Die auf rigoroser Selektion beruhenden Auswahlbibliographien wenden
sich in erster Linie an Dozenten und Studenten der (germanistischen)
Linguistik; im Vordergrund stehen die Bedürfnisse von Lehre und
Studium in universitären Seminaren, beabsichtigt sind Anregungen zum
Selbststudium. In der Regel überwiegen germanistische Publikationen,
monographische Veröffentlichungen sind stärker vertreten als die
unselbständig erschienene Literatur, einführende, grundlegende
Arbeiten wurden eher gewählt als spezielle Studien, leicht zugängliche
eher als schwer erreichbare, neuere Titel eher als ältere; insgesamt
dominiert die Publikationssprache Deutsch. Auch aufgrund dieser
Vorgaben ist letztlich nur ein verschwindend geringer Teil der
Forschungsliteratur verzeichnet. So finden sich beispielsweise in der
Bibliographie zur Textlinguistik nur etwa 300 Titel auf insgesamt 27
Seiten. Die Bibliographie zur Negation verzeichnet gerade 340 Titel,
während eine schon 1987 erschienene Bibliographie zum selben Thema
bereits 3.147 Titel enthält, obwohl sie sich als basic bezeichnet.[1]
Der in Bd. 2 enthaltene Hinweis, die vorliegende Bibliographie sei
eine Hilfe beim Bibliographieren, könne dieses jedoch nicht ersetzen
(unpaginiertes Vorwort), gilt wohl für alle Bibliographien.
Die Bibliographien sind grob- bzw. gruppensystematisch geordnet: Die
geringe Gliederungstiefe reicht angesichts der geringen Titelzahl auch
aus (in Bd. 1: 13 Gruppen für 340 Titel, in Bd. 4: 5 Gruppen für 360
Titel). Es handelt sich um Titelbibliographien, denen in den meisten
Fällen - d. h. den Bd. 1, 2, 4, 5, 7, 8 - Deskriptoren in Sigelform
beigegeben sind.[2] Da diese Sigel im übrigen kaum einen Ersatz für
räsonnierende Annotierung und damit echte Orientierung bieten können,
ist der Anspruch, vornehmlich den Studierenden der Linguistik zu
nutzen, in Frage gestellt, selbst wenn man den Bibliographien
zugestehen wird, daß die Titelauswahl durch Spezialisten erfolgt, die
in dem jeweiligen Fachgebiet ausgewiesen sind.
Bis auf Bd. 6 enthalten alle Bände ein Sachregister. Die Einträge der
Sachregister, als deren Grundlage - soweit vorhanden - die den
einzelnen Titeln in Sigelform beigegebenen Deskriptoren dienen,
favorisieren "weite", gelegentlich kaum noch aussagefähige
Deskriptoren: Beispielsweise enthält die Bibliographie zur Negation
einen Registereintrag Semantik, der auf 154 Titel der insgesamt ca.
340 Titel verweist. Mit Ausnahme von Bd. 4 enthalten alle Bände
zusätzlich ein Autorenregister.
Dem bibliographischen Teil ist jeweils eine kleine thematische,
zumeist gewinnbringend zu lesende Einführung vorangestellt, die hin
und wieder auch Vorschläge für Seminarübungen enthält.
Von den dem Rezensenten zur Verfügung stehenden Disketten (alle
MS-DOS-kompatibel und im Format 3,5''[3]) hatte eine einen gravierenden
technischen Defekt: Die Verschlußkappe war mit einem Etikett
zugeklebt. Die nutzbaren Datenträger ließen die - für elekronische
ebenso wie für Print-Medien gewünschte - planerische und editorische
Sorgfalt vermissen. Die Disketten, die eines eigenen Editors
entbehren, enthalten teilweise nur unformatierte Textdateien,
teilweise überdies feldorientierte ASCII-Dateien, die beide in die
gängigen Textverarbeitungsdateien eingelesen werden können. Inwieweit
die feldorientierten ASCII-Dateien, wie vom Verlag angekündigt,
tatsächlich in Datenbanken einlesbar sind, konnte vom Referenten nicht
überprüft werden. Teilweise befindet sich der gesamte Text des Heftes
auf Diskette, teilweise der bibliographische Teil mitsamt Register,
teilweise nur der bibliographische Teil. Verstoßen wird somit gegen
den datenorganisatorischen Grundsatz, daß die einzelnen Datenträger
einer derartigen Reihe selbstverständlich nach einer einheitlichen
konzeptionellen und redaktionellen Vorgabe zu organisieren sind und
die einzelne Diskette auch sämtliche "Paratexte" des Buches enthalten
sollte. In einigen Fällen findet sich zusätzlich auf der Diskette eine
Informationsdatei, die in einem Fall ungeschickterweise Info.TXT
genannt wurde; besser hätte man in der Dateienbezeichnung ein
mnemotechnisches Kürzel gewählt, das nicht in Konkurrenz zu gängigen
Bezeichnungen von Informationsdateien der zur Zeit geläufigen
Textverarbeitungssysteme steht. In willkürlich gewählten
Dateienbezeichnungen wie z. B. STS1-A.AUS (Diskette 1) SACH.ASC
(Diskette 3), STS5FEL.TXT (Diskette 5), SBS6-F.TXT (Diskette 6) tritt
der Verzicht auf homogene und transparente Datenarchitektur
augenfällig zutage. Auch die Vorteile des interaktiven Zugriffs und
der nicht-linearen Recherchemöglichkeiten halten sich bei dem geringen
Umfang der Bibliographien doch wohl eher in Grenzen.
Fazit: eine Heftchen- und Diskettenreihe von höchst zweifelhaftem
Wert, ohne Leitidee, Architektonik, Profil, Zuschnitt,
bibliographischen "Biß", ohne wissensorganisatorische Einheitlichkeit
und Professionalität, geschweige denn Eleganz. Mag sie der
germanistischen Institutsbibliothek dennoch dienlich sein, so ist sie
für die Universalbibliothek - auch aufgrund der fehlenden
Erwartbarkeit weiterer Themen - kaum von Interesse.
Werner Bies
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