Nach Vorwort und Einleitung, in denen das Unternehmen begründet, Kriterien der Aufnahme und Eingrenzungen erläutert und die "grundsätzlichen Schwierigkeiten bei der Suche nach Autorinnen" beklagt werden, folgen Hinweise zur Benutzung und das Quellenverzeichnis. Der alphabetische Hauptteil wird von drei Namensregistern (Emigrantinnen, Pseudonyme, Familiennamen, die nicht zugleich Verfasserinnennamen sind) und einem chronologischen Register der Erstpublikationen begleitet; letzteres erlaubt über den reinen Titelnachweis hinausgehende Fragestellungen.
Die Bibliographie beschränkt sich auf selbständig erschienene Schriften, ohne Autopsie kompiliert aus diversen biographischen und (national-)bibliographischen Verzeichnissen und Katalogen. Sie geht von einem "umfassenden Literaturbegriff" (S. 12) aus, verzichtet aber, leider ohne Begründung, darauf, ebenso die publizistischen Tätigkeiten von Frauen als Übersetzerinnen oder Herausgeberinnen zu berücksichtigen; dies hätte die Veröffentlichungsliste mancher Autorin erweitert und mitunter gezeigt, daß die Verfasserin sich in der Frauenbewegung engagiert hat. Aufgenommen sind auch Autorinnen, die sich vorübergehend oder länger, beispielsweise im Exil, in der Schweiz aufgehalten und dort veröffentlicht haben. Emigrantinnen tragen in ihrem bibliographischen Eintrag jedoch lediglich einen entsprechenden Vermerk. Hier wäre eine Angabe über den Zeitraum des Schweizaufenthalts hilfreich gewesen und hätte überdies zur Individualisierung der einzelnen Frauen gedient. Übrigens war die jüdische Schriftstellerin Claire Goll auch Emigrantin, aber eben nicht in der Schweiz; in Genf hat sie zwar ein Studium begonnen, in Zürich sich an Dada-Aktionen beteiligt, aber vor den Nazis ist sie von Paris in die USA geflohen. Und die wenigsten werden wissen, daß die Schriftstellerin Ricarda Huch von 1887 bis 1896 in Zürich lebte, dort Geschichte studierte und anschließend als Bibliothekarin und Lehrerin tätig war. Sie und andere Nicht-Emigrantinnen werden ohne Hinweis auf den Grund ihres Aufenthalts in das Alphabet der Schweizerinnen eingereiht; nur das geographische Kürzel D weist auf die Herkunft.
Die chronologische Aufführung der Schriften einer Autorin erfolgt unter dem Namen, unter dem sie am häufigsten veröffentlicht hat; alle weiteren bekannten Namensformen werden genannt, und es wird von ihnen verwiesen. Hat eine Autorin am häufigsten unter einem Pseudonym geschrieben, ist sie unter diesem Namen überhaupt bekannt, wie z.B. Hans von Kahlenberg, so wird sie dennoch unter ihrem Familiennamen (Geburts- oder, sofern vorhanden, Ehenamen) aufgeführt - eine Inkonsequenz, die weniger stören würde, wenn bei den einzelnen Titeln vermerkt wäre, unter welchem Namen er nun veröffentlicht worden ist (doch wäre dazu Autopsie vonnöten gewesen). Alle Familiennamen, "die nicht zugleich Verfasserinnennamen sind" (S. 19), erscheinen noch einmal in einem Register, was notwendig ist, da diese zwar unter den Namensaufführungen eines Eintrags genannt werden, nicht aber im Alphabet der Einträge. Hier wäre ein gemeinsames Alphabet aller Namen, gegebenenfalls mit Verweisung auf den Haupteintrag, benutzungsfreundlicher gewesen.
Der Titel auf dem Einband der attraktiv gestalteten Bibliographie
suggeriert, man habe es mit einem Lexikon zu tun; neben einem Nachweis
der Schriften erhofft man sich also vor allem (werk-)biographische
Informationen, beispielsweise nach dem Muster des Lexikons
deutschsprachiger Schriftstellerinnen 1800 - 1945[1]. Lebensdaten,
Geburts- und Sterbeorte der Autorinnen werden noch mitgeteilt, alle
übrigen Informationen aber, die bei den Recherchen ja unweigerlich
angefallen sind, werden in sog. Dossiers und als Nachweise von
unselbständig erschienenen Beiträgen (Artikel) und Sekundärliteratur
(Sek.lit.) in der parallel zum Unternehmen gegründeten
Forschungsstelle Schweizer Autorinnen[2] bereitgehalten.
Das Erscheinen dieser Bibliographie ist unbedingt zu begrüssen, vor
allem, nachdem sich ein Nachschlagewerk amerikanischer Provenienz[3]
wegen der äußerst mageren Anzahl der darin berücksichtigten Schweizer
Schriftstellerinnen und wegen seiner mangelhaften bibliographischen
Angaben als Enttäuschung erwiesen hat. Die bibliothekarische Praxis
zeigt freilich auch, daß bei der Erforschung von Frauenliteratur das
Lexikon (mit referierenden Anmerkungen) als Typ von Nachschlagewerk
eher als die sog. reine Bibliographie gefragt ist. Der zwittrige
Charakter der vorliegenden Bibliographie weckt insofern Erwartungen,
die bei Gebrauch ernüchtert werden.
Jutta Bendt
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