Die Zusammenfassung verschiedener Atlastypen aus demselben Verlag geschieht vor dem Hintergrund einer direkten inhaltlichen Gegenüberstellung, wobei man schnell feststellt, daß zwei Atlanten sich bei identischem Inhalt nur durch den Titel und die Ausstattung unterscheiden: Die Erde : Atlas international ist die "ungekürzte Buchgemeinschafts-Lizenzausgabe" von Unsere Welt heute : Atlas international und der Große illustrierte Weltatlas unterscheidet sich vom Neuen illustrierten Weltatlas lediglich durch den Einband, einen Schuber, die ISBN und den verdreifachten Preis. Der Vergleich der vorliegenden Verlagsproduktion beschränkt sich also auf zwei Nachschlage- und zwei Hausatlanten. Daß ausgerechnet die Hausatlanten doppelt auf dem Buchmarkt anzutreffen sind, hat sicher mit der potentiell größeren Käuferschicht dieses Typs zu tun, deren Kaufentscheidung stärker durch äußerliche Kriterien beeinflußt wird.
Um das Ergebnis der Gegenüberstellung vorwegzunehmen: Mit Ausnahme
einiger Karten des Großen internationalen Weltatlas finden alle
übrigen Karten, Satellitenbilder oder sonstigen Darstellungen in
mehreren Atlanten Verwendung. Ein neues Atlaskonzept heißt demnach
nichts anderes als eine neue Zusammenstellung aus dem großen
Materialfundus des Verlagshauses selbst ggf. angereichert um Material,
das von anderen Verlagen hinzugekauft wurde.[1] Als Ergebnis kann man
gleichwohl die Zuordnung zum jeweiligen Typus unterscheiden. Das
Gerüst der R+V-Weltatlanten bilden die Karten der
Bertelsmann-Kartographie. Obwohl bereits vor einigen Jahrzehnten
entwickelt, haben sie durch die fortgeführte Überarbeitung nichts von
ihrer schon damals gerühmten Qualität eingebüßt. Lediglich in
Anbetracht des anderen Formats wurden die Maßstäbe verkleinert. So
finden sich z.B. die Karten der früheren (Bertelsmann-) Maßstäbe 1:12
Mio, 1:4 Mio, 1:2 Mio oder 1:800.000 bei R+V als 1:13,5 Mio, 1:4,5
Mio, 1:2,25 Mio und 1:900.000 wieder. Das entspricht einer
Verkleinerung des Kartenbildes, worunter die Lesbarkeit jedoch nicht
leidet. Andererseits haben sich mit der Übernahme auch kleinere Fehler
übertragen, die bis heute nicht korrigiert worden sind: Die Region um
Pamplona kommt sowohl in der Karte des östlichen als auch in der des
westlichen Spanien zur Abbildung; während jedoch in der ersten Karte
der Ort Larrasoa¤a eingezeichnet ist, fehlt er in der anderen; gerade
umgekehrt verhält es sich mit dem Ort Villava, der zudem noch in
keinem Register auftaucht.
Der umfangreichste Weltatlas dieser Verlagsauswahl ist der Große
internationale Weltatlas, der zur gehobenen Preiskategorie gehört. Er
muß gegen eine starke Konkurrenz antreten, die durch internationale
Weltatlanten anderer Verlage und durch preiswertere Produktionen aus
eigenem Haus (wegen derselben physischen Karten) erwachsen ist, denn
wer auf Stadtumgebungskarten der Metropolen und einige Karten größeren
Maßstabs (z.B. Indischer Ozean) verzichten kann, wählt eher den Großen
Weltatlas. Dieser hat zwar eine andere Anordnung der Teile
(Satellitenbilder sind vorangestellt) und hat mit ca. 130.000
Registereintragungen etwa 20.000 weniger, ist dafür im Preis aber
erheblich günstiger. Die Auswahl der Satellitenbilder beider Atlanten
weicht geringfügig voneinander ab und ist beim Großen Weltatlas sogar
etwas umfangreicher. Darüber hinaus bietet er eine kurze Einführung in
die den Satellitenbildern eigene Problematik. Da der Umgang mit dieser
Form der Wiedergabe der Erdoberfläche ohnehin der Übung bedarf, um
einigermaßen Nutzen davon zu haben, ist den Satellitenbildern wie
üblich eine Orientierungskarte sowie ein erläuternder Kurztext
beigegeben. Die Zusammenstellung der thematischen Karten ist
ebenfalls, wie zu erwarten, größtenteils identisch. Sie behandeln auf
jeweils über 40 Seiten das übliche Spektrum von Geologie über Klima,
Vegetation, Bodennutzung, Wirtschaft bis zur Bevölkerungsdichte. Die
für diesen Block recht stattliche Anzahl an Karten wird durch die
regionale Fokussierung erreicht: Von der globalen Behandlung der
Themen ausgehend, werden einige Inhalte für die einzelnen Kontinente
und im Falle Europas sogar für größere Ausschnitte hervorgehoben.
Die zu den Hausatlanten zählenden Werke unterscheiden sich
untereinander primär in der Gewichtung der Beigaben zum Kartenteil.
Die als "illustrierte" Atlanten betitelten Ausgaben bieten eine Fülle
geo- und biowissenschaftlicher Themen, während die beiden anderen mit
"Atlas international" bezeichneten Produkte nur mit vereinzelten
Darstellungen zum Sonnensystem und der Erdgeschichte ausgestattet
sind. Dafür beinhalten sie die schon aus den "großen Weltatlanten"
bekannten Satellitenbilder. Trotz der Verwendung des Begriffs
international im Zusatz zum Sachtitel, was eher eine Zuordnung zu den
Nachschlageatlanten vermuten ließe, handelt es sich um Hausatlanten.
Dies ist sowohl mit den populärwissenschaftlichen Beiträgen zur
Erdgeschichte als auch mit der zurücktretenden Bedeutung des Karten-
und Registerteils zu begründen; die Qualität der Karten nimmt dabei
keinen Einfluß auf die Typisierung.
Wem jedoch das Wissen über die Natur der Erde wichtiger ist, greift zu
einem der identischen "illustrierten Weltatlanten". Auf 47
Doppelseiten ist ein didaktisch für den Laien aufbereitetes Kompendium
zu Geologie, Geomorphologie, Klima und Klimageschichte sowie den
großen Lebensräumen zu finden. Große, idealtypische Blockbilder,
Graphiken oder Lebensraumszenarien, teilweise ergänzt mit
Photographien, dienen zur anschaulichen Erklärung vieler
Naturphänomene. Ein kursiv abgesetzter Kurztext bezieht sich
ausschließlich auf die Erläuterung der Bilder, während der Haupttext
sich der behandelten Problematik allgemein zuwendet. Die auf einer
Doppelseite zusammengestellten Teile sind klar gegliedert und
ansprechend gestaltet. Insbesondere das Bemühen um die räumliche
Wiedergabe von den auf der Erde wirksamen klimatischen und
morphologischen Prozessen ist hervorzuheben. Für die Besprechung der
Kartenteile der R+V-Hausatlanten genügt der Hinweis auf das oben
Gesagte. Das qualitativ hohe Niveau der physischen Karten sorgt auch
hier für einen guten und soliden Eindruck.
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