Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 9(2001) 2
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Lexikon Programmusik


01-2-364
Lexikon Programmusik / Klaus Schneider. - Kassel [u.a] : Bärenreiter. - 25 cm
[5726]
[Bd. 1]. Stoffe und Motive. - 1999. - 420 S. - ISBN 3-7618-1431-3 : DM 78.00
Bd. 2. Figuren und Personen. - 2000. - 351 S. - ISBN 3-7618-1497-6 : DM 68.00

Programmusik wird im Brockhaus-Riemann-Musiklexikon (Bd. 2, 1979, S. 331) wie folgt definiert: "Instrumentalmusik, die mit der Darstellung oder Andeutung eines begrifflich faßbaren Sujets verbunden ist, auf das der Komponist durch Inhaltsangabe oder Überschrift in der Regel selbst hinweist." Diese (enge) Begrenzung auf die Instrumentalmusik gilt auch für das vorliegende Lexikon, und man hätte sich für die in musikalischer Terminologie weniger Bewanderten gewünscht, daß die Beschränkung auf die Instrumentalmusik bereits auf dem Titelblatt zum Ausdruck gekommen wäre. Trotz des großen Reichtums - 147 Stoffe und Motive mit ca. 12.000 Kompositionen in Bd. 1, rund 1750 Figuren und Personen mit ca. 6500 Werken von ca. 2200 Komponisten in Bd. 2 (die Zahlen sind ungeprüft der Einbandrückseite bzw. dem Vorwort entnommen) - kann das wegen der genannten Beschränkung nur ein - wenn auch gewichtiger - Teilbeitrag zum Thema Stoffe (einschließlich personengebundene) und Motive in der Musik sein. Wieviel bei der Einbeziehung anderer musikalischer Gattungen hinzukommen würde, kann man vor allem an Bd. 2 leicht ermessen, wenn man etwa unter einer mythologischen Gestalt nachschlägt, die Sujet zahlloser Opern wurde, von der Vokalmusik ganz abgesehen (unter Ariadne wird man vergeblich nach Monteverdi und zahlreichen weiteren Komponisten Ausschau halten). Daß Opern- und Oratatorien-Ouvertüren (Bd. 2, S. 6) - auch sonstige Instrumentalstücke, z.T. erst in späterer Bearbeitung - einbezogen sind, erweitert das Angebot nur bedingt, zumal offensichtlich nur in begrenztem Umfang davon Gebrauch gemacht wurde.

Der Hinweis auf diese Beschränkungen soll allerdings nicht den prinzipiellen Nutzen dieses Lexikons in Frage stellen, das sich u.a. an Dramaturgen, Rundfunkredakteure, Musikforscher, Lehrer und Studenten wendet, und in der Tat sind es vor allem letztere, deren diesbezügliche Fragen an die Auskunft des Musiklesesaals der Württembergischen Landesbibliothek seit Vorliegen des Lexikons Programmusik leichter bzw. überhaupt beantwortet werden können. Daß die genannten Rundfunkredakteure wohl weniger nach den hier allein verzeichneten Noten forschen werden als nach Tondokumenten, ist sekundär, kann man doch mit den Namen der Komponisten und deren Werken durch das zusätzliche Heranziehen von Diskographien auch dieses Problem lösen.

Anlage in Bd. 1 nach weiten Schlagwörtern bzw. Schlagwortgruppen (z.B. Klage - Lamento - Trauer - Seufzen - Weinen - Tränen) mit darauf folgenden Verweisungen auf verwandte Begriffe (in diesem Fall auf Abschied - Abreise bis Trauermarsch). Haupt- und Nebenschlagwörter lassen sich leicht über das (unter diesem Aspekt typographisch markierte) Stichwort-Register ermitteln. Entsprechendes gilt für Bd. 2, der durch ein systematisch geordnetes Figuren- und Personenverzeichnis erschlossen wird, in dem ggf. von einer literarischen Person auf den Autor verwiesen wird, unter dem das entsprechende Musikstück subsumiert ist, was zugleich eine nicht zu übersehende Uneinheitlichkeit in der Schlagwortvergabe ausgleicht.

Innerhalb eines Schlagworts (dem in Bd. 2 kurze Hinweise beigegeben sind, bei nichtfiktiven Personen Beruf und Lebensjahre) sind die Musikstücke im Komponistenalphabet geordnet mit Angabe von Titel, Opus-Nummer, Besetzung und Verlag; letzterer entfällt bei ganz bekannten Komponisten, deren "Notenmaterial in der Regel leicht zu beschaffen ist"; diese Komponisten sind in beiden Bänden im Anhang besonders ausgewiesen. Berücksichtigt sind Komponisten vom 16. - 20. Jahrhundert, wobei zeitgenössische erfreulich reich vertreten sind. Alle Komponisten lassen sich über die entsprechenden Register in beiden Bänden ermitteln. U.a. auf diese Weise wird man auch auf die Existenz von zahlreichen Mehrfacheintragungen aufmerksam: wenn Paul-Heinz Dittrich in seiner Kammermusik 12 "sieben verschiedene Textquellen ... indirekt, als inhaltlichen cantus firmus benutzt",[1] so erhält dieses Stück sieben identische Eintragungen unter den sieben Textautoren.

Dafür, daß der Verfasser mit seinem reichhaltigen, zugegebenerweise nicht vollständigen[2] Lexikon nicht nachträglich in den vor allem im 19. Jahrhundert tobenden Streit "zwischen Verfechtern einer 'Absoluten' und Anhängern einer 'Programm-Musik'" (dazu auch der genannte Artikel im Brockhaus-Riemann) eingreifen möchte, sondern ein aus der Praxis für die Praxis erwachsenes Lexikon vorlegt, kann man ihn nur beglückwünschen.

Klaus Schreiber


[1]
Dies ist ein Beispiel für die vielfach zitierten Selbstäußerungen der Komponisten bzw. erläuternden Annotationen des Verfassers. (zurück)
[2]
Nur ein Zufallsfund: Haydn ist zwar mit zahlreichen Kompositionen vertreten, nicht jedoch sein "Rasiermesser-Quartett" in F-moll, op. 55, Nr. 2.
Die Zahl der Eintragungen im Artikel Hölderlin (Bd. 2, S. 130 - 131) ließen sich bestimmt noch durch Auswertung des folgenden Katalogs vermehren:
Musikalien und Tonträger zu Hölderlin : 1806 - 1999 ; Sonderband auf der Grundlage der Sammlungen des Hölderlin-Archivs der Württembergischen Landesbibliothek / bearb. von Werner Paul Sohnle, Marianne Schütz und Ernst Mögel. Hrsg. vom Hölderlin-Archiv. - Stuttgart-Bad Cannstatt : frommann-holzboog, 2000. - XXVIII, 596 S. ; 25 cm. - (Internationale Hölderlin-Bibliographie ; Sonderbd.). - ISBN 3-7728-1928-1 : DM 418.00, DM 347.00 (Gesamtabn. mit IHB) [6212]. - Eine Rezension in IFB ist vorgesehen. (zurück)

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