Der Titel des vorliegenden Werkes verkennt nicht das spezifische
Spannungsverhältnis zwischen der kulturellen Tradition der britischen
Metropole und den Bemühungen um nationale Eigenständigkeit: Diaspora
ist hier nicht wertend auf die englischsprachige Literatur Indiens,
sondern geographisch auf die Literatur der außerhalb des Landes
lebenden Inder (im Sinne des Sub-Kontinents) bezogen.[1] Dieser engen
Definition genügen 58 Autoren, die bei der geringen Zahl ausführlich
dargestellt werden können. Die Einteilung der Artikel folgt dem
klassischen Schema: einer biographischen Skizze zum jeweiligen Autor
folgt eine interpretierende Zusammenfassung des Hauptwerkes bzw. der
Hauptthemen, eine Übersicht über die Rezeption dieser Werke schließt
an und eine Auswahlbibliographie der Primär- und Sekundärliteratur
beendet dann den in der Regel mehrseitigen Artikel. Enthalten sind
neben Autoren mit bereits etabliertem, weltweitem Ruf (Salman Rushdie,
V.S. Naipaul) auch new-comers (Vikram Seth, Shashi Tharoor oder Neil
Bissoondath), ebenso wie kontrovers (besonders in der indischen
Diaspora selbst) diskutierte Autoren (Hanif Kureishi, Suniti
Namjoshi). Die von unterschiedlichen Autoren stammenden Artikel sind
insgesamt faktisch orientiert, die Darstellung der Hauptwerke
beschränkt sich auf kurze, informative Inhaltsangaben, die Beiträge
zur Rezeption der einzelnen Werke sind, entsprechend dem teilweise
schmalen Oeuvre bzw. der bislang kurzen Schaffensphase der Autoren
entsprechend eingeschränkt. Sie enthalten sich dennoch einer dezidiert
eigenen Wertung und entsprechen damit dem hier zu erwartenden
Referat.
Insgesamt handelt es sich hier um einen informativen Führer zu einem
kleinen, paradigmatisch geprägten Teilgebiet der englischsprachigen
Literatur, einem Teilgebiet jedoch, das eine Reihe vorzüglicher
Autoren aufweisen kann. Da dieselben der Literatur von Ländern wie
Großbritannien, Kanada, den USA usw. angehören, sind sie, ob ihrer
Qualität, allerdings auch in den Nachschlagewerken zu diesen
Literaturen berücksichtigt.
Rudolf Nink
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