Will man sich z.B. über das Pflichtexemplar informieren, so ist man
mangels eines Sachregisters weitgehend aufs Blättern angewiesen.
Während für Spanien dieses Thema noch innerhalb des Abschnitts über
die Nationalbibliothek in einem eigenen Unterkapitel (S. 30 - 32)
behandelt wird, muß man sich bei Lateinamerika im Abschnitt 11 über
die Nationalbibliotheken (S. 85 - 96) auf die Suche machen. Bei fünf
der sechs dort besprochenen Bibliotheken erfährt man allenfalls das
Jahr des Inkrafttretens der Pflichtexemplargesetze und vielleicht noch
die Zahl der abzuliefernden Exemplare. Über Gemeinsamkeiten,
Unterschiede oder Anwendungsmodalitäten werden keine Angaben gemacht.
Desgleichen fehlt - ebenso wie bei Spanien - die unerläßliche
Verbindung zur Nationalbibliographie, steht es doch um diese
prinzipiell immer dann schlecht, wenn die Pflichtexemplarregelung
nicht funktioniert. Für Lateinamerika greift man - obwohl nicht mehr
auf dem neuesten Stand - lieber zu der einschlägigen Arbeit von A.
Nilges,[6] die blamablerweise in der relativ langen Literaturliste (S.
157 - 178) fehlt, obwohl sie im Gegensatz zu vielen der dort zitierten
Titel leicht zugänglich ist. Daß diese Bibliographie alphabetisch
statt sachlich geordnet ist verlängert die Mängelliste um einen
weiteren Punkt. Oder, um auf das Kapitel über die spanische
Nationalbibliothek zurückzukommen: hier wird zwar erwähnt, daß zu
ihren Aufgaben auch die "Veröffentlichung der spanischen
Bibliographie" gehört, aber nicht einmal der originalsprachliche Titel
der Nationalbibliographie Bibliografia espa¤ola wird erwähnt, noch
ihre Erstellung mittels EDV oder ihr trotzdem schlechtes
Funktionieren. Einer langen Statistik mit den Zahlen für das
Pflichtexemplaraufkommen nach Regionen ist zwar zu entnehmen, daß
Barcelona mit weitem Abstand vor Madrid führt, nicht aber, daß es dort
gleichfalls eine computergestützte und mit großer Verspätung
erscheinende Nationalbibliographie, die Bibliografia nacional de
Catalunya[7] gibt, von anderen para-nationalbibliographischen
Unternehmungen anderer regionaler Bibliotheken ganz zu schweigen.[8] Das
Kapitel über die Universitätsbibliotheken (S. 34 - 42) besteht, zieht
man eine Seite mit einer vergleichenden Bestandsstatistik zu anderen
Ländern ab, aus knapp drei Seiten Text und weiteren fünf Seiten mit
Organigrammen einzelner, offensichtlich beliebig ausgewählter
Bibliotheken, die ohne Erkenntniswert sind.
Zur Erleichterung des Verständnisses der zitierten, z.T. langen
originalsprachlichen Texte wird dem Leser ein achtseitiges
deutsch-spanisches Glossar angeboten, das aber ebendeswegen als Hilfe
bei der Übersetzung der spanischen Zitate nicht geeignet ist. Der
Leser wundert sich ebenfalls darüber, daß bei der sicherlich
schwierigen Beschaffung einschlägiger Quellen der British Council in
Köln, die Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen und die
Universität Aberystwyth um Mithilfe angegangen wurden, während die
speziellen Dienste der Sondersammelgebietsbibliotheken
(Ibero-Amerikanisches Institut Preußischer Kulturbesitz Berlin für
Lateinamerika und Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg für
Spanien) anscheinend nicht in Anspruch genommen wurden.
Der vorliegende Band manifestiert erneut das grundsätzliche Problem
dieser Reihe, das in der Unmöglichkeit besteht, auf dem knapp
bemessenen Raum den Gegenstand adäquat abzuhandeln. Auch ist nicht
anzunehmen, daß die Verfasserin trotz ihrer Kontakte und
Informationen, die ihr durch ihr Dienstgeschäft zuwachsen, für alle
diese Länder gleich kompetent sein kann, woran auch die bei fast allen
ihren Büchlein hinzugezogenen Mitarbeiter nur bedingt etwas ändern
können. Und wenn der Verlag wenigstens gelegentlich einen Lektor
bemühte, würden solch unausgewogene und letztlich ärgerliche Produkte
entweder gar nicht oder erst nach durchgreifender Überarbeitung
erscheinen. - Interessenten seien stattdessen auf die einschlägigen
Artikel in der World encyclopedia of library and information services[9]
verwiesen, die knapp und vor allem übersichtlich elementare
Informationen bieten.
Wolfgang Crom / sh
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