberger. // In: Cotta's
kulinarischer Almanach / hrsg. von Vincent Klink. - 2000/01 (1999), S.
30 - 38.
(zurück)
- [3]
- Hier das Ergebnis einer kleinen Stichprobe an den Katalogen der
Württembergischen Landesbibliothek (WLB); in eckigen Klammern deren
Signaturen:
- Die Sammlung der WLB ist trotz Pflichtexemplargesetz keineswegs
vollständig, wie sich aus dem Vergleich ergibt, denn die Befolgung des
Gesetzes - damals durch die Drucker, heute durch die Verleger - war
nie perfekt. Trotzdem ließen sich zu den meisten Titeln, die in
mehreren Auflagen erschienen sind, weitere Auflagen ergänzen. Nur ein
Beispiel:
- Nr. 2344: Löffler, Catharina. Pariser Kochbuch. ... Stuttgart, Weise
und Stoppani, 1829. - Diese Ausg. fehlt in der WLB. - In der Fußnote
heißt es: "Es handelt sich um den 'Cuisinier Royal' von Alexandre
Viard. Nach Engelmann soll bereits 1827 eine Ausgabe als 'Viard und
Fourets Universal-Kochbuch' erschienen sein." Diese Ausgabe ist in der
WLB vorhanden: Universal-Kochbuch. Ein vollständiges Handbuch der
Kochkunst. Nach den Regeln der englischen, französischen und deutschen
Küche. Für alle Stände. Nach dem Französischen der Herren Vicard [sic]
und Fouret, Mundköchen König Ludwigs des XVIII. von Frankreich mit
eigenen Recepten vermehrt von Catherina Löfflerin. Mit 9 Abbildungen,
welche deutlich darstellen, wie eine Tafel von 12 - 60 Gedecken auf
das geschmackvollste anzuordnen ist. - Stuttgart : bei Carl Hoffmann,
1827. - 21 cm. - Theil 1. - VI, 498 S. - Theil 2. - 494 S. - [Gew.
oct. 6232].
- Der Rez. ist auch auf fehlende Autoren und Titel gestoßen, deren Zahl
sich bei einer systematischen Recherche bestimmt erhöhen würde. Hier
nur zwei Exempla:
- Der praktischen Hausfrau Kochbuch. Zum Einschreiben selbstgesammelter
Rezepte. Mit 16 Kunstblättern nach Aquarellen von O. Weinberg. -
Stuttgart : Druck und Verlag von Greiner & Pfeiffer, [1888]. - 276 S.
: Ill. [Chromolithographien]. - [Gew. oct. 3170].
- Kochbuch für die Zöglinge der Haushaltungsschule des St. Josef-Stiftes
Mainz. Als Manuscript gedruckt. - Waldsee : Carl Liebel's
Buchdruckerei, 1894. - 148, 9 S., 16 Bl., XII, 48 S. ; 21 cm. - [Gew.
oct. 3180]. Erhellend sind Zuschreibungen, die damals sicherlich nicht
leichtfertig vorgenommen worden sind:
- Nr. 3243: ROSALIE. Ächte bürgerliche Köchin. Ein praktisches Hand- und
Hilfsbüchlein für deutsche Bürgerfrauen und Töchter. Von Rosalie. Ulm,
Müller, 1845 16ø. 11 1/2 Bogen. - In der WLB ist der Titel unter dem
vollen Namen der Verfasserin, Rosalie [Seitz] verzeichnet: Aechte
bürgerliche Köchin. Ein praktisches Hand- und Hülfsbüchlein für
deutsche Bürgerfrauen und Töchter. Von Rosalie. Nach eigener
vieljähriger Erfahrung zusammengestellt und herausgegeben. - Ulm und
Oberndorf : Druck und Verlag von J. C. Seitz. 1845. - 172 S. ; 14 cm.
[Gew. oct. 3193].
- Unter Nr. 3308 verzeichnet die Bibliographie S., L. Die vollkommene
Köchin ... Stuttgart, C.A. Sonnenwald, 1832. - In der Annotation heißt
es: "L.S. ist nicht Louise Schäfer ...". Lt. Katalog der WLB ist die
Verfasserin Louise Sonnenwald. [41/90062].
- Der Rez., der seit langem weiß, welche Schätze das alte Fach
Gewerbekunde enthält, trägt sich mit dem Gedanken, nach seiner
Pensionierung zumindest den Gastronomica-Bestand zu bearbeiten und zu
publizieren.
(zurück)
- [4]
- Mit 14 Nummern (allerdings einschließlich einiger Titel für
Bayrisch-Schwaben), während es Baden nur auf drei Nummern bringt;
vermutlich hatten die Schwaben Unterweisungen nötiger als ihre
westlichen Nachbarn.
(zurück)
- [5]
- So etwa in den sorgfältig bearbeiteten, etwa jährlich erscheinenden
Spezialkatalogen des Versandantiquariats Rainer Kurz, Watschöd 9,
83080 Oberaudorf, FAX 08033-309888, E-Mail:
antiquariat.kurz@t-online.de.
- Küche und Haushalt. - Oberaudorf : Versandantiquariat Rainer Kurz.
- 24 cm.
- 1 (1997). - 115 S. : Ill. - 1065 Nr.
- 2 (1998). - 113 S. : Ill. - 1287 Nr.
- 3 (1999). - 82 S. : Ill. - 796 Nr.
(zurück)
Zurück an den Bildanfang