Die Ziele der Reihe und die Bearbeitungsprinzipien haben sich seit
Beginn nicht geändert und finden sich fast wortwörtlich auch im
Vorwort zu einem der neuesten Bände wieder: "Mit der Reihe ... wird
ein Korpus der wichtigsten Kunstdenkmäler im Bild geschaffen, das
Fachmann und Kunstfreund einen Eindruck von den Werken der Kunst in
den einzelnen deutschen Gebieten vermitteln soll. Das Handbuch will
freilich keine Kunstgeschichte der Landschaft bringen, sondern
vielmehr ein unter wissenschaftlichen und fotografisch-künstlerischen
Gesichtspunkten ausgewähltes Bildmaterial [früher noch: der
prägnantesten Denkmäler der Kunst] zu einem handlichen Nachschlagewerk
zusammenfügen." Erst in neueren Bänden heißt es dann weiter: "(Das
Handbuch) bietet zugleich das reichste Anschauungsmaterial, das heute
greifbar und doch praktikabel ist."[1] Was den angeblich unübertroffenen
Reichtum des Anschauungsmaterials angeht, so trifft das spätestens
seit dem Vorliegen des Marburger Index natürlich nicht mehr zu,[2]
weshalb man annehmen kann, daß der Hinweis auf die Praktikabilität der
Bildhandbücher auf deren Vorzüge gegenüber den Mikrofiche-Archiven
anspielt, die zwar gleichfalls praktikabel sind, die allerdings eines
Lesegerätes zur Benutzung bedürfen und darüber hinaus sowohl das
Budget als auch die Bedürfnisse zumindest des "Kunstfreundes"
übersteigen.
Ein wesentlicher Unterschied zu den Bildarchiven auf Mikrofiche
besteht auch darin, daß das Bildhandbuch "die in Museen gelangten
Kunstwerke" in aller Regel nicht berücksichtigt. Was die Abgrenzung zu
den "Kunstgeschichten der einzelnen Landschaften" betrifft (soweit
solche überhaupt existieren), so können die den Bänden vorangestellten
knappen Einleitungen mit einem Abriß der Territorialgeschichte,
gefolgt von kurzen Übersichten über die kunstgeschichtlichen Epochen
solche nicht ersetzen. Den Hauptteil bilden jeweils ca. 350
ganzseitige Schwarzweißphotos (lediglich die zuletzt erschienenen
Bände für Italien enthalten vornweg eine kleine Zahl von Farbphotos).
Die Anordnung folgt i.a. dem Ortsalphabet; Ausnahmen sind in
Sonderfällen möglich, so etwa im ersten der oben aufgeführten Bände,
in dem die in etwa chronologisch geordneten Abbildungen zu Berlin
denen der Orte Brandenburgs vorangehen. Auf den Bildteil folgt in
derselben ortsalphabetischen Anordnung eine knappe, auf Faktisches
beschränkte Beschreibung der Denkmäler als Ensemble, häufig von einem
Grundriß begleitet und unter Markierung der Details, für die der
Bildteil ein Photo bereithält. Ein Hinweis am Schluß dieser Artikel
nennt die Koordinaten, in denen der Ort auf der jedem Band
beigegebenen Kartenskizze zu finden ist. Der Informationsgehalt dieser
Karten ist leider sehr unterschiedlich und für eine sichere
Orientierung nicht immer zureichend. So handelt es sich bei der
Kartenskizze im Band Mecklenburg-Vorpommern um eine reine
Umrißzeichnung mit den Außengrenzen und dem Ostseestrand (was man
wissen muß, da eine Beschriftung fehlt), den Umrissen der Seen
(gleichfalls ohne Bezeichnung) und schließlich den Orten mit
Signaturen in drei unterschiedlichen Größen (die nicht erklärt werden)
mit der Namensbeischrift; Flüsse und vor allem Fernstraßen, die zur
Orientierung wichtig sind, fehlen ebenso wie ein Vergleichsmaßstab;
letztere drei sind bei den übrigen Bänden vorhanden; für Berlin gibt
es zusätzlich einen Stadtplan, in dem die Hauptstraßen (allerdings
ohne Beschriftung) und die Objekte mit ihren laufenden Nummern
eingetragen sind; beschriftet sind lediglich die Stadtteile, ohne daß
ihre Begrenzung eingezeichnet wäre. Jeder Band enthält ferner ein
Register der abgebildeten Objekte nach kunsthistorischen Epochen sowie
ein Register der erwähnten Künstler.
Bleibt zu prüfen, wie sich die neuen Ausgaben von ihren Vorgängern
unterscheiden. Während die Verlagswerbung durchweg "völlig neu
bearbeitete Auflagen" ankündigt, bezeichnen sich die Bände selbst nur
als "überarbeitet", was die Sache eher trifft, und einmal sogar nur
als "verbessert". Änderungen waren zum einen wegen der neuen Ziehung
der Ländergrenzen nach der Wiedervereinigung nötig, da sich die
früheren Auflagen natürlich an den damaligen Bezirksgrenzen
orientierten. So beginnt die 3. Aufl. des Bandes Sachsen jetzt mit
Annaberg-Buchholz, während in der 1. Aufl. Altenburg am Anfang stand,
das man künftig in in der 4. Auflage des Bandes Thüringen[3] suchen muß.
Stichproben ergaben, daß, "bestimmt von dem Bemühen, die Kunstwerke in
ihrem derzeitigen Zustand darzustellen"[4], relativ wenige Photos
unverändert beibehalten wurden, wohl u.a. auch dann, wenn große
Restaurierungsmaßnahmen noch nicht abgeschlossen sind oder noch
bevorstehen. Andere Photos zeigen bereits den Zustand nach
Restaurierungen, wieder andere sind, ohne daß am Objekt Veränderungen
sichtbar sind, neu aufgenommen worden, was man manchmal nur an einem
leicht verschobenen Blickpunkt oder einem etwas veränderten Ausschnitt
feststellen kann. Auch Denkmäler des 19. und 20. Jahrhunderts finden
in den neuen Bänden Berücksichtigung, allerdings in geringer Zahl und
entsprechend strikter Auswahl, die durch den relativ einheitlichen
Umfang der Bände diktiert ist, der eine Vermehrung der Abbildungen für
diese Objekte nur auf Kosten der unverzichtbaren Bauten früherer
Jahrhunderte ermöglichen würde.
Um zu der eingangs eher rhetorisch gestellten Frage zurückzukommen:
natürlich haben die Mikrofiche-Archive und diese Bildhandbücher
nebeneinander ihren Platz, haben sie doch beide unterschiedliche
Funktionen: Letztere vor allem als Illustration zum nicht
illustrierten Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler und zu den
inadäquat illustrierten Bänden von Reclams Kunstführer. Deutschland,
der übrigens keine Bände für die neuen Bundesländer hat und auch, so
wie die Dinge stehen, nie haben wird. Nicht zuletzt dienen die
Bildhandbücher dazu, beim reisenden Kunstfreund Appetit zu wecken, den
er dann vor Ort mit Dehios oder Reclams Rat stillen kann.
sh
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