Abgesehen von den Unzulänglichkeiten der Projektion und des zu starker Generalisierung zwingenden "Maßstabs" bieten die 86 Kartenseiten ein ansprechendes Bild durch die plastische Wiedergabe des Reliefs und durch die klare Farbgebung, die die natürliche Bodenbedeckung wiedergibt. Das ist aber auch schon das einzig positiv zu Vermerkende. Bei genauer Betrachtung fallen doch erhebliche Unterschiede in der Farbgebung für dieselben Gebiete in verschiedenen Karten auf (z.B. im Grenzbereich von Chile, Peru und Bolivien auf S. 24/25 und auf S. 28/29). Ebenso unverständlich bleibt die Bildung der vier Ortsgrößenklassen, die nur eine unzureichende Differenzierung zulassen und zu falschen Schlüssen über die Bevölkerungsdichte und den Grad der Verstädterung in den einzelnen Ländern führt.
Neben dem physischen Kartenteil, der von einem Register mit nur 18.000
Eintragungen ausschließlich in deutschsprachiger Ansetzung[3]
erschlossen wird, enthält der Atlas auf 90 Seiten 246 sprechende
Erdkarten über Natur, Mensch und Gesellschaft, eine für einen
Weltatlas enorme Fülle von Themenkarten in ausschließlich globaler
Sicht. Unter einem Oberbegriff werden bis zu 16 Karten pro Doppelseite
zusammengestellt, mit dem Erfolg, daß eine Weltkarte dann in den
Ausmaßen von 7,2 x 11,4 qcm erscheint, in der die eingetragenen
Staatsnamen nur noch mit einer Lupe lesbar sind. Sprechende Erdkarte
heißt auf Länderebene aufbereitete und in Flächenfarben dargestellte
Themen. Eine andere kartographische Darstellungsform ist bei dem
kleinen Format der Karten auch gar nicht möglich. Die sonst potentiell
mögliche kartographische Aussagefähigkeit wird ohnehin nicht in
Anspruch genommen, da kein Thema inhaltlich aufbereitet oder mit
anderen in Beziehung gesetzt wird. Bei manchen Themen ist die Frage zu
stellen, ob sie denn unbedingt in einer Weltkarte umgesetzt werden
mußten so z.B. Der Sport (S. 136/137), dessen Bearbeitung sich in der
globalen Verteilung des olympischen Medaillenspiegels einzelner
Sportarten erschöpft. Die Farbabstufungen lassen manchmal ebenso zu
wünschen übrig wie die auf jeder Seite beigefügten Texte, die
gleichfalls an der Oberfläche bleiben wie die Karteninhalte.
Die im Peters-Atlas verwirklichte Idee der paritätischen Wiedergabe
der Erdoberfläche aufgreifend, soll auch für die übrigen besprochenen
Weltatlanten die Frage nach der ausgewogenen Behandlung der Kontinente
und Länder gestellt werden. Immerhin werben alle Atlanten im Sachtitel
bzw. im Zusatz mit den Begriffen Welt oder international oder mit
beiden. Sicherlich gibt es schon aufgrund der Wirtschafts- oder
Infrastrukturen sowie der Besiedlungsdichte erhebliche Unterschiede,
die die Darstellung der Erdteile und Länder in verschiedenen Maßstäben
sinnvoll erscheinen läßt, und ebenso ist die kartographische
Hervorhebung der Industrieländer unter verlegerischem Aspekt
verständlich. Dennoch sollte man eine angemessene Wiedergabe aller
Länder erwarten können. Als Vergleichskriterium wurden in der
folgenden Tabelle u.a. die Seitenanzahlen für den afrikanischen
Kontinent sowie die Maßstäbe der Karten für Papua Neu Guinea
herangezogen. Dabei zeigt sich, daß lediglich die beiden großen
Nachschlageatlanten von Knaur und Rand McNally/Westermann die Länder
der Dritten Welt einigermaßen befriedigend würdigen und damit eine
erste Orientierung über deren geographische Strukturen ermöglichen.
Die Tabelle macht darüber hinaus Angaben zu weiteren wesentlichen
Aspekten, aus deren Vergleich sich wichtige Anhaltspunkte für die
Beurteilung gewinnen lassen. Insbesondere seien die Verweisungen vom
Register in die Karten genannt, ob also ein Ort mittels eines
Suchfeldes oder nur mittels der geographischen Koordinaten aufzufinden
ist. Daneben ist der Nutzwert eines Atlas auch durch subjektive
Kriterien zu bestimmen, die in der individuellen Handhabung und im
Empfinden des Kartenbildes (Übersichtlichkeit, Lesbarkeit,
Plastizität, Orientierung) begründet liegen. Letztlich spielt noch der
Preis eine wesentliche Rolle. So lassen sich drei Preiskategorien
unterscheiden (bis DM 100.00, DM 100.00 bis DM 200.00 sowie über DM
200.00), die jedoch interessanterweise nur bedingt mit der
Kartenqualität korrelieren. Letzteres wird insbesondere bei den
Atlanten aus dem RV-Verlag deutlich. Andererseits sind sowohl der
Verkauf als auch der Ankauf von Lizenzen in der Preispolitik und der
Atlaskonzeption von zunehmender Bedeutung.[4] Die heutigen
Produktionsmechanismen fördern diese Entwicklung, wodurch auch eine
bisher nicht bekannte Vielzahl von Weltatlanten in häufig erneuerten
Auflagen und zu früher unvorstellbar günstigen Preisen auf dem
Buchmarkt angeboten wird.
Wolfgang Crom
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Rezension aus: Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 1(1993) 3/4
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