Auch im ersten Abschnitt ihres Buches finden sich ganz hervorragende
Passagen. Mit der Auswertung der Unterlagen im Geheimen Staatsarchiv
in Merseburg ist der Dissertantin ein Glanzstück gelungen, sie hat
damit die Krünitz-Forschung um ein gutes Stück weitergebracht. Und
wenn Fröhner in Anbetracht der ungeheuren Stoffülle so mancher Lapsus
passiert ist, sollte man darüber nicht den Stab über der Verfasserin
brechen. So kommen ihr beispielsweise die beiden Auszüge des Werkes,
deren Autoren beide Schütz heißen und sich nur durch ihre Vornamen
unterscheiden, durcheinander; der auf S. 76 zitierte Verleger Vierreg
wird wohl Vieweg[2] heißen; die Brünner Originalausgabe umfaßt sogar
fünf Bände und nicht nur die drei, die Fröhner einsah, die zweite
Auflage wurde nicht mit dem 97., sondern erst mit dem 108. Band
eingestellt; und sicherlich wird sich Fröhner darüber ärgern, auf S.
55 einem der Verfasser der Enzyklopädie, Korth, bescheinigt zu haben,
daß über ihn "kein anderweitiges Quellenmaterial existiert", hätte
doch ein Blick in den Goedeke (Bd. 14, 1959, S. 648 - 650) sie eines
besseren belehrt.[3] Die Fehlerliste ließe sich noch fortsetzen,
freilich wurde hier aus raumökonomischen Gründen auch nicht auf alle
Meriten der Doktorarbeit eingegangen. Man darf nicht aus dem Auge
verlieren, daß die Materie überaus komplex und das Buch kein
Lebenswerk, sondern eine Dissertation ist, die innerhalb eines
begrenzten Zeitrahmens erarbeitet werden muß.
Gewiß ist für Aufgabensetzungen, die mit Terminsetzung behaftet sind,
die Benutzung eines elektronischen Speichermediums von Vorteil. Man
darf dabei freilich nicht die größte Gefahr aus den Augen verlieren,
nämlich daß Passagen aus frühen Stadien der Erarbeitung wegen ihrer
scheinbaren, nur optisch bestechenden Druckreife im Text verbleiben,
obwohl sie dem letzten Informationsstand eigentlich gar nicht mehr
entsprechen. Bei der früher üblichen Reinschrift mußte alles Material
noch einmal durch das Nadelöhr einer kritischen Zusammenschau, ein
Arbeitsvorgang, der dazu geeignet ist, eine Arbeit zu konzentrieren,
dabei aber ausreifen zu lassen. So macht der schwierige zweite oder
spezielle Teil des vorliegenden Buches einen harmonischen
Gesamteindruck, im ersten Abschnitt sind vor allem die Passagen über
Krünitz und Pauli ganz hervorragend recherchiert. Fröhner sind da
einige erstaunliche Archivfunde gelungen. Mit den späteren Autoren der
Enzyklopädie hatte die Verfasserin merkbar weniger Freude. Trotz
einiger kleiner Einwände ist das Buch ein unverzichtbarer Baustein zur
weiteren Erforschung dieser bisher noch so wenig untersuchten
Enzyklopädie.
Es ist zu hoffen, daß Frau Fröhner auch in Zukunft am Ball bleiben
wird. Sie hat außer dieser Dissertation bereits zwei einschlägige
Aufsätze zum Thema veröffentlicht,[4] zwei weitere sind bereits
eingereicht und sollen in Kürze folgen. Ferner hat Fröhner eine
Bearbeitung des Versteigerungskataloges der Krünitzschen Bibliothek
angekündigt. Wenn ihr diese Herkulesarbeit ebenso gut gelingt wie ihre
Dissertation, wäre das ein weiterer wichtiger Schritt für die
Krünitz-Forschung.
Otmar Seemann
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