Noch vom Penguin-Verlag wurden in den achtziger Jahren Format und Layout der Reihe geändert. An die Stelle der repräsentativen Foliobände traten wahlweise als Paperback oder als gebundene Ausgabe erhältliche Bände handlichen Formats (22 x 15 cm). Gleichzeitig wurde die ursprüngliche Trennung von Text- und Tafelteil (mitsamt der für die Abbildungsqualität vorteilhaften Verwendung von Hochglanzpapier) aufgegeben und der für den Text übliche Großdruck durch einen zweispaltigen Schriftspiegel in einer kleineren Type ersetzt. In dieser Gestalt sind 1987 der Band von White und 1989 der von Freedberg, deren Erstausgaben aus den Jahren 1966 bzw. 1970 datieren, in überarbeiteter Neuauflage vorgelegt worden. Während damals die Eingriffe in Text, Anmerkungsapparat und Literaturverzeichnis substantiell waren, beschränken sich die Ergänzungen in der nach wenigen Jahren soeben erschienenen dritten Bearbeitung dieser "Klassiker" zur italienischen Kunst auf den bibliographischen Anhang (Freedberg änderte außerdem den Text einiger weniger Anmerkungen). Als weitere Neuerung werden erstmals 75 Farbreproduktionen geboten. Die farblich getreuen Wiedergaben sind ein Gewinn, der den Qualitätsverlust bei den wegen des reduzierten Buchformats oftmals stark verkleinerten und speziell im Band von Freedberg viel zu dunklen Schwarzweißabbildungen nur teilweise aufwiegt. Durch das Einstreuen der Reproduktionen in den Text bleibt weiterhin die in der Erstausgabe dem Benutzer freigestellte Möglichkeit verloren, sich durch das bloße Blättern im Tafelteil über stilistische Entwicklungen und regionale Schulen zu informieren.
Die Aufwertung des Textes hat mit den weiteren hier zu besprechenden
Bänden von Dodwell und Levey neue Ausmaße angenommen. Mit diesen
beiden Werken wird - möglicherweise als Reaktion auf die mit dem
Taschenbuchformat verbundenen Nachteile - an das bewährte Folioformat
angeknüpft, ohne jedoch die ursprünglichen Maße beizubehalten;
vielmehr sind die neuen Bände mit 30 x 22 cm noch größer dimensoniert.
Übernommen wurde das zweispaltige Layout und die Einfügung der
Abbildungen im unmittelbaren Umfeld zu ihrer Erwähnung im Text. In
beiden Fällen wurde die Anzahl der Schwarzweiß-Abbildungen erhöht und
um 75 Farbtafeln erweitert. Dodwell hatte in der 1. Auflage (1971)
seines Buches Painting in Europe, 800 to 1200, noch mit insgesamt 240
Reproduktionen auskommen müssen; in der neuen Bearbeitung werden deren
400 angeboten. Levey, dem nun 300 Abbildungen eingeräumt wurden, mußte
sich 1972 sogar mit 201 begnügen, da in der 1. Auflage nicht nur die
französische Malerei und Skulptur des 18. Jahrhunderts, sondern auch
die Architektur dieser Epoche in einem Beitrag von Wend Graf Kalnein
behandelt worden war.[1] Die Illustrationsdichte im Verhältnis zum Text
ist dabei nicht wesentlich gesteigert worden, denn die Mehrzahl der
ergänzten Abbildungen geht auf eine Neukonzeption und eine inhaltliche
Ausweitung der Bücher zurück. Da dieser Befund im Fall von Leveys
Beitrag durch die Ausklammerung der Architektur offensichtlich ist,
soll darauf am Beispiel von Dodwells Band zur mittelalterlichen
Malerei näher eingegangen werden. In der 2. Auflage sind die Kapitel
zu den textilen Künsten und der Glasmalerei sowie zur irischen,
anglo-sächsischen und zur romanischen Malerei zwischen 1100-1200 in
England hinzugekommen. In der Erstausgabe hatten die zuletzt genannten
Abschnitte noch gefehlt, weil die englische Kunst des Mittelalters
1954 in einem anderen Band der Reihe separat abgehandelt worden war.[2]
Diese Ausweitungen wirkten sich bis in den Buchtitel aus: Der Titel
von Dodwells Buch lautet nun nicht mehr Painting in Europe, 800 to
1200, sondern The pictorial arts in the West, 800 to 1200. Ein Blick
in den Anmerkungsapparat verrät, daß gerade in den zusätzlichen
Kapiteln der neueste Forschungsstand kommentiert und referiert wird
(insbesondere zur englischen Malerei, einem Forschungsgebiet des
Autors). Dagegen vermißt man in einigen der übernommenen Kapiteln eine
entsprechende Aufbereitung; z.B. fehlen in der Einführung in die
deutsche Buchmalerei des 12. Jahrhunderts Hinweise auf Faksimiles und
auf die von der DFG geförderten Kataloge der illuminierten
Handschriften. Ebenfalls vervollständigt wurde die Sammlung
schriftlicher Belege zu den in den verschiedenen Medien tätigen
Künstlern; insgesamt ist der Text dadurch wesentlich umfangreicher
geworden. Stillschweigend modifiziert wurde dabei die vom Autor 1971
bis in die Überschriften hinein vorgetragene These vom Einfluß der
byzantinischen auf die westliche Kunst.
Angesichts sowohl der Tatsache, daß Bände dieser Reihe unter nunmehr
zwei verschiedenen Titeln und in drei unterschiedlichen Formaten im
Umlauf sind, als auch der Beobachtung, daß mehrere Abschnitte von
Dodwells Buch inhaltlich mit einem weiteren, wenn auch veralteten Band
derselben Serie überlappen, stellt sich die Frage nach der zukünftigen
formalen Gestaltung der Reihe und nach ihrer Konzeption. Die
vorliegenden, von denselben Autoren nach Jahrzehnten vorgenommenen
Revisionen können auch als Dokumente der kunsthistorischen
Forschungsgeschichte verstanden werden, wobei zu berücksichtigen ist,
daß jeder Band weitgehend von der persönlichen Sicht des Verfassers
und von seinem Forschungsansatz geprägt ist.
Christine Sauer
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