Am Anfang der Entwicklung des Faches steht Aristoteles und dessen Rezeption durch die neu entstehenden Universitäten ab dem 13. Jahrhundert. Seitdem entwickelt sich die Politikwissenschaft nach und nach zwar nicht zu einem Kernfach, aber immerhin zu einem Bindestrichfach im Grundstudium, welches mit dem "baccalaureus" abgeschlossen wurde. Später bekam das Fach aus verschiedenen Quellen - u.a. Kameralistik, Policeywissenschaft - Zuwachs, bis es sich im 19. Jahrhundert unter der Bezeichnung "Staatslehre" vollends konsolidierte. Im "Dritten Reich" verschwand es vollständig, um in der Nachkriegszeit mit Hilfe aus den USA völlig neu begründet zu werden. Danach kam der Ausbau, die Ausdifferenzierung in verschiedene Teilbereiche, die Entwicklung in den beiden deutschen Staaten und zuletzt der Vereinigungsprozeß in den neunziger Jahren.
All dies stellt Bleek ausgewogen und bündig dar. Obwohl der Text
umfangreich ist, kann natürlich bei weitem nicht alles und jeder
erwähnt werden, weswegen mancher Name fehlt, ohne daß man den Autor
deswegen kritisieren könnte. Er mußte eine Auswahl treffen und diese
ist gut, wenn sie auch beim Leser nicht immer auf Zustimmung stößt.
Auch die ausländischen Einflüsse wurden von ihm angemessen
berücksichtigt. Die einzige Lücke ist die Nichtberücksichtigung
nichtstaatlicher Institutionen bzw. Organisationen außerhalb der
Universitäten. Die deutschen "Think Tanks", wie z.B. die
Forschungsinstitute der Parteienstiftungen oder Institutionen wie das
BIOSt[2] finden keine Erwähnung. Das ist bedauerlich, spielen sie doch
eine nicht zu vernachlässigende Rolle in der deutschen
Politikwissenschaft, wenn sie auch kein vergleichbares Gewicht wie
entsprechende Einrichtungen in den USA haben. Ebenso gibt es einige
Fachorganisationen wie die Deutsche Gesellschaft für Auswärtige
Politik, die forschen und publizieren. Die Nichtberücksichtigung von
Max-Planck-Instituten ist eher zu verschmerzen, besteht doch keines,
das ein Kerngebiet der Politikwissenschaft bearbeitet.[3]
Das Werk ist durch ein Personen- und ein Sachregister erschlossen, was
den Gebrauchswert beträchtlich erhöht. Alles in allem leistet das Werk
eine geschichtliche Aufarbeitung, die für das Selbstverständnis des
Faches von Bedeutung sein wird. Daher sollte es sowohl in
wissenschaftlichen als auch in öffentlichen Bibliotheken neben den
fachlichen Einführungen seinen Platz finden.
Jürgen Plieninger
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