Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus: Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 2(1994) 2
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Katalog der Musikalien in der Schermar-Bibliothek Ulm
- 94-2-297
-
Katalog der Musikalien in der Schermar-Bibliothek Ulm /
beschrieben von Clytus Gottwald. - Wiesbaden :
Harrassowitz, 1993. - XXVI, 185 S. ; 24 cm.
- (Veröffentlichungen der Stadtbibliothek Ulm ; 17). -
ISBN 3-447-03420-3 : DM 128.00
- [1935]
Dies scheint auf den ersten Blick ein Auskunftswerk zu sein, das sich
ausschließlich dem Fachwissenschaftler empfiehlt, trotz der Zuversicht
des Autors, es könne ebenso dem "interessierten Amateur", dem
"praktizierenden Musiker" und sogar dem "fachfremden
Bibliotheksbenutzer" von Nutzen sein. Ein frommer Wunsch, so mag man
denken, für ein Verzeichnis von "obskuren" Archivbeständen - wer hat
denn je etwas von Anton Schermar[1] gehört? - , verwaltet in der
Stadtbücherei einer nicht einmal mittelgroßen Kreisstadt im
Oberschwäbischen. Natürlich ist dem nicht so. Die Bedeutung dieser
Sammlung - resp. einzelner Objekte - ist in der Musikwissenschaft
unbestritten,[2] und der Autor des Katalogs ist als ausgewiesener Kenner
alter Musik und versierter Katalogisierer[3] in Fachkreisen bestens
bekannt. Gleichwohl soll in dieser Rezension die Bewertung des
inhaltlichen Aspekts - die unbestritten wichtige Forschungsleistung
- zugunsten einer formalen Analyse und Präsentation zurücktreten. Der
Katalog, gerade wegen seiner formalen Vorbildlichkeit, diene als Typus
einer Fülle von ebensolchen Verzeichnissen, an die sich oftmals nicht
einmal praktizierende Musiker, geschweige denn "fachfremde
Bibliotheksbenutzer" wagen. Gar zu spröde, ja abweisend scheinen Form
und Sprache. Zahlreiche Fachtermini - "blaue und rote Lombarden,
gelegentlich farblich gespalten, schwarze Cadellen, Rubriken rot" (S.
11, Misc.98) und kryptische Kürzel - "Aa2-Kk3" (ebd.) - erschweren den
Zugang. Nun, ein Katalog oder Verzeichnis von Musikalien ist kein
Lesetext. Für den aber, der zu lesen versteht, ob Forscher oder
Praktiker, ist ein solcher Katalog das "Sesam-öffne-Dich" zu bislang
unbekannten und nicht selten aufregenden Quellen. Gerade ältere,
bislang nicht erschlossene Bestände bergen oft Schätze, die darauf
"warten", für den praktischen oder konzertanten Gebrauch
wiederentdeckt zu werden.
Der vorliegende Katalog ist ein sogenannter "thematischer", da der
Autor die Anfangstakte der Musikstücke mit notiert.[4] Nur so ist eine
Konkordanz mit anderen Archivbeständen möglich, oder auch eine
nachträgliche Identifizierung von Stücken durch andere Forscher.
Aufgabe einer solchen Katalogisierung ist deshalb eine möglichst
präzise Beschreibung jedes einzeln vorliegenden Archivstückes
("Miscellanea"). Die Einträge sind formal identisch. Jedes zu
beschreibende Stück wird im Katalog unter seiner
Archivverzeichnis-Nummer aufgeführt, z.B. "Misc.94" (dies diene auch
im folgenden als Beispiel). Danach folgt ein vom Autor normierter
Titel, "Adriano Banchieri: Canzonette … tre voci". Nach der
materiellen Beschreibung: "Drei Stimmbücher; Lagen-Signaturen A2-C2
(Canto) ... moderner blauer Pappeinband" wird das Originaltitelblatt
unter Angabe des Zeilenfalls zitiert, denn nur so läßt sich dessen
Layout für einen Vergleich etwa verschiedener Ausgaben rekonstruieren:
"Canto/ DI ADRIANO/ Banchieri/ Bolognese,/ Canzonette a tre
voci/novamente, ...". Es folgen der Text der Titelrückseite, die
Anfangstakte der Stücke ("Incipits") und, sofern gegeben, eine kurze
Bibliographie der Sekundärliteratur bzw. Verweisungen auf andere
Verzeichnisse (im vorliegenden Fall ist meistens die RISM-Nummer
angegeben). Mit dem Kritischen Bericht zu Beginn des Katalogs, in
welchem der Autor die Prinzipien seines Vorgehens offenlegt[5], rundet
sich das Bild dieses nunmehr verzeichneten und damit für die
Öffentlichkeit nutzbar gemachten Bestandes.
Reiner Nägele
- [1]
- Der Ulmer Patrizier Schermar, der von 1604 - 1681 lebte, vermachte
seine ca. 2.200 Bände umfassende Bibliothek seiner Vaterstadt; der
Bestand an Musikalien aus dem 16. und frühen 17.Jh. besteht aus 36
Drucken und 12 Handschriften, darunter den berühmten Misc.235 - 237.
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- [2]
- S. den Artikel Ulm. // In: Die Musik in Geschichte und Gegenwart.
/ hrsg. von Friedrich Blume. - Kassel [u.a.] : Bärenreiter. - Bd. 13
(1966), Sp. 1046.
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- [3]
- Von Clytus Gottwald bislang katalogisierte und publizierte Bestände
von Musikhandschriften befinden sich in folgenden Sammlungen:
Württembergischen Landesbibliothek Stuttgart, Germanisches
Nationalmuseum Nürnberg, Staats- und Stadbibliothek Augsburg,
Universitätsbibliothek München, Universitätsbibliothek und anderen
öffentlichen Sammlungen in Freiburg im Breisgau und Umgebung.
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- [4]
- Bei Kompositionen allerdings, die in gedruckten Ausgaben bereits
vorliegen, entfallen die Incipits, da ihre Zitierung den Katalog
unnötig aufgeschwemmt hätte.
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- [5]
- Indem er das Instrumentarium rechtfertigt, mit welchem er zu
Datierungsergebnissen kommt (z.B. Wasserzeichen), einen Überblick über
die Forschungslage gibt und problematische Einträge diskutiert.
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