Die primäre Ordnung der Sammlung erfolgt nach Länderschulen (im Länderalphabet), die in vier Teilen auch getrennt zum Kauf angeboten werden: Teil 1: American, Australian, British, Canadian and Czech & Bohemian School; Teil 2: French and German & Austrian School; Teil 3: Greek, Hungarian, Italian and Middle Eastern School; Teil 4: Netherlands, Polish, Portuguese, Rumanian, Russian, Scandinavian, South & North African, South & Central American, Spanish, Swiss, Westernised Oriental and Yugoslavian School. Die Aufführung macht die Eurozentrierung dieser Sammlung deutlich; die genannten außereuropäischen "Länder" sind von zu vernachlässigendem Umfang (z.B. nur 29 Mikrofiches des Grundwerks für die South & Central American School; die großen asiatischen Kulturen sind gar nicht berücksichtigt usw.). Aufgrund der für den Verlag günstigen Einteilung der Länder in Gruppen wird demjenigen, der mit der Sammlung Überblicksmaterial nur zu den zentralen Strömungen der abendländischen Malerei und Graphik erwerben möchte und dabei nicht auf eine der großen Länderschulen spezialisiert ist, die Parzellierung der Sammlung (und des Preises) wenig nutzen, da alle Teile für einen Überblick unverzichtbares Material enthalten. So birgt Teil 1 mit 3.188 Mikrofiches eine der umfangreichsten Sammlungen zur britischen bildenden Kunst überhaupt; Teil 2 wird in seiner Gesamtheit für einen Kernbestand zu berücksichtigen sein (2.806 Fiches zu Frankreich, 1.348 zu Deutschland); die italienische Malerei (2.921 Fiches) ist Teil 3, die Niederlande (2.861 Fiches) und Spanien (479 Fiches) sind Teil 4 zugeordnet. Diese klassischen Kernbereiche entsprechen zugleich auch den Sammlungsschwerpunkten der Witt Library selbst. Daher muß man, um einen unter sammlungs- und inhaltsspezifischem Aspekt repräsentativen Querschnitt zu gewinnen, bei der Witt Library - anders als bei der Conway Library mit ihrer größeren thematischen Divergenz der Publikationsteile - von der Notwendigkeit der Erwerbung der kompletten Sammlung ausgehen.
Innerhalb der Länderschulen wird einzig nach dem Künstleralphabet
geordnet; Abweichungen von der strengen Alphabetordnung sind
gelegentlich auf der Stufe der nachordnenden Vornamen zu
berücksichtigen (z.B. folgt auf Bacon, A - Z, noch Bacon, Francis, da
dieser besonders umfangreich vertreten ist). Da weder Angaben und
Einteilung auf den Mikrofiches durch Präsentation z.B. in
Schuppentafeln sofort zu überblicken sind noch Leitkarten die
Ordnung(sabweichung) verdeutlichen, kann eine Recherche bereits aus
diesen banalen Gründen schnell ins Leere führen. Zudem sind bei
ergebnisloser Suche englische Schreibformen usw. bzw.
Namensansetzungen - vor allem bei alten Meistern - als mögliche
Fehlerquelle zu bedenken; Verweisungen auf abweichende Namen(sformen)
fehlen. Zumindest bei der dieser Rezension zugrunde liegenden Ausgabe
des Grundwerks fehlt jegliches gedruckte Begleitmaterial wie Indizes
etc., das die Recherche erleichtern könnte. Erst mit dem Supplement
wurde ergänzend eine Inhaltsliste zu den Mikrofiches vorgelegt, die
sich allerdings auf die Wiedergabe der Leistenüberschriften
beschränkt. Für das Grundwerk kann daher zur allgemeinen Orientierung
nur auf eine bereits 1978 und somit unabhängig und vor der
Mikrofiche-Ausgabe veröffentlichte alphabetische Kurzliste der
Künstler zurückgegiffen werden, die auch die Zuordnung zu den
Länderschulen anzeigt.[1]
In der Witt Library sind Künstler vom Hochmittelalter bis zum 20.
Jahrhundert (überwiegend der klassischen Moderne) vertreten. Bei
Künstlern, zu denen umfangreiches Abbildungsmaterial vorliegt, wird
dabei das malerische und graphische Werk nochmals differenzierter
geordnet, meist grob nach motivischen Gesichtspunkten. Die
Abbildungsangaben (Objektdaten, Quellen) sind zwar im Vergleich zu
denen der Conway Library geradezu ordentlich und ausführlich, doch
immer noch von schwankender Qualität. Das Abbildungsmaterial entstammt
zu einem großen Teil Buch-, Aufsatz- und Ausstellungspublikationen zum
jeweiligen Künstler, zum Teil wurde es aus anderen großen
Abbildungssammlungen übernommen; die Datengüte variiert daher mit der
jeweiligen Quelle. Bei der Bildbeschriftung und damit gerade bei den
Datenangaben stößt die Mikrofiche-Wiedergabe leider gelegentlich an
ihre Grenzen: manche Beschriftungen sind einfach nicht mehr lesbar.
Auch in der Witt Library muß mit verirrten Bildern gerechnet werden,
doch sind diese meist im Kontext als Vergleichsmaterial zu erklären,
so z.B. Ghibertis Taufdarstellung vom Florentiner Baptisterium und ein
Bild von Turner unter den Abbildungen zu Piero della Francesca.
Praktisch ist es sicherlich, daß bei einzelnen Künstlern auch
zugeschriebene Werke und Werke der Schule erfaßt sind.
Stärker als bei Abbildungssammlungen, die der Architektur gewidmet
sind, wird sich für Sammlungen zur Malerei die Frage stellen, welchen
Nutzen Schwarz-Weiß-Reproduktionen auf Mikrofiches haben können.
Während für den Bereich der Architektur allein die Dokumentation,
Detailaufnahmen, der Nachweis historischer Zustände etc. schon per se
einen Informationswert darstellen und Farbigkeit in den meisten Fällen
keine oder nur eine untergeordnete Rolle spielt, tritt bei der Malerei
mit dem Verzicht auf die farbige Wiedergabe eine erhebliche
Informationsbeschränkung ein. Der dennoch mögliche Wert einer
derartigen Abbildungssammlung steht und fällt also mit ihrer
Erschließung, also mit einer über die rein malerisch orientierte
Künstler-(Einzel-)Werk-Perspektive hinausgehenden Nutzung. Zwar
könnten Abbildungssammlungen in der Größenordnung der Witt Library
bereits allein aufgrund ihres Umfangs (auch zu einzelnen Künstlern)
von Wert sein, indem sie einen schnellen und umfassenden Werküberblick
ermöglichen. Aber wenn der Recherchezugriff nur über den jeweiligen
Künstler möglich ist, so wird doch eine derartige Sammlung in Fällen
guten Buchbestandes immer mit dem direkten Weg zu Material in besserer
Abbildungsqualität - wie es sich in einer gedruckten
Künstlermonographie findet - konkurrieren. Da die Witt Library auch
Wiedergaben unselbständig publizierten und damit in vielen
Bibliotheken schlecht erschlossenen Materials (z.B. aus Zeitschriften)
enthält, könnte sie die Funktion eines Abbildungs-Index übernehmen, in
dem die Abbildung auf Mikrofiche eine Vororientierung erlaubt und die
Quellenangaben dann das Auffinden der Abbildung in besserer Qualität
ermöglichen. Doch steht dieser Nutzung der Witt Library die heterogene
Qualität der Angaben auf den Mikrofiches entgegen. Der andere Weg zu
qualitativ besseren Abbildungen, wie ihn etwa das Bildarchiv Foto
Marburg und Alinari anbieten, nämlich die Direktbestellung von
Abzügen, ist bei der Witt Library nicht möglich bzw. auf die Fälle
beschränkt, in denen sie Negative besitzt.
Interessant sind große Abbildungssammlungen gerade von Gemälden in
jedem Fall für ikonographische Fragestellungen und darüber hinaus
bieten sie leicht zugängliches Quellenmaterial für viele geistes- und
sozialwissenschaftliche Disziplinen. Hier läßt sich dann durchaus
nutzbringend mit Schwarzweißbildern auch in etwas minderer Qualität
(selbst hinsichtlich der Objektangaben) arbeiten. Allerdings setzt
dies entweder eine entsprechende Grundordnung der Sammlung voraus oder
aber ikonographische Registererschließung. Sehr gute Voraussetzungen
für diese Nutzung bietet von den besprochenen Abbildungssammlungen nur
der Marburger Index mit seinem vielfältigen und detaillierten
Registerangebot. Seine Größenordnung erlaubt zudem eine respektable
Ausbeute für viele derartige Recherchen. Der Zusatz zum Sachtitel
Inventar der Kunst in Deutschland bedeutet jedoch - insbesondere
jenseits der Architektur - keineswegs eine Beschränkung auf Nachweise
"deutscher Kunst", sondern gerade bei der Reproduktion von Beständen
deutscher Museen Material zur bildenden Kunst verschiedenster
Provenienz und Länderschulen. Brauchbare thematische
Zugriffsmöglichkeiten bietet durch die Grundgliederung und die
gedruckte Systematik auch die Abbildungssammlung des Deutschen
Archäologischen Instituts in Rom, sowie - zumindest für die durch
Register erschlossenen Teilbereiche - auch das Alinari photo archive.
Beim Italien-Index und beim Index photographique de l'art en France
läßt sich das Fehlen thematischer Erschließungsmittel schon wegen der
vergleichsweise bescheideneren Größe dieser Sammlungen und wegen des
im Bereich Architektur liegenden und über die topographische
Grundordnung gut zugänglichen Verzeichnungsschwerpunktes eher
verschmerzen. Bei den immensen Sammlungen des Courtauld Instituts, und
hier insbesondere bei der auf Malerei und Graphik spezialisierten Witt
Library, mindert jedoch das Fehlen eines eigenen
Erschließungsinstrumentes für die nichtarchitektonischen
Teildisziplinen den Wert entscheidend; dies sollte auch mit Blick auf
den z.B. in Relation zum Marburger Index sehr hohen Preis dieser
beiden Sammlungen bedacht werden. Betrachtet man Genese, Zustand und
Größe dieser Londoner Sammlungen, so ist auch mit einer nachträglichen
Eigenerschließung realistischerweise nicht mehr zu rechnen. Für
Besitzer des Marburger Index allerdings gibt es schon jetzt eine gute
Kompensierungsmöglichkeit: Da die ikonographischen Register des
Marburger Index nicht nur zu den Abbildungen in der Marburger Sammlung
selbst führen sondern in vielen Fällen zusätzlich auf entsprechende
Bestände der Witt Library verweisen und hierfür die Angaben der
Mikrofiche-Edition verwenden, können die Marburger Register
Erschließungsfunktion auch für die Witt Library übernehmen und große
Teile dieser Sammlung effektiver nutzbar machen. In der Kombination
mit den Registern des Marburger Index wird somit auch die Witt Library
für ikonographische Fragestellungen zu einem brauchbaren
Nachweisinstrument.
Eine zusammenfassende Wertung der vorgestellten Abbildungssammlungen
ist nur sehr bedingt möglich. Schon der Rahmen der einzelnen
Mikrofiche-Editionen unterscheidet sich stark: er reicht von der
kompletten Reproduktion eines inhaltlich wie geographisch "offenen"
Bilderpools, wie dies par excellence die Sammlungen des Courtauld
Institute darstellen, bis zur klar begrenzten Inventarisierung für
einen geographischen Bereich mit standortorientierter, umfassender
Objekterfassung und -beschreibung, wie dies insbesondere den Marburger
Index auszeichnet. Dagegen kann sich ein Vergleich der besprochenen
Sammlungen an gemeingültigen Bewertungskriterien wie Ordnungsprinzip,
Erschließungsmöglichkeiten, ergänzende Hilfsmittel, Qualität des
Abbildungsmaterials, Qualität der technischen Aufbereitung und
Präsentation für die Benutzung usw. orientieren: In dieser Hinsicht
wurde deutlich, daß der Marburger Index unübertroffene Maßstäbe setzt,
daß aber auch der Index der antiken Kunst und Architektur und das
Alinari photo archive akzeptable Lösungen anbieten. Trotzdem kann
dieser Bewertungsraster nicht in jedem Fall den Ausschlag geben:
entscheiden müssen vorrangig inhaltliche Kriterien und Bedürfnisse,
und hier sind die vorgestellten Sammlungen wiederum nur in sehr
geringem Maße vergleichbar bzw. austauschbar. So sind trotz aller
Mängel die Sammlungen des Courtauld-Institute insbesondere zur
britischen Kunst und Architektur konkurrenzlos. Dies gilt in
bescheidenerem Maße auch für Frankreich hinsichtlich des Index
photographique de l'art en France; hier können aber durchaus als gute
inhaltliche Ergänzung der Architekturteil der Conway Library und für
die Malerei die entsprechenden Bestände der Witt Library herangezogen
werden. Vielfältiger scheint auf den ersten Blick mit drei
Abbildungssammlungen das Angebot zu Kunst und Architektur in Italien
zu sein; doch wie die Besprechung zeigte, sind die
Sammlungsschwerpunkte nicht kongruent: die Sammlung des Deutschen
Archäologischen Instituts in Rom wird für den auf die Antike
spezialisierten Interessenten die wichtigste sein; für eine
umfassendere, insbesondere auch die nachantiken Epochen
berücksichtigende Querschnittsdokumentation werden das Alinari photo
archive und der Italien-Index die geeignete Ausstattung sein, wobei
Alinari, Brogi und Anderson der besondere Wert historischen Materials
eignet. Eine allen differenzierteren Ansprüchen genügende Ausstattung
sollte für Italien jedoch alle drei Abbildungssammlungen anbieten.
Zwar können auch für Italien zu Einzelbereichen - ebenso wie noch für
manch andere Länder - die Sammlungen des Courtauld Institute etliches
Ansichtsmaterial liefern doch wird man im vorliegenden Fall mit Blick
auf die besser aufbereiteten Inventare auf diese Abbildungsbestände
meistens verzichten können. Was die Kunst in Deutschland betrifft, so
liegt mit dem Marburger Index ein durch die Supplemente inzwischen
zunehmend exhaustives und durch Register ausgezeichnet erschlossenes
Inventar vor, das auch über das Fach Kunst hinaus zur Ausstattung
jedes größeren Informationsbestandes zählen sollte.
Angela Karasch
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