Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 9(2001) 1
[ Bestand in K10plus ]
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Brandenburg


01-1-074
Brandenburg / bearb. von Gerhard Vinken ... - [München ; Berlin] : Deutscher Kunstverlag, 2000. - XIV, 1207 S. : graph. Darst., Kt. ; 19 cm. - (Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler). - ISBN 3-422-03054-9 : DM 88.00
[6146]

Die Kunstdenkmäler des heutigen Bundeslandes Brandenburg waren im Ur-Dehio in dem 1906 erschienenen Band Nordostdeutschland größtenteils miterfaßt. Die seither letzte relativ umfassende Zusammenschau des Denkmälerbestands dieser Region erschien dann in der nach DDR-Bezirken geordneten Dehio-Ausgabe auf drei Bände verteilt,[1] nachdem "das 1947 in ähnlichen Grenzen wie das heutige Bundesland gegründete Land Brandenburg ... 1952 in die Bezirke Potsdam, Frankfurt/Oder und Cottbus aufgeteilt worden (war)" (S. VII). Die im Jahr 2000 vorgelegte Neubearbeitung beschreibt den Denkmälerbestand des heutigen Bundeslandes Brandenburg und illustriert so aufs schönste die sich jeweils pragmatisch an den politischen und verwaltungsbedingten Rahmengebungen orientierende Vorgehensweise des Dehio. War der Ur-Dehio bei der Bandaufteilung wohl durchaus auch von praktischen Überlegungen wie etwa dem Umfang des jeweils nachzuweisenden Denkmälerbestands geleitet und bewußt nicht an politischen Grenzen orientiert, so erwies es sich im Laufe der Zeit zunehmend aber doch am günstigsten für eine effektive Fortschreibung des Handbuchs, sich an die jeweiligen Verwaltungsstrukturen zu halten, zumal auch die Großinventarisierung entsprechend vorging. Die Anlage nach Verwaltungseinheiten ist gegenüber einer Gliederung nach sog. Kunstlandschaften für ein derartiges Nachschlagewerk die letztlich praktischste Lösung. Schwierig wird es nur dann, wenn im Einzelfall die Beschreibung von Denkmälern diachron vorgenommen werden soll, da dann immer in Rechnung gestellt werden muß, daß über die Zeit nicht in allen Fällen eine eindeutige Zuordnung der Objekte zu Verwaltungs- und damit Erfassungseinheiten möglich ist; das ist übrigens ein Problem, mit dem sich auch die Großinventare konfrontiert sehen. Abweichungen wie Kontinuitäten sind allerdings von Region zu Region unterschiedlich, doch dürfte Brandenburg zu den Regionen zählen, in denen das geschilderte Problem häufiger begegnet.

Schon ein flüchtiges Durchblättern des Brandenburg-Bandes erlaubt es, besondere Merkmale des Denkmälerbestandes zu erfassen bzw. in Erinnerung zu bringen. So ist unter den spätmittelalterlichen Denkmälern Brandenburgs die Dominanz der Backsteinarchitektur augenfällig, manifest in den zahlreichen Sakralbauten der Backsteingotik aus dem 13. - 15. Jahrhundert. Sie bilden den Kern der meisten kurzinventarähnlichen Ortseinträge, bestimmen aber auch das Bild und den Eintrag bei größeren Orten; eines der herausragenden Beispiele ist hier sicher der Artikel zur Stadt Brandenburg an der Havel mit der detaillierten und gegliederten Beschreibung seines Backstein-Doms und weiterer prominenter Sakralbauten. Ins Blickfeld zurückgeholt wird aber auch die herausragende Bedeutung des Zisterzienserordens für die Geschichte des Landes, wie allein schon der Denkmälerbestand in Chorin, Heiligengrabe, Himmelspfort, Kloster Zinna, Lehnin, Neuzelle usw. bezeugt. Entsprechend sind auch diese Einträge im Dehio gewichtet und bieten neben ausführlichen Beschreibungen und Würdigungen durchweg Grundrisse zur Visualisierung der Struktur der Klosteranlagen. Neben diesen mittelalterlichen Schwerpunkten im Denkmälerbestand Brandenburgs zeigt sich die Neuzeit fast in einem monolitischen Block, ragt doch die Beschreibung der Denkmäler in Potsdam in Umfang und Qualität einzigartig heraus. Die historische Zäsur in der Geschichte Potsdams, die 1660 erfolgte Erhebung zur Garnisons- und zweiten preußischen Residenzstadt, bestimmte schließlich die weitere Stadt- und Architekturentwicklung und vor allem die Fülle der hier im 18. und 19. Jahrhundert entstandenen königlich-preußischen Bauten und Anlagen. Und eben dieser Bedeutung entspricht die Anlage des Eintrags zu Potsdam und Potsdam-Sanssouci im Brandenburg-Band geradezu als Denkmälerverzeichnis innerhalb des Denkmälerverzeichnisses. So ist diesem Gesamteintrag folgerichtig eine eigene detaillierte Inhalts- und Gliederungsübersicht vorangestellt; erst so wird die Vielfalt des Denkmälerbestands übersichtlich strukturiert. Gleiches gilt für die Beschreibung der Schlösser und Gärten, insbesondere der Gesamtanlage von Sanssouci. Karten und Grundrisse begleiten jeweils die ausführlichen Beschreibungen der Potsdamer Denkmäler. Am Schluß dieses grob-chronologischen Schnellaufs durch die Brandenburger Denkmälerlandschaft soll aber das 20. Jahrhundert stehen, denn auch hier bietet Brandenburg ein einzigartiges Monument: die als Denkmal gewürdigte Stadtanlage von Eisenhüttenstadt, das zu DDR-Zeiten als "sozialistische Idealstadt" geplant war. Dieser Eintrag bleibt zwar eher kurzinventarartig knapp, auch wenn eine Planzeichnung hilft, die Stadtstruktur zu verdeutlichen. Dennoch charakterisiert er exemplarisch den den Neubearbeitungen des Dehio zugrunde gelegten erweiterten Denkmalbegriff, der nicht nur zeitlich nahe an die Gegenwart heranreicht, sondern auch verstärkt Bauensembles und ganze Stadtanlagen einbezieht. Wie bei allen Neubearbeitungen runden auch hier Künstlerverzeichnis, Glossar und Karten das Handbuch ab.

Angela Karasch

Mecklenburg-Vorpommern


[1]
Die Bezirke Neubrandenburg, Rostock, Berlin (1968) für Teile der Prignitz und der Uckermark. - Bezirke Berlin/DDR und Potsdam (1983). - Die Bezirke Cottbus und Frankfurt/Oder (1987). (zurück)

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