Verzeichnet werden 110 Autorinnen mit 396 selbständigen Veröffentlichungen (wobei 54 Titel nicht auf Autopsie beruhen). Aufgenommen wurden keinesfalls Werke "um 1800", sondern die zwischen 1771 und 1810 erschienenen Titel. Der Zeitraum scheint willkürlich zu sein; das betrifft zumindest das Jahr 1810, das "in etwa einen Endpunkt dieser frühen weiblichen literarischen Tradition" (S. 8) markiert. Besagt der Titel der Bibliographie, daß deutsche Autorinnen erfaßt werden, spricht die Einleitung relativierend von deutschsprachigen Schriftstellerinnen. Wie weit oder eng das zu definieren ist, bleibt unklar. In der Einleitung folgen weitere Ausnahmen zu Anlage und Konzeption. Modifizierend wird erklärt, daß einerseits bestimmte Gattungen nicht, andrerseits aber über Romane und Erzählungen hinaus auch Reisebeschreibungen, Autobiographien, Märchen etc. berücksichtigt wurden. Daß die Herausgeberinnen für die fünf wichtigsten Autorinnen (der Klappentext kennt nur vier) auch die nach 1810 veröffentlichten Romane und Erzählungen berücksichtigten, sollte als Kuriosum nicht unerwähnt bleiben.
Der Titelaufnahme gehen die Lebensdaten der Autorin voraus, wobei
leider auf weitgehende biographische Recherchen verzichtet wurde. Die
bibliographische Beschreibung selbst erfolgt nach der Haupttitelseite;
hierbei wird jedoch - entgegen der Angabe der beiden Herausgeberinnen
- behutsam modernisiert (z. B. Schreibweise von ae, ue, etc.).
Erfreulicherweise werden als Bestandsnachweis die Standorte der zum
Teil als Unikate überlieferten Drucke einschließlich ihrer Signatur
aufgeführt. Die Standorte aber werden ausschließlich auf der Grundlage
des Sigelverzeichnisses in numerischer Reihenfolge angegeben. Die
besitzenden Bibliotheken können also nur über das Sigelverzeichnis des
DBI ermittelt werden. Das ist - ebenso wie die explizite Warnung vor
Fernleihbestellungen [!] (S. 20) - benutzerunfreundlich. Eine
Überprüfung einiger Titel anhand der Bestände der NSUB Göttingen
ergab, daß teilweise Signaturen unvollständig sind und - was
wesentlich wichtiger ist -, daß einige Bücher auch als Mikroform
vorhanden sind. Das aber hätte eher eine Erwähnung verdient als die
Angabe der Nachweise der Literatur von Frauen in älteren Biblio- oder
Biographien. Dies umso mehr, als kurz zuvor die Herausgeberinnen zu
recht konstatieren, daß sich die bibliographischen Quellenzugänge als
unzureichend erwiesen (S. 14). Nimmt man noch mit einem nicht geringen
Erstaunen zur Kenntnis, daß die Bibliographie auch Frauen biographisch
erfaßt, die im vorgegebenen Zeitraum keine Separatveröffentlichung
vorlegten (L. Brachmann, S. 39) oder keine Romane bzw. Erzählungen
schrieben (B. Gleim, S. 64), so wird man sich kaum über die
statistische Auswertung wundern (S. 11 - 13). Sie besagt u.a., daß 73%
der Frauen verheiratet und 27% unverheiratet waren. Statistische Werte
dieser Art sind nun wahrlich nicht einer Bibliographie zu entnehmen,
sondern können nur das Ergebnis einer literatursoziologischen
Forschung sein. Diesbezüglich liegen bereits fundierte Untersuchungen
vor;[1]; in einer solchen Studie hätte die insgesamt uneinheitliche
Bibliographie von Gallas/Runge recht gut als Anhang veröffentlicht
werden können, und der Benutzer bekäme dort zugleich auch mehr
Informationen über die Genres (Roman in Briefen, Reise-, Staatsroman,
pädagogisch-didaktische Schriften, Autobiographie etc.), über
Dedikationsempfänger, Themen und Motive dieser spezifischen Literatur.
Das wäre dann allemal besser gewesen als die selbständige
Veröffentlichung, die allein schon deswegen mehr verspricht, als die
Bibliographie nach Inhalt und Ausführung leisten kann.
Reinhard Tenberg
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