Der vorliegende Band, dessen Ergebnisse auf dem von der Deutschen
Forschungsgemeinschaft geförderten Projekt zur Wissenschaftsgeschichte
der deutschen Literaturwissenschaft basieren, vereint 14 Abhandlungen
und zwei Bibliographien. Die Beiträger sind durch fundierte
Veröffentlichungen bestens ausgewiesene Kenner der Materie. In seiner
Einleitung, die nicht unerheblich durch eine neuartige, mitunter
komplexe Wissenschaftssprache geprägt ist, umreißt J. Fohrmann die
geschichtliche Entwicklung von den deutschen Studien zur
Literaturwissenschaft: von der professionellen Errichtung einer
Disziplin mit wechselnder Benennung und unscharfen Konturen über die
Goethephilologie bis zur gegenwärtigen Form germanistischer
Forschung.[3] Diese Genese wird auf vier unterschiedlichen
"Untersuchungsebenen" (S. 12) erarbeitet: Die Beiträge beschreiben 1.
das Sozialsystem der Disziplin, 2. die Entwicklung der
literaturwissenschaftlichen Arbeitsweisen, 3. die Versuche
wissenschaftlicher Selbstreflexion und 4. den Leistungsbezug der
Literaturwissenschaft. Allen Autoren ist für die umsichtige,
kenntnisreiche Darstellung hohe Anerkennung auszusprechen, aber auch
für ihr Bemühen, bibliographisch schwer erschließbare Quellen[4]
auszuwerten.
Die gewichtige Publikation wird durch gewissermaßen mehrere
Bibliographien abgerundet. Holger Dainat und Cornelia Fiedeldey-Martyn
stellen für die Jahre 1792 - 1914 eine Bibliographie zur
literaturwissenschaftlichen Selbstreflexion zusammen, die "über
Identität, Aufgaben, Methoden, Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft
des Fachs Rechenschaft ablegt" (S. 538). C. Fiedeldey-Martyn ist auch
die wohl vollständige, auf Autopsie beruhende Bibliographie zur
Wissenschaftsgeschichte der deutschen Literaturwissenschaft 1973 -
1989 zu verdanken. Ihre chronologische Gliederung ist hier durchaus zu
vertreten, zumal das mustergültige Personenregister[5] am Ende des
Bandes die Bibliographie alphabetisch erschließt. Auch und gerade mit
Blick auf den Umfang der ermittelten Primär- bzw. Sekundärliteratur
wäre eine selbständig erscheinende Bibliographie zur germanistischen
Wissenschaftsgeschichte ein dringendes Desiderat. Eine solcherart
zeitlich weiter gespannte Bibliographie hätte sich aber dann allemal
an diesen Vorgaben zu orientieren.
Mit dieser qualitativ hochwertigen Darstellung ist der weiteren und
wünschenswerten Erforschung der Wissenschaftsgeschichte der
Germanistik ein wertvolles und unentbehrliches Instrumentarium an die
Hand gegeben worden.
Reinhard Tenberg
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