EUROCAT ist eine Gemeinschaftsproduktion des Amtes für Amtliche
Veröffentlichungen der EU sowie der Firmen Chadwyck-Healey und ELLIS
Publications.[4] EUROCAT erscheint seit 1993 in vierteljährlichen
Gesamtausgaben (März, Juni, Sept., Dez.). Bibliotheken, Hochschulen
und andere Bildungseinrichtungen können die CD-ROM ohne Auflagen im
Netz betreiben; für andere Nutzer ist der Erwerb einer Netzwerklizenz
erforderlich.
Inhalt: EUROCAT ist keine originäre Datenbank, sondern entsteht durch
die Zusammenführung von Datensätzen aus folgenden vier
EU-Datenbanken:[5] ABEL, CATEL, CELEX (Communitatis Europeae Lex) und
SCAD (SystŠme communautaire d'accŠs … la documentation). Mit z.Zt. ca
450.000 Datensätzen für 103.909 Dokumente (man beachte das
Verhältnis!) erschließt EUROCAT "komplett" die Veröffentlichungen und
Dokumente der EU (so der Zusatz zum Sachtitel) ab 1985; vor 1985
werden nur solche Rechtsakte nachgewiesen, die noch in Kraft sind.[6]
Das bedeutet im Einzelnen: 1. "Veröffentlichungen der EU":
Monographien, Zeitschriften und Serien, die von einem Organ oder einer
Institution der EU veröffentlicht wurden; 2. "Dokumente", zu denen
nach der Definition der EU die sog. "abschließenden Dokumente" der
Kommission (Commission / Final document = COM document), die Dokumente
des Europäischen Parlamentes (PE document) sowie Dokumente des
Wirtschafts- und Sozialausschusses (CES document) zählen; 3.
Gesetzgebungsvorhaben und Rechtsakte, die im Amtsblatt der EU, Teil L
veröffentlicht werden; hierzu zählen Abkommen und Verträge sowie
Verordnungen, Richtlinien und Entscheidungen; 4. Anträge (der
Generalstaatsanwälte), Beschlüsse und Urteile des Europäischen
Gerichtshofes, die im Amtsblatt der EU, Teil C veröffentlicht werden.
Alle Veröffentlichungen werden in allen (vorliegenden) Sprachversionen
in einem Datensatz (!) dokumentiert; von den z. Zt. 9 Amtssprachen der
EU bleibt nur Griechisch unberücksichtigt.
Benutzeroberfläche: Die Retrieval-Software stammt von Head Software
International Ltd.;[7] die Recherche erfolgt wahlweise in Deutsch,
Englisch, Französisch, Italienisch, Niederländisch oder Spanisch;
Dänen und Portugiesen werden bei ihrer (im Menü ausgewiesenen) Sprache
auf das englischsprachige Menü geführt. Die verschiedenen Masken sind
übersichtlich gegliedert; über die Funktionstasten können alle
Funktionen angesprochen werden, die für die sinnvolle Anwendung von
EUROCAT erforderlich sind. Die einzublendenden allgemeinen und
feldspezifischen Hilfstexte (in 6 Sprachen) lassen ebensowenig zu
wünschen übrig, wie das ausgezeichnete, detailliert erklärende
Benutzerhandbuch.
Suche: Der Anwender hat die Wahl zwischen drei Suchformularen:
1. Standardsuchformular mit 6 Suchfeldern und entsprechenden Listen
für Wörter im Titel, Schlüsselwörter (Begriffe des EUROVOC[8]),
Herausgeber (Stichwörter oder Codes), Autor (Ansetzung), Art des
Dokumentes (CODE) und Veröffentlichungsjahr (gezielte oder
Bereichs-Suche.[9] Suchbegriffe können in allen Amtssprachen - außer in
Griechisch - eingegeben werden; die Datensätze für die
verschiedensprachigen Versionen eines Dokumentes sind für die Anzeige
untereinander verknüpft. Sucht man eine bestimmte Dokumentenart einer
bestimmten EU-Körperschaft (z.B. Richtlinien des Rates), so erweist es
sich als vorteilhaft, daß in den beiden hierfür relevanten Feldern
Herausgeber und Art des Dokumentes mit entsprechenden, meist schnell
einprägsamen Codes gearbeitet werden kann (z.B.: 10 = Europäisches
Parlament; 02 = Rat der EU; 0112 = Generaldirektion XII der
Kommission; bzw.: OJA = Abkommen; OJL = Richtlinie; OJR = Verordnung;
OJ2 = Urteil; DO CES = Stellungnahme des Wirtschafts- und
Sozialausschusses). Da Autorennamen schon in den Quellen uneinheitlich
mit oder ohne Vornamen und Funktionsbezeichnungen aufgeführt und für
EUROCAT nicht normiert wurden, sollte der Verfassereinstieg
grundsätzlich über die Liste erfolgen.
2. Detailliertes Suchformular: Hier hat der Anwender die Möglichkeit,
bis zu vier weitere Suchelemente in seine jeweilige Recherche
einzubeziehen; dafür stehen ihm insgesamt 12 zusätzliche Suchfelder
und Listen zur Auswahl,[10] die einerseits die gezielte Suche einer
bestimmten Veröffentlichung erleichtern, andererseits für die
thematische oder problembezogene Recherche sehr hilfreich sind. So
lassen sich z.B. alle Dokumente über ihre Dokumentennummer, alle
Dokumente und Veröffentlichungen (also nicht die
Amtsblatteintragungen) über einen Sachgebietscode ermitteln, denen
eine Klassifikation von 121 Haupt- und Untergliederungen zugrunde
liegt.[11] Das Feld "Serie" erlaubt die Selektion aller Titel einer
Schriftenreihe bzw. die Einschränkung der Recherche auf eine solche.
Dokumente des Rechtsetzungsverfahrens können über die Notation der
CELEX-Klassifikation recherchiert werden.
3. Nummernsuchformular: EU-Veröffentlichungen werden häufig nur in
Kurzform, mit ihrer Dokumentennummer oder der Fundstelle im Amtsblatt
zitiert. Das Nummernsuchformular beschränkt sich auf solche Elemente
und ist deshalb für diese Art der Zitatverifikation besonders gut
geeignet: neben Dokumenten- und Amtsblattnummer enthält es Suchfelder
für ISBN/ISSN, CELEX-Nr., Zitierte Akte,[12] Mikrofiche-Nr., Katalog-Nr.
(Katalog des Amts für Amtl. Veröffentlichungen) sowie für das
Veröffentlichungsjahr.
Ausgabe: Rechercheergebnisse können im Kurz- oder Vollformat angezeigt
werden; liegt für ein Dokument die Sprachversion der Suchsprache (!)
nicht vor, so wird zunächst nicht der Kurztitel, sondern der Vermerk
wie z.B der folgende "in Deutsch nicht erhältlich" angezeigt. Mit der
Funktionstaste lassen sich dann - aber auch generell - alle anderen
Sprachversionen einer Publikation einblenden und ggf. gezielt für die
Ausgabe markieren. Für die formatierte Ausgabe (Druck oder Download)
ist es möglich, via Menü Kopf- und Fußtexte (z.B. Kolumnentitel und
Seitenzahlen) zu ergänzen; komfortabel sind auch die Ein- und
Mehrfachsortierungen nach Titel, Katalog-Nr., CELEX-Nr. oder Jahr. Für
die Bestellung der einzelnen Dokumente kann ein Bestellformular
angefordert und ausgefüllt werden.[13]
Bewertung: Auch wenn der Aufbau von EUROCAT noch nicht abgeschlossen
ist, so erleichtert die CD-ROM-Ausgabe schon jetzt die Verifikation
und thematische Recherche von Veröffentlichungen der EU erheblich.
Während in den anglo-amerikanischen Ländern "amtliches Schrifttum"
traditionell zu den viel benutzten Bibliotheksmaterialien zählt und es
deshalb dort - zumindest in größeren Bibliotheken - auch zum
Freihandbestand gehört, wird ihr (inhaltlicher) Wert in deutschen
Bibliotheken und von ihren Kunden meistens unterschätzt. Schon
einfache Recherchen in EUROCAT z.B. mit den Suchbegriffen Autobahn,
Arbeitslosigkeit, Tiertransport, Lärm, Mehrwertsteuer, Grenzkontrolle,
Altersversorgung, Verleihrecht (!), Güterverkehr+Schiene,
Rindfleisch+Einfuhr, Daimler-Benz etc. führen zu (z.T. sehr aktuellen)
Dokumenten, die keineswegs nur die rechtlichen Aspekte hierzu liefern,
sondern Sachinformationen zu aktuellen gesellschafts- und
wirtschaftspolitischen Themen beinhalten, Informationen, die sich
jedenfalls nicht so schnell und nicht in diesem Umfang in der
"veröffentlichten" Buch- und Zeitschriftenliteratur niederschlagen.
Bernward Hoffmann
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