Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus: Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 2(1994) 1
[ Bestand in K10plus ]
Musikwissenschaftliches Arbeiten
- 94-1-095
-
Musikwissenschaftliches Arbeiten : Hilfsmittel, Techniken,
Aufgaben / Nicole Schwindt-Gross. - Kassel [u.a.] :
Bärenreiter-Verlag, 1992. - 211 S. ; 21 cm. -
(Bärenreiter-Studienbücher Musik ; 1). - ISBN
3-7618-1052-0 : DM 34.00
- [1910]
"Das erste wirklich elementare Lernbuch, das die praktischen Probleme
an Hochschule, Universität und im Berufsleben des Musikers und
Musikwissenschaftlers aufgreift und Lösungsvorschläge anbietet" will
dieses 211 Seiten starke Büchlein laut Klappentext sein, und
tatsächlich: zieht man andere sogenannte Lehr- und Handbücher der
Musikwissenschaft vergleichend heran, zeigt sich ein gravierender
Unterschied im pädagogischen Anliegen. Husmanns Einführung in die
Musikwissenschaft[1] ebenso wie Krefts Lehrbuch der Musikwissenschaft[2]
wollen Inhalte aus jeweils fachspezifischen Blickwinkeln vermitteln,
Husmann eine "pragmatische Musikästhetik", Kreft ein "Verständnis von
Musik in allen ihren Aspekten". Nicole Schwindt-Gross dagegen
verzichtet auf eine ausführliche wissenschaftstheoretische Diskussion.
Ihre "Einführung in das Themengebiet: Arbeitsbereiche und Verfahren
der Musikwissenschaft" umfaßt nicht mehr als 12 Seiten.[3] Dem
theoriescheuen Novizen rät sie gar, dieses Kapitel - zunächst - zu
überschlagen. Die Autorin will dem Leser stattdessen konkrete
Hilfestellung leisten beim Umgang mit den fachspezifischen Quellen,
die in Kapitel 2 - 5 dargestellt werden: Kapitel 2: Begriffserklärung,
Differenzierung in Primärquellen, reproduzierte Primärquellen,
Sekundärquellen, feingegliedert in die jeweils einzelnen
Erscheinungsformen wie Schallquellen, Sachquellen, Bildquellen,
wortsprachliche Quellen usf.; Kapitel 3: Das Auffinden und Nachweisen
von Quellen : Bibliographieren; Kapitel 4: Das Beschaffen von Quellen
: Bibliothekskunde (mit Erklärung der unterschiedlichen
Bibliothekstypen, Kataloge, der Katalogregeln sowie Bestell- und
Benutzungsmodalitäten). Kapitel 5 schließlich gibt eine Anleitung zum
textkritischen Arbeiten mit den Quellen. Das letzte Kapitel handelt
- weniger fachspezifisch, aber dennoch hilfreich - vom Verfassen einer
universitären Arbeit (Referat, Hausarbeit). Diese Aufzählung macht
deutlich: Die Arbeitstechniken, die die Autorin zu vermitteln
trachtet, nützen vor allem dem musikhistorisch Forschenden. Die
Ethnomusikologie mit ihrem eigenen wissenschaftlichen Instrumentarium,
etwa der Feldforschung, und der diesem Forschungszweig eigenen
quellenkritischen Problematik, desgleichen die Akustik oder
Musikpsychologie werden nur einführend als Teilbereiche der Disziplin
erwähnt. Hilfsmittel - Techniken - Aufgaben aber zielen ausschließlich
auf den Bereich der historischen Musikwissenschaft.
Das Buch ist reich an Beispielen, graphisch anschaulich und
übersichtlich gestaltet, und mit einem hilfreichen Sachregister
ausgestattet. Die meisten der Unterkapitel schließen mit praktischen
Aufgaben zur Einübung der Techniken, die den Leser in der Regel zu den
zuvor besprochenen Quellen führen. Die Autorin schreibt einen
flüssigen Stil, der die nicht selten trockene und zunächst wenig
anschauliche Materie lesbar macht. Wichtige Merkwörter im Text sind
durch Kursivsatz hervorgehoben. Die mitunter deutlich dominierende
bibliothekarische Terminologie, im Seminarbetrieb an der Universität
erfahrungsgemäß kaum gebräuchlich, ist stets angemessen erklärt, mit
den Worten der Autorin gesprochen, "so einfach wie möglich und so
kompliziert wie nötig" (S. 166). Der bibliographische Teil am Ende der
einzelnen Unterkapitel bzw. die bibliographischen Einsprengsel im
Fließtext, die als Anregung gedacht sind und fast ausschließlich die
besprochene Grundlagenliteratur und allerwichtigsten Quellen
verzeichnen, sind zwangsläufig, gemessen an der Menge des
Verzeichneten, den "Standard"-Bibliographien des Faches, Lanzke,
Oehl/Pfarr und Duckles/Keller[4], unterlegen. Dennoch sind die stets
kompetenten Annotationen zu einzelnen Werken - wenn auch leider nicht
zu allen[5] - äußerst nützlich, vor allem, da die Autorin stets im
Hinblick auf die Praxis und allermeist auch vergleichend kommentiert
(etwa die Abgrenzung zwischen MGG und New Grove, Dtv-Atlas und
Riemann-Sachlexikon). - Ein zuverlässiges, kompetentes und lehrreiches
Buch, dem möglichst zahlreiche Nutzer - Leser wäre zu wenig - zu
wünschen sind.
Reiner Nägele
- [1]
- Einführung in die Musikwissenschaft / Heinrich Husmann.
- Wilhelmshaven : Heinrichshofen, l975. - 291 S. (Taschenbücher zur
Musikwissenschaft ; 40).
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- [2]
- Lehrbuch der Musikwissenschaft / hrsg. von Ekkehard Kreft.
- Düsseldorf : Schwann, l985. - 699 S.
(zurück)
- [3]
Die gängige - aber durchaus anfechtbare - disziplinäre Dreiteilung
des Faches, wie sie im Memorandum über die Lage der Musikwissenschaft
in der Bundesrepublik Deutschland Mitte der 70er Jahre festgeschrieben
wurde (vgl. hierzu Die Musikforschung. - 29 (1976), S. 249 - 256),
übernimmt die Autorin nahezu unkommentiert.
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- [4]
- Wo finde ich Informationen über Musik, Noten, Tonträger,
Musikliteratur / Heinz Lanzke. - Berlin : Berlin-Verlag-Spitz.
- (Orientierungshilfen ; 22). - Bd. 1. Musikdokumente und
Musiksammlungen, Musiklexika, Musikgeschichte, Musikleben. - l99O
[erschienen l989]. - 260 S. - Bd. 2. Musikbibliographie, A.
Bibliographie der Bibliographien, Musikverzeichnisse (musikalische
Werke und ihre Ausgaben). - 1992. - 251 S.
- Musikliteratur im Überblick : eine Anleitung zum Nachschlagen / Kurt
Oehl ; Kristina Pfarr. - Lizenzausg. ... der Wissenschaftlichen
Buchgesellschaft, Darmstadt. - Mainz [u.a.] : Schott, [1988]. - VI,
157 S. Orig.-Ausg.: Darmstadt : Wissenschaftliche Buchgesellschaft,
1988.
- Music reference and research materials : an annotated bibliography.
- 4. ed. / Vincent H. Duckles ; Michael A. Keller. - New York :
Schirmer ; London : Collier Macmillian, l988. - XV, 714 S.
- Zu einer kritischen Bewertung dieser Bibliographien vgl. die
Rezensionen in ABUN in ZfBB 36 (1989),4, S. 354 - 356, 37 (1990),3, S.
254 - 255 und IFB 93-1/2-070.
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- [5]
- Johann Matthesons Grundlage einer Ehren-Pforte oder Fran‡ois-Joseph
Fétis' Biographie universelle des musiciens z.B. werden nur als
"ältere Lexika, die man während des Studiums kennenlernen sollte",
aufgezählt. Bei Lanzke dagegen sind sie annotiert. Mitunter ist die
Auswahl der von der Autorin angeführten Literatur nicht im einzelnen
begründet, aber aus Kenntnis der Praxis nachvollziehbar.
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