auf dem deutschsprachigen Markt momentan eine
Lücke schließt. Dies ist umso begrüßenswerter, als Frankreich im
Rahmen des europäischen Binnenmarktes wirtschaftlich und beruflich
mehr und mehr in den Blickpunkt öffentlichen Interesses rückt. Es
macht durchaus Sinn, Entwicklungen und Tendenzen im Informationswesen
unseres Nachbarlandes aufmerksam zu beobachten, um so im Vergleich
eigene Struktur- und Organisationsdefizite zu verhindern oder
transparenter zu machen. Vor allem die Einführung der neuen
Technologien in den letzten Jahren zeigt im französischen
Bibliothekswesen ein progressives Handeln auf, das auch für manche
deutsche Bibliothek wünschenswert wäre. So sind für die
Rationalisierung des eigenen Arbeitsablaufs die Fremddatenübernahme
zentraler Dienstleistungsangebote unabdingbar, um so die Vorteile
kooperativer Leistungen zu erkennen. Beispielhaft hierfür sind der
Catalogue Collectif National des Publications en Série (CCN), der als
Datenbank beim Host SUNIST aufliegt und über PC, Minitel oder als
CD-ROM-Ausgabe genutzt werden kann. Der Pancatalogue[2] als
Gesamt-Verbundkatalog für Monographien der französischen Hochschulen,
der noch in den Anfängen steckt, entwickelt sich aus den Katalogisaten
der Verbundsysteme SIBIL (Universitätsbibliotheken), Réseau Coopératif
und OCLC, sowie den Datenbasen der Bibliothque Nationale und des
Catalogue Collectif des Usagers Mobi-Cat (CCUM). Für die
Sacherschließung wurde der Verbund RAMEAU geschaffen, dessen
Standardschlagwortliste von der Bibliothque Nationale und der
Universität Laval/Québec in Kanada, die die französische Übersetzung
der subject headings der LOC erstellt, erarbeitet wird. Mit diesen
nationalen Angeboten ist den Bibliotheken ein Instrumentarium
geschaffen worden, jeden erworbenen Titel so schnell wie möglich
nachzuweisen und die Kosten für formale und sachliche Erschließung so
gering wie möglich zu halten.
Die Studie wird mit einem kurzen historischen Überblick über die
Entwicklung des französischen Bibliothekswesen eingeführt, auf den bei
der Abhandlung der einzelnen Kapitel über die verschiedenen
Bibliothekstypen und Sachzusammenhänge kursorisch, manchmal etwas
lästig, zurückgegriffen wird. Kenntnisreich wird die Einbindung des
Bibliothekswesens in die staatliche Verwaltung vorgestellt, wobei die
einzelnen Bibliothekstypen konsequent ihrer Benutzerklientel
entsprechend aufeinander bezogen sind, ohne daß die zahlreichen
bibliothekarischen Berufsverbände, die eine ähnlich verworrene Politik
betreiben wie in Deutschland, darauf entscheidenden Einfluß genommen
hätten. Inwieweit die neue Bibliothque de France, die aufgrund ihrer
immensen Kosten und nicht immer funktionalen Architektur scharf in die
Kritik genommen wird, die Bibliothekslandschaft Frankreichs wie
beabsichtigt konzeptionell beeinflußt, indem unter ihrer Leitung die
einzelnen Bibliothekssparten zu einem Verbund zusammengefaßt werden,
bleibt abzuwarten.
Die Untersuchung spiegelt den Stand der Entwicklung bis zum Jahr 1990
wieder, so daß verständlicherweise die Bestrebungen der neuen
Regierung, das Bibliothekswesen auch in der Region zu stärken, nicht
weiter berücksichtigt werden konnten. Demzufolge hat auch die
Ausbildung der Bibliothekare eine neue Qualität erhalten, indem neben
dem conservateur (Fachreferent) und dem bibliothécaire adjoint
(Diplom-Bibliothekar) der bibliothécaire als Direktionsassistent,
stellvertretender Abteilungsleiter oder Verantwortlicher für bestimmte
abteilungsübergreifende Aufgaben in öffentlichen oder
wissenschaftlichen Bibliotheken getreten ist. Seit 1993 hat die für
die Ausbildung des conservateur zuständige Ecole Nationale Supérieure
des Sciences de l'Information et des Bibliothques (ENSSIB) den Status
einer universitären und damit auch forschenden Einrichtung erhalten,
so daß der Berufsstand insgesamt an Achtung gewonnen hat.
Überdies enthält das Buch viele weitere lesenswerte Anregungen und
Informationen über private Bibliotheken, zum Verlagswesen und
Buchhandel, aber auch zur Dokumentation und Fachinformation. Alle
Beiträge sind für den Interessierten über das Sachregister auch
gezielt erschließbar, und die reichen Literaturhinweise (S. 258 - 274,
leider nur alphabetisch, nicht sachlich geordnet) können als Anregung
für eine vertiefte Beschäftigung dienen.
Wolfgang Krueger
- [1]
- Bibliothekswesen in Frankreich : eine Einführung / Elisabeth Simon.
- München [u.a.]: Saur, 1985. - 89 S. - ISBN 3-598-10598-3 : DM 28.00.
- Diese Einführung ist heute in vielen Abschnitten überholt und
insgesamt zu kursorisch. Zudem sind organisatorische Änderungen
eingetreten, so daß auch deswegen eine breiter angelegte Abhandlung,
die auch die kulturpolitischen Einflüsse in Frankreich berücksichtigt,
notwendig wurde.
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- [2]
- Vgl. dazu ganz akutell: Pancatalogue : un catalogue collectif de
livres pour l'enseignement supérieur / Anne Marie Motais de Narbonne.
// In: Bulletin des bibliothques de France. - 39 (1994),1, S. 28
- 38.
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