Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus: Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 1(1993) 3/4
[ Bestand in K10plus ]
Der große Schauspielführer
- 93-3/4-163
-
Der große Schauspielführer : berühmte Dramatiker und ihre
Werke / Heinrich Zelton ; Eduard Wolff. - Sonderausg.
- München : Orbis-Verlag, 1992. - 494 S. ; 25 cm. - ISBN
3-572-00523-X : DM 29.95
- [1698]
Der große Schauspielführer von Heinrich Zelton und Eduard Wolff, in
einer Sonderausgabe 1992 im Orbis-Verlag erschienen, bietet laut
Untertitel "Klassisches und modernes Theater der Welt in über 1000
Werkbeschreibungen". Wird im Vorwort nur noch auf "fast tausend
eingehende oder knapp umreißende Besprechungen" hingewiesen, so
reduziert sich die Anzahl bei genauer Untersuchung auf ca. 120 Autoren
und knapp 550 Stücke, von denen ca. 320 ausführlicher behandelt
werden. Das Werk ist chronologisch nach den Geburtsjahren der Autoren
geordnet. Nach einer Kurzbiographie folgt die Darstellung ausgewählter
Stücke. Autoren- und Titelregister ermöglichen einen gezielten
Zugriff. Dieser Schauspielführer wurde schlecht redigiert. Neben
grammatikalischen und reinen Druckfehlern gibt es auch verfälschende
Eintragungen; so wird z.B. aus Friederike Roth Friedrich Roth. Darüber
hinaus ist nicht nur die Wahl der Autoren und der aufgenommenen Stücke
fragwürdig, sondern auch Inhalt und sprachliche Darstellungsform.
Letztere ist störend tendenziös und implizit bewertend. Mit ihrem
Sprachstil wollten die Autoren vermutlich ihren entkrampft-witzigen
Umgang mit "Kulturgut" unter Beweis stellen. Einige Beispiele seien
aufgeführt: "Kunstverständige Feinschmecker waren die Römer nicht" (S.
31). "Lope de Vegas Fruchtbarkeit ist unerschöpflich" (S. 37). Über
Hebbel ist zu lesen, daß er ein "Liebes- und Freundschaftsverhältnis
mit der neun Jahre älteren, wahrhaft aufopfernden Elise Lensing" hatte
(S. 194), und an anderer Stelle: "Mit der Genoveva ... hatte sich
Hebbel zuviel zugemutet. So großartig die doppelte Problemstellung
auch gedacht ist, - Hebbel war noch nicht reif, sie gestalterisch zu
meistern" (S. 196). Ibsens Nora "greift ein Eheproblem auf, das
seinerzeit Bedeutung gehabt haben mag, heute jedoch mindestens
grundsätzlich verschwunden ist" ... "Abgesehen von dem überholten
Thema ist das realistisch geschriebene Stück auch sonst schwach" (S.
221). Diese Beispiele zeigen, daß die Verfasser zumindest mit dieser
Feststellung im Vorwort recht haben: "Urteile über wirkliche
Kunstwerke sind stets gebunden an die Persönlichkeit dessen, der sie
fällt." - Dieser Schauspielführer ist völlig überflüssig und eine
Zumutung für jeden, der sich informieren möchte.
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