Der Schwerpunkt des Buches liegt bei der sehr treffenden Schilderung
des Verhaltens der Benutzer, ihrer Erwartungen, ihrer Denk- und
Suchweisen und ihrer typischen Fehler. Benutzer bevorzugen
computergestützte Literaturrecherchen und ignorieren zunehmend die
gedruckten Bibliographien. Da sie die Menge der verfügbaren
Informationen unterschätzen und nicht wissen, daß zur erfolgreichen
Literatursuche auch Kenntnisse des Datenbankinhalts und -aufbaus sowie
der Retrievalfunktionen notwendig sind, erweisen sich ihre Recherchen
oft als anspruchslos und die erzielten Ergebnisse als Zufallstreffer.
Nachdrücklich weist Anders darauf hin, daß Benutzer der ständigen
Hilfestellung durch fachkundiges Personal bedürfen. Als Folge der
Endnutzer-Recherchen reduziert sich die Zahl der vermittelten
Recherchen, die jedoch komplexer, anspruchsvoller und teurer werden.
Wenn man den Endnutzern den Online-Zugang eröffnet, entstehen damit
den Bibliotheken kaum zu kalkulierende Ausgaben. Die vorgestellten
Kostenberechnungen lassen sich jedoch nicht ohne weiteres übernehmen,
da die Nutzung von Online-Datenbanken in Deutschland viel teurer ist
und nur in Ausnahmefällen die Kosten für eine Anschaltstunde mit 60 $
(ca. DM 100) angesetzt werden können.[3] Von den in den USA
selbstverständlich genutzten Mondschein-Tarifen der Hosts können die
Bibliotheken hier auf Grund der üblichen Dienst- bzw. Öffnungszeiten
nur sehr wenig profitieren. Nutzung teurer Datenbanken führt immer
auch zu dem Problem des "fee or free", zu dem umfassende Überlegungen
angestellt werden.
Zu Beispielen werden häufig die Hosts DIALOG und WILSONLINE
herangezogen. In einer Übersicht über die wichtigsten ausländischen
Hosts finden sich DATA-STAR,[4] ESA-IRS, QUESTEL und aus Deutschland nur
DIMDI. STN wird als "home vendor" von Chemical Abstracts erwähnt,
ansonsten aber den US-Hosts zugeordnet.[5] Anfang 1993 erschien ein
deutschsprachiges Handbuch Die Informationsvermittlungsstelle von R.
Pörzgen und M. Schreiber,[6] das die vermittelte Recherche und ihr
Umfeld behandelt. Wenn auch bei Anders die Endnutzer-Recherchen im
Mittelpunkt stehen und vermittelte Recherchen eher am Rande
mitbetrachtet werden, so ist ein Vergleich doch aufschlußreich und
zeigt einmal mehr, daß die Benutzerdienste in den USA einen ganz
anderen Stellenwert haben. So widmen Pörzgen/Schreiber dem Benutzer 2
Seiten und den Anforderungen an den Informationsvermittler 4 Seiten;
dagegen schildert Anders auf 38 Seiten die "End-User Services" und auf
26 Seiten den "Staff". Datenverarbeitung, Hard- und Software sowie
Netzwerke beanspruchen 39 Seiten bei Pörzgen/Schreiber, die
ausführlich mit viel programmiertechnischem Hintergrundwissen
erläutern, wie man Recherche-Ergebnisse in relationale Datenbanken
überführt oder mit einem Textverarbeitungsprogramm weiterverarbeitet.
Anders vermittelt dem EDV-technischen Laien auf 14 Seiten einen
Überblick darüber, was Hard- und Software leisten müssen, ohne den
Leser mit technischen Daten zu überfordern.
Wer sich in neue Aufgaben einarbeitet und eines Ratgebers bedarf,
möchte die Hilfestellung nicht unbedingt in einer Fremdsprache
erhalten. Jedoch hat das Schulenglisch der Rezensentin, das in den
letzten Jahren nur durch Vokabeln der EDV- und Datenbank-Welt
erweitert worden ist, zum Verständnis völlig ausgereicht. Anders
schreibt in leicht verständlichen Sätzen und ihr munterer Stil sorgt
für gelegentliche Heiterkeit.[7] Obwohl aus amerikanischen Erfahrungen
entstanden, können wir beim Aufbau und Ausbau von
Informationsabteilungen viele ihrer Anregungen umsetzen; der Leitfaden
kann zur Bewältigung täglicher Aufgaben und für den Umgang mit den
Benutzern uneingeschränkt empfohlen werden.
Angelika Weber
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