Víctor Infantes (Professor an der Facultad de Letras de la
Complutense) leitet den Band mit einem humorvollen und höchst
lesenswerten Vorwort ein (Prohemio de un árcade futrosófico para un
aventajado académico de Venus), in dem er über Bibliographie plaudert
und ihren Anhängern eine gehörige Portion Masochismus vindiziert.[1] In
seiner kurzen Einführung weist Cerezo darauf hin, daß Erotica
weitgehend eine Domäne von Sammlern und Bibliophilen sind, aber
gleichwohl große Bedeutung für die Literaturgeschichte haben. Dies ist
der Grund dafür, daß er seit Jahren an einer kritischen Bibliographie
erotischer Werke arbeitet, zu der die vorliegende "Bibliothek"
gewissermaßen den Apparat darstellt. Er läßt die größeren
Erotica-Bibliographien Revue passieren und weist, mit Recht, auf die
bisher ganz unzureichende Behandlung spanischer Erotica hin.
Allerdings hat sich nicht zuletzt dank seiner eigenen Bemühungen, ein
Bewußtseinswandel vollzogen, was sich an einer Reihe von Publikationen
und Veranstaltungen ablesen läßt.[2] Darauf nennt Cerezo seine
Auswahlkriterien: 1. Hilfsmittel verschiedenster Art zur erotischen
Literatur, wie Wörterbücher, Dokumente, Aufsätze und Anthologien; 2.
Allgemeine Bibliographien, die neben vielem anderen eben auch
Erotisches enthalten; 3. Spezialbibliographien, also eigentliche
Erotica-Bibliographien. Auf Verzeichnisse von Abkürzungen und
Bibliothekssigeln[3] folgt der "Katalog" mit 684 Nummern. Daran
schließen sich unnumerierte Addenda an. Das Werk wird durch ein
Titel- sowie ein Namensregister erschlossen.
Die "Bibliothek" stellt eine enorme Leistung dar, vor allem, wenn man
die Situation vieler spanischer Bibliotheken und die Schwierigkeiten,
sich dort einschlägige Literatur zu beschaffen bedenkt. Die Fülle der
Titel besticht, und die Findigkeit des Autors ist zu bewundern. Der
Bibliograph wird allerdings mit Aufbereitung und Präsentation des
Materials nicht immer glücklich sein:
1. Die Aufnahmekriterien sind so weit, daß man gut und gern auch
viertausend Titel zusammenbringen könnte; die vorliegende Auswahl
beruht anscheinend auf dem, was dem Autor im Original zur Einsicht
vorlag oder ihm auf Grund der bibliographische Verzeichnung an anderer
Stelle einschlägig erschien. Nun ist das sicherlich kein
Hauptargument, und im Zweifelsfall ist eine Bibliographie allemal
besser als keine.
2. Der "Katalog" ist alphabetisch nach Autoren angeordnet. Das führt
dazu, daß vieles kaum Zusammengehörige nebeneinander steht. Lediglich
Werke eines Autors finden sich bequem zusammen, aber auch nicht
vollständig, da zahlreiche Titel nur in den Annotationen genannt
werden. Die Kriterien für letztere Praxis sind nicht ganz klar, denn
es handelt sich keineswegs immer um peripheres Material; vermutlich
konnte der Titel nur einer Bibliographie entnommen werden, so daß
keine nähere Information vorlag.
3. Kaum die Hälfte der beschriebenen Titel ist von Bibliothekssigeln
begleitet. Selbst wenn der Autor über eine gute Privatbibliothek
verfügt, so ist doch anzunehmen, daß er einen großen Teil des
Materials nicht zur Verfügung hatte. Diese Vermutung wird durch die
schlechte Qualität vieler Eintragungen bestätigt. Die Angaben sind
teilweise unzuverlässig und unvollständig, da offensichtlich in
zahlreichen Fällen aus zweiter und dritter Hand kompiliert. Mal fehlt
der Verlag, dann die Umfangs- und Serienangabe. Die Zahl der
Satzfehler ist überwältigend, besonders bei deutschen und englischen
Namen und Titeln.[4] Eine Annotation oder ein Kommentar fehlt in vielen
Fällen, so daß man vermuten kann, daß der Autor in diesen Fällen außer
der Titelaufnahme keine weiteren Angaben besaß.
4. Es sind nur wenige Illustrationen und leider nur Titelblätter
beigegeben. Immerhin läßt sich dadurch gelegentlich die Titelabschrift
korrigieren.[5]
5. Das Titelregister gibt nur Titel (mit willkürlichem Abbruch,
offenbar auf Grund eines Computerprogramms), Erscheinungsjahr und
Nummer der Eintragung. Ein Hinweis auf den Autor wäre zur
Unterscheidung ähnlicher Titel sehr angebracht.[6] Das Register besteht
aus 13 Sachgruppen, von Bibliographien der Bibliographien, über
Bibliographien, Geschichte der erotischen Literatur, Anthologien,
Illustrationen, Pseudonymen bis zu Aufsätzen, Monographien, Formen der
Erotik, allgemeinen Katalogen, Katalogen von Privatbibliotheken,
Bibliophilie und Wörterbüchern. Die Zuordnung ist gelegentlich
zweifelhaft.[7]
6. Das Namensregister verzichtet auf die Angabe der vollen Vornamen
und nennt sattdessen nur die Initialen (gelegentlich nicht einmal
diese).
All dies führt dazu, daß man die bibliographischen Angaben nicht
ungeprüft übernehmen kann.[8] Mancher Bibliothekar wird den zweiten [9]Die
Lesefrüchte an Fehlern, Versehen, unvollständigen Angaben etc.,
die bereits bei flüchtiger Durchsicht der "Bibliothek" zusammenkamen,
füllen nicht weniger als 6 Seiten; sie werden dem Verfasser zugänglich
gemacht, seien aber den Lesern von IFB erspart.
Zusatz zum Sachtitel wörtlich nehmen - nur zum privaten Gebrauch -,
denn die Nutzung in der Bibliothek wird zahlreiche ergänzende
Ermittlungen notwendig machen. Glücklicherweise kann man für alle
Recherchen jetzt auf das Werk von Bayer/Leonhard (IFB 95-1-016)
ausweichen, das dank seiner soliden Auswahlkriterien, in der
ausführlichen und kritischen Kommentierung und der bibliographischen
Zuverlässigkeit der vorliegenden "Bibliothek" haushoch überlegen ist.
[sh]
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