Die Titelauswahl der BDAI erfolgt in strikter Beschränkung auf deutschsprachiges Material, d.h. fremdsprachige Veröffentlichungen deutschsprachiger Autoren und fremdsprachige Besprechungen zu deutschen Titeln bleiben unberücksichtigt; dagegen sind deutsche Übersetzungen fremdsprachiger Veröffentlichungen ebenso wie deutschsprachige Besprechungen fremdsprachiger Werke in die Bibliographie aufgenommen. Diese Konzeption der BDAI ist ungewöhnlich und sie steht teilweise im Widerspruch zu den in der Einleitung (Bd. 1, S. X f.) formulierten Zielen. Zum einen nämlich soll sich der "Forscher" durch die Zusammenstellung der "einschlägigen Sekundärliteratur in einer der Hauptsprachen der Orientalistik in inhaltlicher Gliederung ... einen schnellen Überblick über die betreffende Literatur in zunächst einer Sprache" verschaffen können, "der ihn vielleicht auch zu Arbeiten in anderen Sprachen führt, so lange nicht ähnliche Bibliographien für weitere Sprachen vorliegen"; dadurch soll ihm Doppelarbeit erspart werden. Nun entspricht es aber keineswegs der üblichen wissenschaftlichen Arbeitspraxis, sich zunächst nur auf Literatur in einer Sprache zu beschränken, und man wird sicherlich nicht erst die deutsche Literatur lesen wollen, um über Zitate und Literaturverzeichnisse an die englische, französische usw. zu kommen. Die Doppelarbeit wird sich also kaum vermeiden lassen. Wenn man gleichzeitig erfährt, daß ähnliche Bibliographien in anderen europäischen Sprachen geplant und in Vorbereitung sind, fragt man sich, ob es nicht besser gewesen wäre, die Bibliographie in mehreren, nach der Berichtszeit oder nach sachlichen Gesichtspunkten gegliederten Teilen erscheinen zu lassen, als eine Unterscheidung nach der Publikationssprache zu treffen.
Zum zweiten wird - als "indirektes" Ziel - der
wissenschaftsgeschichtliche Aspekt einer solchen Bibliographie
hervorgehoben (S. XI). Wie aber soll man "die Beiträge einzelner
Gelehrter zu den jeweiligen Disziplinen" einschätzen können, wenn man
nur ihre deutschsprachigen Veröffentlichungen findet? Informativer
wäre es gewesen, alle Publikationen deutschsprachiger Autoren zu
nennen - eine Methode, die z.B. von Erika Bär in ihrer Bibliographie[5]
angewendet wurde. Auch fehlen die orientalistischen Studien des 17.
und 18. Jahrhunderts, die - wie in dieser Zeit üblich - lateinisch
abgefaßt waren. Das mag jedoch gewollt sein, da die BDAI auch einen
Beitrag zum Abbau der Vorurteile muslimischer Gelehrter gegenüber
westlichen Orientalisten leisten will (S. VII f.); die Studien dieser
frühen Zeit standen aber noch weitgehend in der Tradition des
christlich-muslimischen Antagonismus.
Die ersten zehn Bände enthalten die eigentliche Bibliographie, Band 11
bringt Nachträge dazu. Die übrigen Bände enthalten umfassende
Register. Thematisch ist die BDAI sehr breit angelegt; das Material
wird in acht Hauptkapitel gegliedert:
I. Allgemeines und Hilfsmittel der Forschung [Bd. 1. 1990. - LXXI,
308, 17 S.] behandelt Handbücher, Enzyklopädien, Literaturgeschichte,
Bibliographien, Zeitschriften usw., auch Handschriftenverzeichnisse,
Werke zur Handschriftenkunde sowie zum Buch- und Pressewesen, ferner
ein vorläufiges Literaturverzeichnis, das die ausgewerteten
Bibliographien und die häufiger benutzten Zeitschriften aufführt; das
Verzeichnis der Zeitschriften wird in jedem Band [außer in Bd. 3]
weiter ergänzt und die vollständige Fassung ist dann in Bd. 11 zu
finden.
II. Islam, Religion und Theologie, Recht und Sitte [Bd. 2 (1990).
- XVI, 729 S.]
III. Arabische Sprache, Philologie [Bd. 3 (1991). - VII, 351 S.]
IV. Poesie und Prosa [Bd. 4 (1991). - XII, 371 S.]
V. Wissenschaftsgeschichte. Philosophie, Medizin und
Naturwissenschaften [Bd. 5 (1991). - XVIII, 602 S.]
VI. Kulturgeschichte. Gewerbe, Handwerk und Künste [Bd. 6 (1991).
- XIII, 467 S.]
VII. Geschichte, Wirtschaft und Verwaltung. Teil 1. ... bis ca. 1800
[Bd. 7 (1991). - XII, 639 S.]. - Teil 2. ... ab ca. 1800. [Bd. 8
(1991). - XI, 776 S.]
VIII. Teil 1. Geographie. Volks- und Gesellschaftskunde [Bd. 9 (1991).
- XII, 472 S.] - Teil 2. Arabische Länder im 19. und 20. Jahrhundert
[Bd. 10 (1992). - X, 707 S.]
Nachträge. Inhaltsübersicht. Quellen [Bd. 11 (1992). - VI, 557, 41
S.]
Die weitere systematische Gliederung des Materials innerhalb der acht
Hauptkapitel ist sehr differenziert. So ist z.B. Kapitel II. Islam ...
(Bd. 2) auf vier Hierarchiestufen in insgesamt 86 Untergruppen
unterteilt. Die Darstellung der vollständigen Systematik umfaßt 27
Seiten (Bd 11, S. 523 - 551). Mehrfachnennungen von Titeln, die
unterschiedlichen Kapiteln oder Gruppen zugeordnet werden können, sind
üblich. Mehrbändige Werke, deren einzelne Teile unterschiedlichen
Sachgruppen angehören, werden einmal in einer übergeordneten Gruppe
aufgeführt, die einzelnen Bände dann jeweils in der entsprechenden
Sachgruppe. Die bibliographischen Beschreibungen der einzelnen Titel
werden ergänzt durch die Angabe von Rezensionen (nur deutsche!). Zu
jedem Unterkapitel gibt es zusätzlich einen eigenen Abschnitt
"Rezensionen fremdsprachiger Titel".
Der 11. Band enthält neben Nachträgen zur Bibliographie noch die
systematische Gesamtübersicht sowie das um die Nachträge der Bände 2
- 10 ergänzte Literaturverzeichnis. Vollständig ist dieses dennoch
nicht. Es werden bei den Zeitschriften nur die vollständig oder
zumindest häufiger benutzten aufgeführt; für alle anderen muß man sich
mit den Titelangaben in der Bibliographie selbst begnügen.
Die Register sind sehr aufwendig gestaltet. Allein das Autorenregister
umfaßt die Bände 12 (1992) - 18 (1993). Es enthält noch einmal alle in
der Bibliographie und den Nachträgen genannten Titel mit voller
bibliographischer Beschreibung (ohne die Besprechungen) - ebenfalls
ein ungewöhnliches Verfahren, aber für den Benutzer mit Sicherheit
sehr hilfreich. Verwiesen wird jeweils auf die Fundstelle im Hauptteil
(Band- und Seitenangabe). Ebenso gestaltet ist das Register der
Rezensenten [Bd. 19 (1993). - 718 S.]: unter dem Namen des einzelnen
Rezensenten werden (Kurz-) Titel aller von ihm (in deutscher Sprache)
rezensierten Bücher aufgeführt. Für die Fundstelle der Bibliographie
muß man dort allerdings im Hauptteil nachschlagen. Nach Auskunft aus
dem Institut für Geschichte der Arabisch-Islamischen Wissenschaften
sind noch in Vorbereitung (in ein oder zwei Bänden): ein
geographischer Index, ein Sachregister sowie ein - im europäischen
Raum ebenfalls unübliches - Titelregister.
Die BDAI wertet nicht nur die gängigen orientalistischen Sammelwerke
und Zeitschriften aus, sondern berücksichtigt in erheblichem Maße auch
Quellen anderer Fachgebiete (z.B. aus der Theologie oder der
Kolonialgeschichte); sie geht damit im Umfang weit über die
deutschsprachigen Materialien hinaus, die im Index Islamicus für den
gleichen Zeitraum verzeichnet sind. Wolfgang Behn, einer der
Mitherausgeber dieser laufenden Bibliographie, hat in seiner
Besprechung der ersten beiden Bände der BDAI geschätzt, daß rund 70%
der dort verzeichneten Titel im Index Islamicus fehlen.[6] Dabei sind
die bibliographischen Beschreibungen durchweg zuverlässig und
vollständig, wie Stichproben gezeigt haben. Auch die optische
Präsentation des Materials läßt an Übersichtlichkeit keine Wünsche
offen.
Trotz der eingangs beschriebenen konzeptionellen Ungereimtheiten ist
die BDAI ein umfassendes, zuverlässiges und nützliches Hilfsmittel für
die Literaturrecherche. Gerade wegen der strikten formalen
Beschränkung kann sie auch in den Informationsabteilungen der
Bibliotheken als sicheres Auskunftsmittel eingesetzt werden. Es bleibt
zu hoffen, daß die angekündigten Bibliographien für weitere
europäische Sprachen in absehbarer Zeit erscheinen können.[7]
Walter Werkmeister
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