Dies trifft auch auf die Herrenberger Persönlichkeiten zu. An der Spitze steht ein fundierter Aufsatz von Sönke Lorenz über die Pfalzgrafen von Tübingen, zu denen mit Rudolf I. (+ 1219) auch der mutmaßliche Stadtgründer zählt. Weitere Familienartikel gelten den Viheli, den Neuffer, den Khönle und Erhardt (alle R. Janssen). Die überregional bekanntesten Herrenberger sind wohl der Astronom und Mathematiker Wilhelm Schickard (F. Seck; als Abdruck eines Vortrags leider ohne Anmerkungen und Nachweise) und Johann Valentin Andreae (U. Bubenheimer). Wären nicht dessen Mutter Maria Andreae (bzw. deren Familie) und die Gründerin des "Verbandes alleinstehender Mütter und Väter", die Stadträtin Luise Schöffel, berücksichtigt, so hätte der Buchtitel auch "Herrenberger Männer aus acht Jahrhunderten" lauten können.
In insgesamt 52 chronologisch geordneten Texten von 24 Autoren zu 58 Personen bzw. Familien wird ein relativ breites Spektrum von "Wissenschaft, Theologie, Kirche, Politik, Gesellschaft, Technik und Erfindung" (S. 426) sowie Kunst behandelt. Immerhin sind einige Techniker zu entdecken, doch insgesamt fällt auch hier auf, daß - ebenso wie in der Mehrzahl biographischer Sammelwerke - Unternehmer bis auf den Möbelfabrikanten Walther C. Knoll (D. Schnermann) weitestgehend fehlen. Es wurden bis zum Jahr 1997 verstorbene Personen berücksichtigt, von denen die meisten in Herrenberg geboren sind, doch auch einige weitere, die sich bloß für eine gewisse Zeit hier aufhielten oder sonst in engerer Beziehung zur Stadt standen.
Da viele dieser Menschen in den vorzüglich ausgearbeiteten Biographiesammlungen der Kommission für Geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg (noch) nicht berücksichtigt sind, bietet der vorliegende Band durchaus neue Informationen. In der Konzeption, formal und stilistisch sind die zwischen Lexikonartikel und Lebensbild zu klassifizierenden Beiträge allerdings nicht einheitlich. Teils enthalten sie detaillierte Quellenangaben, teils fehlen bibliographische Nachweise ganz. Auch wenn das insgesamt ansprechende Buch wohl eher für ein regionales Publikum zum Lesen als zum Nachschlagen bestimmt ist, hätte ein Personenregister dennoch nicht geschadet.
Gerade innerhalb von Städten werden historische Entwicklungen durch vielfältige soziale Beziehungsgeflechte bestimmt. Unter dem Aspekt der Entstehung und Abgrenzung von Eliten wären in Herrenberg z.B. die verwandtschaftlichen Kontakte zwischen den Moser (v. Vilseck), den Hiller, den Andreae und den Neuffer hervorzuheben.
Eingerahmt werden die Artikel durch ein Vorwort und ein Genese und Konzept erläuterndes Nachwort der beiden Herausgeber. Der Band ist reichhaltig illustriert, vorzugsweise mit Abbildungen aus den Beständen des Stadtarchivs Herrenberg: insgesamt eine schöne Aktualisierung der Herrenberger Historie des Chronisten Gottlieb Friedrich Heß und ein gelungener Beitrag zur württembergischen Landesgeschichte.
Bernhard Ebneth