Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 9(2001) 2
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Deutsche Orden und Ehrenzeichen


01-2-329
Deutsche Orden und Ehrenzeichen : bis 1945 / Jörg Nimmergut. - München : Zentralstelle für Wissenschaftliche Ordenskunde. - 29 cm. - ISBN 3-0000-1396-2. - (Jörg Nimmergut, Eversbuschstr. 108, 80999 München, FAX 089/813 15 41)
[4472]
4. Württemberg II - Deutsches Reich. - 2001. - XVI S., S. 1721 - 2474, [XVI S.] : zahlr. Ill. - DM 490.00

Vier dicke und im wahrsten Sinne des Wortes gewichtige Bände, die in nur knapp fünf Jahren vorgelegt wurden und in denen auf rund 2500 Seiten mit knapp 8500 Schwarzweiß-Abbildungen (dazu 753 in Farbe abgebildete Bänder) nicht weniger als 5512 durchlaufend numerierte Orden und Ehrenzeichen ausführlich beschrieben werden: eine wahrlich imponierende Leistung! Bei der Anzeige des Abschlußbandes kann wiederum auf die sehr ausführliche Rezension der vorhergehenden Bände[1] verwiesen werden, in denen die Anlage des Werkes - im Alphabet der deutschen Staaten und Territorien jeweils mit umfänglichen einleitenden Abschnitten über das Staatswappen, einem knappen historischen Überblick über die territoriale Entwicklung und eine Geschichte der vom Staat verliehenen zivilen und militärischen Orden, gefolgt von der chronologisch geordneten Beschreibung der Auszeichnungen - beschrieben, die reiche Bebilderung mit Vor- und Rückseiten der Orden in Originalgröße sowie die sorgfältige, dazu umfassende Dokumentation dank Quellen- und Literaturhinweisen lobend hervorgehoben wurden.

Bd. 4 enthält den zweiten Teil des umfangreichen Kapitels Württemberg, auf das im Alphabet der Territorien nur noch der schmale Beitrag über die von 1807 - 1814 in Würzburg - als dieses Großherzogtum unter der Herrschaft Ferdinands von Toskana war - verliehenen Orden (S. 1805 - 1810) folgt. Die Aufspaltung des Kapitels Württemberg auf zwei getrennte Bände ist wenig praktisch: die 90 Seiten für Württemberg und Würzburg hätten den Umfang von Bd. 3 nicht gesprengt, zumal Bd. 4 mit 750 Seiten den Umfang der vorhergehenden Bände um ebendiese 90 Seiten übertrifft.

Der Löwenanteil (rund 660 Seiten) des Abschlußbandes entfällt auf das Deutsche Reich, gegliedert in folgende Abschnitte: bis zum Ende des Kaiserreichs, 1918 - 1933, Freie Stadt Danzig und zuletzt die Zeit von 1933 - 1945; an den für letzteren Abschnitt benötigten rund 590 S. kann man ablesen, mit welcher Ordensflut das "Dritte Reich" seine Volksgenossen überhäufte. Von den nicht-militärischen seien - beispielhaft - nur einige erwähnt: Anschlußmedaillen (z.B. Spange "Prager Burg" zur Medaille zur Erinnerung an den 1. Oktober 1938), Deutsches Fahrrad-Abzeichen, Jungmädel-Leistungsabzeichen, Abzeichen für Freiballonführer, Gau-Wartheland-Traditionsabzeichen oder das Ehrenzeichen der Reichsjugendführung für verdiente Ausländer.[2] Von diesen 590 S. entfallen wiederum rund zwei Drittel auf militärische Orden.

Als Beispiel für die Breite der Information dieses Handbuchs, das sich eben nicht auf die bloße Beschreibung und Abbildung der Orden beschränkt, sei willkürlich das Kapitel über das Kriegsverdienstkreuz (S. 2171 - 2192) herausgegriffen. Es beginnt mit der Geschichte des am 18.10.1939 durch Verordnung Adolf Hitlers gestifteten Ordens (S. 2171 - 2180): u.a. Klassen; Personengruppen, die für die Verleihung in Frage kamen; verzögerter Beginn der Verleihungen nach anfänglichen Mißbräuchen; Verleihungsbefugnis (die im Laufe des Krieges ausgeweitet wurde) etc. Spezielle Abschnitte behandeln die Verleihung an Frauen, die Tragweise, die Herstellung, die Herstellerfirmen. Ein eigener Abschnitt behandelt das Goldene Ritterkreuz zum Kriegsverdienstkreuz mit und ohne Schwerter, über dessen Stiftung, Herstellung und vor allem die beiden Verleihungen widersprüchliche Ansichten bestehen, die Nimmergut - wie auch sonst - mit Quellenangaben dokumentiert und belegt (allein auf diesen Abschnitt beziehen sich 26 Fußnoten): "Wenn die beiden Verleihungen erfolgt sind, ist der seltene Fall eingetreten, daß Dipl.-Ing. Saur als einziger drei Ritterkreuze des Kriegsverdienstkreuzes besaß: Ritterkreuz 13.1.1944, Ritterkreuz mit Schwertern 5.6.1943, Goldenes Ritterkreuz 20.4.1945" (S. 2178); die Verleihung des letzteren erschließt sich aus einem - hier abgebildeten - Brief des Reichsministers für Rüstung und Kriegsproduktion A. Speer, in dem er an Franz Hahne, den zweiten Ordensempfänger, unter dem 20. April 1945 schreibt, daß der Führer "auf meinen Vorschlag Ihnen und unserem Herrn Saur als ersten Deutschen diese neue Auszeichnung verliehen" hat.[3] Ein letzter Abschnitt der Einleitung behandelt Das Kriegsverdienstkreuz auf Fahnen. Auf die 63 Quellenangaben zum Einleitungsteil folgt dann auf S. 2180 - 2192 die Beschreibung und Abbildung der Orden in ihren verschiedenen Stufen.

Der Textteil des Bandes schließt mit einem Fremd- und Fachwortregister (S. 2472). Weitere Register fehlen dagegen völlig, obwohl erst dadurch der ganze Informationsreichtum dieses Handbuchs gezielt erschlossen werden könnte. Davon abgesehen, stellt Deutsche Orden und Ehrenzeichen das maßgebliche Standardwerk dar, das sicherlich in Details durch neue Funde und Erkenntnisse ergänzt und korrigiert werden wird (ein Nachtragsband wird bereits in Aussicht gestellt), das aber als Ganzes auf lange Zeit für alle am Ordenswesen interessierten Händler, Sammler und Forscher unentbehrlich sein wird. Alle, die sich nur für die Orden einzelner Länder oder Epochen interessieren und die daher nicht das ganze Werk benötigen (das nur komplett abgegeben wird), würden sicher die Veröffentlichung von Teilausgaben begrüßen. Die bereits früher angekündigte Bibliographie zur Phaleristik[4] soll auf den Nachtragsband folgen.

Klaus Schreiber


[1]
1. Anhalt - Hohenzollern. - 1997. - XX, 588, XI S. : zahlr. Ill. - DM 490.00. - 2. Limburg - Reuss. - 1997. - XVI S., S. 589 - 1152, VIII S. : zahlr. Ill. - DM 490.00, DM 420.00. - Rez.: IFB 98-1/2-111. - 3. Sachsen - Württemberg I. - 1999. - XVI S., S. 1153 - 1720, [XVI S.] : zahlr. Ill. - DM 490.00. - Rez.: IFB 00-1/4-249. (zurück)
[2]
Es waren also nicht nur die Volksgenossen, die von dem Ordenssegen profitierten. An hochrangige Ausländer wurde der eigens gestiftete Verdienstorden vom Deutschen Adler verliehen: erstmals am 25.09.1937 an den Duce eine "einmalige Ausführung des Großkreuzes" (S. 1889 - 1897, hier S. 1891). (zurück)
[3]
Bei letzterem handelt es sich um Karl-Otto Saur, der unter Speer "Chef des Technischen Amtes im Rüstungsministerium, 1944 Stellvertretender Leiter des Rüstungsstabes" war. Er "war im Testament Hitlers als Nachfolger Speers zum Rüstungsminister benannt, von Dönitz jedoch wieder durch Speer abgelöst." - Zitate aus: Deutsche biographische Enzyklopädie. - Bd. 8 (1998), S. 530. - Von Ordensverleihungen ist dort nicht die Rede. (zurück)
[4]
Darüber, was alles unter Phaleristik = Ordenskunde fällt, berät seit längerem der Wissenschaftliche Beirat beim Präsidium des Bundes Deutscher Ordenssammler - Deutsche Gesellschaft für Ordenskunde e.V. (BDOS) und wurde endlich fündig. Vgl. Phaleristik - eine historische Hilfswissenschaft in Bewegung / von Dietrich Herfurth. // In: Herold-Jahrbuch. - N.F. 6 (2001), S. 95 - 109. - Zu den Defiziten der Phaleristik zählt der Verfasser das Fehlen folgender Nachschlagewerke: "eine wissenschaftliche Bibliographie, eine Biographie der Phaleristik, ein Phaleristisches Lexikon, ein Buch über Ordenshersteller oder ein[en] Grundriß der Phaleristik" (S. 95). (zurück)

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