Teil 1 und 2 sind nicht, wie bei Gullath und Halton/O'Leary, primär als systematisch gegliederte Aufführung von Literaturangaben angelegt. Kleinste Einheiten sind vielmehr die einzelnen Kapitelchen, in denen durch (meist) annotierte Literaturangaben (die natürlich im Vordergrund stehen) und einleitende und/oder verbindende Texte ein Gebiet bibliographisch vorgestellt wird, die z. T. aber auch nur einem einzigen besonders wichtigen Werk (z.B. Pauly/Wissowa) gewidmet sind. Durch die Einbindung in den begleitenden Text erhalten die Literaturangaben zusätzliches Profil. In die Texte eingebaut sind weitere nützliche Informationen, die den Wert dieses Führers für die studentische Zielgruppe erhöhen (z.B.: Worum geht es in der Epigraphik? Was ist eine Festschrift?).
Die gefällige Darstellungsweise geht nicht auf Kosten der Stoffmenge,
Zuverlässigkeit und Übersichtlichkeit. Die typographische Gliederung
ist sorgfältig, auch im Inhaltsverzeichnis. Vor allem aber sind die
Literaturauswahl und die Annotierung ausgewogen, zuverlässig und
praxisnah. Die zentral wichtigen Werke wie z.B. Pauly/Wissowa und
L'ann‚e philologique werden angemessen herausgehoben und gewürdigt.
Das Überwiegen französischsprachiger Titel ist nicht stärker, als
Deutschsprachiges vermutlich in einem deutschen Werk dominieren
würde.[2] Trotz der vielen fremdsprachigen Titel sind Druckfehler kaum
zu finden. Eine Besonderheit liegt darin, daß Reihen (z.B. Cambridge
classical texts and commentaries), vielbändige Werke (z.B. Aufstieg
und Niedergang der römischen Welt) und Literaturtypen (z.B.
Festschriften) auch durch exemplarische Anführung von gut ausgewählten
Einzeltiteln bzw. -teilen charakterisiert werden.
Teil 3, der in dieser Auflage neu dazugekommen ist, befriedigt noch
nicht ganz; er wirkt gegenüber den Teilen 1 und 2 als Fremdkörper. In
alphabetischen Listen von z.T. mehreren Dutzend blanker Titel dürfte
der Student ertrinken (für Bibliothekare könnten sie eher von Nutzen
sein). Die Titel sind hier durchnumeriert, was in der nächsten Auflage
auch in T. 1 und 2 nachgeholt werden sollte. Die vier Register[3], bei
denen man eine vollständige Erfassung der Sachtitel sehr vermißt,
verweisen aber auch in T. 3 nur auf die Seiten.
Einzelbeanstandungen[4] halten sich nach Zahl und Gewicht in engen
Grenzen. Der Gesamteindruck des Führers, um den die frankophonen
Studierenden zu beneiden sind, ist sehr positiv.
Der Führer von Gullath ist etwas kürzer als Poucet/Hannick (kleinerer
Satzspiegel, größere Typen), geht im Fächerspektrum darüber hinaus
(nicht-griechisch-römisches Altertum, Mittelalter), entspricht aber im
wesentlichen nur dem Teil 2. In der Angemessenheit der
Literaturauswahl und der Korrektheit der bibliographischen Angaben und
der Annotationen ist er etwa gleichwertig. Doch sind die Annotationen
oft zu dürr und farblos und akzentuieren die relative Bedeutung der
Werke zu wenig. Das Fehlen der Quellenpublikationen und der
elementaren Erklärungen, die unübersichtlichere Typographie und
überhaupt die sprödere Darstellungsweise lassen den deutschen Führer
gegenüber dem belgischen abfallen, zumal im Hinblick auf die offenbar
auch hier anvisierte studentische Zielgruppe.
Der amerikanische Führer Classical scholarship entspricht im
Fächerspektrum etwa dem belgischen, in der Anlage (annotierte Titel
ohne weiteren Text) eher dem deutschen; er ist titelreicher und geht
in der Zielgruppe über Studierende hinaus. Doch fällt er durch schwere
Mängel stark ab. Titelauswahl und Annotationen sind sehr unausgewogen:
Wichtiges wird zu kurz annotiert oder fehlt überhaupt, weniger
Bedeutendes und Spezielles - manchmal wie wahllos herausgegriffen
- steht quasi gleichberechtigt daneben. Auch der Charakter der
Annotationen variiert beträchtlich. Die Aufgliederung des Materials
läßt zu wünschen übrig: Einmal findet man verschiedenartige Titel
unter einer Überschrift durcheinandergewürfelt, ein anderesmal eng
Zusammengehöriges verschiedenen Kapiteln zugewiesen. Druckfehler u. ä.
Schnitzer u. a. durch mangelnde Deutschkenntnisse, mangelhafte
Aktualität und das Fehlen eines Titelregisters vervollständigen das
negative Bild.
Bernd Bader
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