Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 9(2001) 2
[ Bestand in K10plus ]
[ Bestand in K10plus ]
[ Bestand in K10plus ]

An index of images in English manuscripts


01-2-212
An index of images in English manuscripts : from the time of Chaucer to Henry VIII, c. 1380 - c. 1509 / gen. ed. Kathleen L. Scott. - Turnhout : Harvey Miller. - 28 cm. - (Brepols Publishers, Begijnhof 67, B-2300 Turnhout)
[6498]
The Bodleian Library, Oxford
Fasc. 1. MSS additional - Digby / by Ann Eljenholm Nichols ... - 2000. - 144 S., [8] Bl. : Ill. - ISBN 1-872501-15-X : EUR 54.00
Fasc. 2. MSS Dodsworth - Marshall / by Lynda Dennison ... - 2001. - 192 S. : Ill. - ISBN 1-872501-17-6 : EUR 54.00

Mit diesen beiden Faszikeln liegen jetzt die ersten Ergebnisse eines großen Projekts vor, dessen Umfang und Dauer noch nicht abgeschätzt werden können. Alle figürlichen Darstellungen in englischen Handschriften aus der Zeit von ca. 1380 bis ca. 1509 sollen, nach Bibliotheken geordnet, erfaßt werden.

Die Idee zu diesem Vorhaben kam Kathleen Scott bei ihrer Arbeit am sechsten Band des grundlegenden Überblicks über die englische Buchmalerei.[1] Da schnell klar wurde, daß sie diese Arbeit nicht alleine bewältigen konnte, tat sie sich mit anderen Autoren zusammen (Bd. 1, S. 9). Man hat mit den Beständen der Bodleian Library begonnen, weil diese durch den Katalog von Pächt und Alexander[2] bereits gut erschlossen sind.

Um die Voraussetzungen für die Zusammenarbeit zu schaffen, mußten die Beteiligten zunächst ihre Terminologie so weit wie möglich standardisieren und Richtlinien festlegen. Diese sind im Users' manual (S. 13 - 26; 9 - 23) niedergelegt. Nach einer Liste der behandelten Handschriften und einem Abkürzungsverzeichnis folgt als erster Hauptteil der Katalog mit den Beschreibungen, vorangestellt ist das Beschreibungsschema (S. 29 - 97; 27 - 103). Das eigentliche Hauptstück ist jedoch ein ikonographischer Index (S. 117 - 143; 119 - 171), dem noch ein speziell auf jeden einzelnen Band zugeschnittenes Glossar der häufig vorkommenden Szenen und der nicht so geläufigen Begriffe, z.B. aus der Alchemie oder Benennungen von Kleidungsstücken, beigegeben ist (S. 99 - 105; 104 - 111). Ein Register der Autoren und Werke (S. 107 - 116; 112 - 118) sowie einige Abbildungen zur Erläuterung bestimmter Begriffe runden die Faszikel ab.

Nach dieser groben Inhaltsbeschreibung gilt es, die einzelnen Abschnitte genauer anzusehen, um das Besondere an diesem Projekt zu erfassen und es mit anderen, speziell auch in Deutschland laufenden Unternehmungen zu vergleichen. Zunächst fällt die Ausführlichkeit in der Darstellung der Methoden auf, die die Benutzung sehr erleichtert und nur gelobt werden kann. Punkt für Punkt wird im Users' manual, Abschnitt IV - VII (Bd. 1, S. 19 - 26), das Beschreibungsschema erklärt; so entsteht nebenbei auch ein kleines Glossar zur Terminologie der Buchmalerei, das es auch dem Ungeübten erlaubt, sich in den Beschreibungen zurechtzufinden. In den Einleitungen zu den Katalogen illuminierter Handschriften der Bibliothèque Nationale in Paris gibt es etwas Ähnliches, aber in sehr viel knapperer Form; die Kataloge deutscher und österreichischer Bibliotheken bieten nichts Vergleichbares. Das Schema enthält 43 Kategorien, von denen in den einzelnen Katalogisaten natürlich immer nur ein Teil gebraucht wird, sehr viele sind nur etwa 20 Zeilen lang. Umfangreich ausgestattete Handschriften, wie Laud. Misc. 165 (Bd. 2, S. 75 - 85), beanspruchen dagegen mehrere Seiten. Alle figürlichen Darstellungen in Miniaturen, historisierten Initialen und Figureninitialen werden einzeln mit Folioangabe aufgeführt, unter Nennung ikonographischer Details. Schmuckelemente minderen Ranges (Ober- und Unterlängen, Cadellen etc.) werden, wenn möglich, zu Gruppen zusammengefaßt und in wenigen Beispielen angeboten, aber auch das nur, wenn sie figürliche Elemente enthalten (z.B Menschen- oder Tierkopf); diese Bedingung gilt auch für Fleuronné-Initialen, selbst wenn sie noch so prächtig gestaltet sind. In dieser Kategorie erscheinen allerdings auch Nota-Hände, die in deutschen Katalogen ignoriert werden. Angaben zu Kodikologie oder Geschichte fehlen, ebenso eine Lokalisierung. Zwar ist eine Entstehung in England vorausgesetzt, aber man möchte dazu doch gerne etwas Genaueres erfahren. Nur Signatur, Inhalt und Datierung sowie Verweise auf den Summary catalogue[3] und Pächt/Alexander[4] werden als generelle Informationen neben der Beschreibung des Buchschmucks angeboten. Aber auch diese Werke enthalten nur äußerst knappe Angaben. Welche Datierungen aus ihnen übernommen sind und welche von den Bearbeitern selbst stammen, ist nicht ersichtlich; lediglich einige von hinzugezogenen Paläographen vorgenommenen sind im Vorwort aufgelistet (vgl. Bd. 1, S. 14).

Das Herzstück eines jeden Bandes, das der Reihe auch den Namen gibt, ist der ikonographische Index mit vier hierarchischen Ebenen. Hier wird sich der Benutzer im Normalfall zuerst orientieren, und er wird nicht schlecht bedient. Meistens kann unter jedem Begriff der detailreichen Beschreibungen der einzelnen Bilder des Katalogteils gesucht werden. Auch wenn dies manchmal doch nicht der Fall ist, gibt es immer noch genügend Zugangswege. Einige Fehler in der alphabetischen Anordnung unter Sammelbegriffen mit vielen Einträgen wirken etwas störend; es empfiehlt sich daher, bei Mißerfolgen, auch einige Zeilen weiter oben oder unten zu suchen.

Was leistet also dieses neue Unternehmen bei der Erschließung illuminierter Handschriften im englischen Rahmen und im Vergleich zu dem Konzept, wie es die DFG verfolgt? In England ist man hinsichtlich der Kataloge einzelner Bibliotheksbestände noch nicht weit gekommen, und wie oben schon erwähnt, handelt es sich eher um Inventarlisten mit Literaturangaben und sehr kleinen Abbildungen. Allerdings sind die Nachbarn zu beneiden um ihren sechsbändigen Überblick zur englischen Buchmalerei von den Anfängen bis zur Spätgotik,[5] in dem die bedeutendsten Handschriften, ungeachtet ihres heutigen Standorts, ausführlich einzeln beschrieben und ihrem stilistischen Umfeld zugeordnet werden, versehen mit großzügigen Abbildungen. Damit hat man ein Referenzwerk für alle weiteren Forschungen auf diesem Gebiet. Etwas Vergleichbares steht weder für die deutschsprachigen Länder noch für Frankreich oder Italien[6] zur Verfügung.

Kataloge illuminierter Handschriften liegen in Deutschland bisher nur für einen Teil der großen Handschriftenbestände in Berlin, München und Stuttgart und die kleinere Sammlung in Fulda vor. Sie enthalten ausführliche Beschreibungen der einzelnen Codices - inklusive Provenienz, Kodikologie, Einband und knappen Textangaben -, wobei der Buchschmuck nicht nur aufgezählt, sondern in einem besonderen Abschnitt stilistisch eingeordnet wird mit Hilfe des klassischen kunsthistorischen Verfahrens, nämlich durch Vergleichen mit anderen Handschriften und Kunstdenkmälern. Datierung und Lokalisierung erhalten also eine für den Katalogbenutzer nachvollziehbare und nachprüfbare Begründung. Ikonographische Angaben fallen dagegen nicht ganz so detailliert aus wie in dem besprochenen Werk. Diese wie die Einbände und die verschiedenen Initialformen, also z.B. auch Fleuronné-Initialen ohne figürlichen Anteil, werden über ein Register erschlossen; umfangreiche Abbildungsteile sind wesentliche Bestandteile der Kataloge. Nach dem gleichen Muster - in den begründenden Abschnitten manchmal sogar etwas ausführlicher - sind die bisher erschienenen Kataloge der ÖNB aufgebaut.

Dagegen beschränkt sich die eher private Initiative einiger Kunsthistoriker und Bibliothekare, wie es der Titel auch explizit sagt, auf eine rein ikonographische Erschließung ausschließlich englischer Handschriften aus einem begrenzten Zeitraum; allerdings sind dies in den bisher erschienenen zwei (von drei) Bänden zur Bodleian Library bereits 750 Nummern. Diese Arbeit kann, wie man an den Erscheinungsjahren sieht, in relativ kurzer Zeit bewältigt werden, doch bleibt eben auch der Nutzen für die kunsthistorische Forschung begrenzt.

Peter Burkhart


[1]
A survey of manuscripts illuminated in the British Isles / ed. J. J. G. Alexander. - London. - Vol. 6. Later gothic manuscripts / Kathleen L. Scott. - 1996. (zurück)
[2]
Illuminated manuscripts in the Bodleian Library Oxford. - Oxford. - Vol. 3. British, Irish, and Icelandic Schools / O. Pächt and J. J. G. Alexander. - 1973. (zurück)
[3]
A summary catalogue of Western manuscripts in the Bodleian Library at Oxford : with references to the oriental and other manuscripts / Falconer Madan. - Oxford, 1895 - 1953. - Vol. 1 - 7. (zurück)
[4]
Wie Anm. 2. (zurück)
[5]
Wie Anm. 1. (zurück)
[6]
Teilweise überholt und zu summarisch sind: La miniature italienne du Xe au XVIe siècle : ouvrage accompagné de 126 miniatures / Paolo D'Ancona. - Paris, 1925. - 128 S., XCIII Bl. : zahlr. Ill. - Italienische Buchmalerei / Mario Salmi. [Aus dem Ital. übers. von Hanna Kiel]. - München, 1956. - 243 S.: zahlr. Ill. - Einheitssacht.: La miniatura italiana. (zurück)

Zurück an den Bildanfang