In einer detaillierten, inhaltlich orientierten Besprechung hat
Erdmute Lapp 1990[1] der ersten Auflage der engl./dt. Ausgabe
gravierende, die Benutzbarkeit stark einschränkende Mängel nachweisen
können. Diese Fehler haben sich in der überarbeiteten Fassung nicht
nur potenziert, sie wurden darüber hinaus noch auf ein Spiegelprodukt
transponiert. Was "drin" sein soll, ist folgendes: 18.000 Einträge
(nicht Fachbegriffe!) im frz./dt.-dt./frz.-Teil, 25.000 im
engl./dt.-dt./engl. Teil, wobei der dt./fremdsprachige Teil leider
durch automatische Inversion entstanden ist. Die alphabetisch
geordneten Eintragungen der beiden Übersetzungsteile bestehen aus
Stichwörtern bzw. Wortgruppenlexemen (so findet man as a loan unter
as, nicht unter loan), undifferenzierten zielsprachigen Entsprechungen
(statt Bedeutungserklärungen) und Angabe des Genus, gelegentlich auch
der Wortart des originalsprachlichen Lemmas. Lediglich im frz./dt.
Band finden sich diese Angaben auch bei der Übersetzung. Die
Wortklasse sollte jedoch bei jedem Stichwort vermerkt sein; Wörtern,
die bestimmte grammatikalische Probleme aufwerfen, sollten kurze
Erklärungen beispielsweise mit Angaben zu unregelmäßigen Verb- oder
Pluralformen, Konstruktionen oder sonstigen nützlichen Hinweisen
beigefügt werden. Unterschiede zwischen britischem und amerikanischem
Sprachgebrauch werden ebensowenig berücksichtigt wie die Verwendung
der Fachterminologie in typischen Kontexten. Dem Vorbild Sauppes,[2] der
weitere Angaben (Sachgebiet, Fundstelle von Definitionen, verwandte
Begriffe) enthält, wird nicht gefolgt.
Die einschlägige Kritik Lapps bezüglich der Verwendung veralteten,
gelegentlich obsoleten Sprachmaterials, der Anführung ungebräuchlichen
Sprachmaterials, der Angabe uneinheitlicher grammatischer Formen (neu
die Tendenz zur Nominalisierung) sowie der irreführenden bis falschen
Wiedergabe der Bedeutung von Wörtern in der Zielsprache muß weiterhin
unterstrichen werden. Ein typischer Eintrag etwa der selten
auftretenden Abkürzungen (selbst gängigste fehlen) im frz./dt. Teil
lautet RAM, übersetzt mit RAM (random access memory). Schlägt man zur
Erhellung dann im engl./dt. Teil nach, fehlt die Abkürzung. Gleiches
gilt für OCR, RISC und ROM. Französisch bustrophédon - dt.
Bustrophedon (ohne weitere Angabe) fehlt im engl. Teil, ist also wohl
nur für die Romania wichtig? Dagegen gibt es etwa in der Romania den
im englischen Teil zu findenden Berufsethos nicht. Schutzumschlag:
bookjacket ja, dust wrapper nein; im frz. fehlt das Wort ganz, dafür
gibt es Schulzeugnis, das im englischen Teil fehlt. Magazin wird
undifferenziert zu magasin und magazine, im Englischen fehlt magazine.
Die chiropractic school library - Chiropraktikerschulbibliothek kennen
die Franzosen ebensowenig, wie die Bergbauhochschulbibliothek, dafür
aber den PC, der den Engländern fremd ist.
Mit einem wahllos aus einer Anleitung entnommenen Satz wie "Do not use
differential SCSI devices on a single-ended SCSI bus" steht man
alleine da, wenn man auf den Keitz angewiesen ist. Es fehlen, nur zum
Beispiel, AACR, authority control, synchronous negotiation, site,
site-list, hypermedia, neural networks, type theory, object-oriented
programming, compiler technology, attribute grammar, heap management,
human computer interaction (HCI), world wide web; auch integrierter
Geschäftsgang, maschinelles Lernen, Client/Server-Infrastruktur,
ausfallsichere Datenspeicher, Organisationsformen, neuronale Netze,
Chipkarte - und RAK und RSWK schon sowieso. Die nicht mehr
existierende coffee house library findet man, das weiterhin in Massen
produzierte coffee table book dagegen nicht. Proof copy ist nicht ein
Entwurf, sondern ein Korrekturexemplar, proof reader nicht die
Korrektur, sondern der Korrekturleser; Korrekturfahne fehlt gänzlich,
galley proof dagegen, die Übersetzung gibt es, sie wird jedoch als
Korrekturabzug übersetzt; eigentlich: proof => Korrekturabzug; proof
wird als Probeabzug angegeben, Probeabzug ist aber rough proof; proof
copy wird als Entwurf übersetzt, müßte aber Blindband heißen;
Blindband gibt es im dt./engl. Teil und wird dort mit dem Pleonasmus
blank dummy übersetzt, tatsächlich reicht dummy. Eine der wenigen
Abkürzungen im dt./engl. Teil ist EDV - ADP, engl./dt. ADP - EDV
(keine weiteren Angaben), im frz. EBCDIC-Kode - EBCDIC-code (ASCII
fehlt) - kommt aber im englischen Teil nicht vor. Lautsprecher im
engl./dt. nicht im frz., lädierter Buchstabe im frz., nicht im engl.,
gleiches gilt für stochastisch. Säurefreies Papier, acid-free paper
kennt nur die Titelrückseite. Barfußbibliothekar und
Zeitungsartikeltitel sind dagegen Begriffe, die man nur hier
nachschlagen kann. Dies mag als Beispiel für das was "drin", bzw.
"nicht drin" ist genügen; der Mangel ist offensichtlich.
Daß dennoch eine hohe Zahl von Einträgen erreicht wird, liegt an der
Bildung von "Wortnestern", denen selbst die bereits zitierte
Chiropraktikerschule, Chiropraktikerschulbibliothek nicht fremd ist.
Zur Illustration sei ein weiteres Beispiel aus dem engl./dt. Teil
zitiert: Keyword-and-context index wird der Einfachheit halber mit
KWAC-Index "übersetzt", die Abkürzung taucht, dank der Inversion, als
solche jedoch nur im dt./engl. Teil auf (anders im frz. Teil, der auch
zielsprachliche Auflösungen gibt, KWAC jedoch nicht kennt). Es folgen
die Einträge: keyword-in-context index - KWIC-Index,
keyword-in-title-context index - KWIT-Index, keyword-out-of-context
index - KWOC-Index, keyword-out-of-context indexing -
KWOC-Indexierung. Natürlich gab es auch Eintragungen zu keyword und
keyword indexing. Vergleichbar sind die Einträge zu institutionellen
Bibliotheken, die auch vor Evangelical Lutheran Church Library,
Lutheran Church Library, Gemeindehochschulbibliothek,
Gemeindekrankenhausbibliothek und Krankenpflegeschulbibliothek nicht
halt machen (s. bes. S. 308). Diese Beschreibungsebene ist jedoch auch
dem der Herkunftssprache Unkundigen aus den allgemeinen Regularitäten
des Sprachsystems ableitbar. Sie muß daher wohl oder übel als
"Worthuberei" bezeichnet werden. Die Art und Häufigkeit der so
gebildeten "Wortnester" wird selbst den gelegentlichen Benutzer dazu
führen, sich einschlägig verschaukelt (gelinde gesagt!) zu fühlen.
Das Ziel eines fachwissenschaftlichen Wörterbuches sollte sein, das
Verständnis von Fachliteratur der anderen Sprache zu erleichtern sowie
den mündlichen und schriftlichen Gedanken- und Informationsaustausch
der jeweils angesprochenen Sprachräume zu fördern und zu unterstützen.
Den Keitz'schen Machwerken gelingt aufgrund der dargestellten,
gravierenden Mängel nicht viel mehr, als ein frustriertes
Kopfschütteln zu erregen.
Rudolf Nink
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