Der erste Teil beschreibt - nach einem kurzen Blick auf die politische Situation - die Phasen der Romantik von der frühen Jenenser über die Heidelberger Hoch- zur Wiener und Münchener Spätromantik, schildert die Auseinandersetzung der Romantik mit der Aufklärung, stellt die europäischen Einflüsse (Calderón, Shakespeare, englische Vorromantik usw.) sowie Bezüge zwischen deutscher und europäischer Romantik heraus und rekonstruiert die Romantikkritik sowie die Forschungsgeschichte.
Der zweite Teil ist den "literarischen Formen" gewidmet (Roman, Novelle, Märchen, Drama, Lyrik und dem für die Romantik charakteristischen Fragment, dem der Aphorismus zugeordnet wird), behandelt unter dieser Überschrift aber auch die Grundbegriffe Ironie, Symbol/Allegorie und Mythologie.
Im dritten Teil werden die Interferenzen von Literatur, anderen
Künsten, Politik, Gesellschaftstheorie, Historiographie (unter
Einschluß der Mittelalter- und Europa-Vorstellungen), Theologie,
Psychologie und Naturwissenschaften erörtert. Haben doch gerade diese
Interferenzen die Romantik recht eigentlich konstituiert. Vorzüglich
in diesem Zusammenhang etwa die Ausführungen zum Einheitsgedanken in
der romantischen Naturwissenschaft, zum neuen Krankheitsbild der
Medizin usw. (S. 606 ff.) - Von besonderem Reiz sind mehrere
wirkungsgeschichtliche Passagen. So ist z. B. im Abschnitt "Die
Bedeutung der Frauen für die romantische Gruppenbildung" (S. 528 ff.)
auch vom "enthusiastischen Hochpreis der romantischen Frauen als
Leitbilder von Women's Lib und Studentenrevolte am Ende der sechziger
Jahre" die Rede. Die Schreibung Autor/Innen (z. B. S. 615 und S. 617)
verläßt dagegen das vorzügliche philologische Niveau, das den Band
ansonsten durchweg kennzeichnet.[1]
Den einzelnen Kapiteln sind Bibliographien beigegeben. Sie verzeichnen
selbständig und unselbständig erschienene Forschungsliteratur in
sorgfältiger Auswahl und zeichnen sich durch große Aktualität aus; man
stößt immer wieder auf einschlägige Titel aus dem Jahre 1993. - Alle
bibliographischen Partien des Bandes weisen Petit-Satz auf. Man muß
das als Preis für die Handlichkeit des Buches in Kauf nehmen.
Den vierten und letzten Teil bildet eine Bio-Bibliographie Romantische
Lebensläufe von knapp 200 Seiten. Sie beschränkt sich auf Literaten.
Die Biographien sind sorgfältig recherchiert und auf dem Stande der
Forschung. Fragliches ist im Text als solches gekennzeichnet. Die
Bibliographien der Artikel sind nur subjektive Personalbibliographien,
wieder einschließlich wichtiger unselbständig erschienener
Quellenpublikationen. Leider fehlt die personenbezogene
Forschungsliteratur - ein Manko, das bei einer Neuauflage behoben
werden sollte. So findet sich Bonaventura endlich richtig unter
Klingemann, aber man sucht vergeblich nach den Forschungsarbeiten, in
denen erst jüngst der endgültige Nachweis der Identität geführt worden
ist.
Was hier auf knapp 800 Seiten geboten wird, ist ein imponierendes
Panorama der Romantik, von gleich fundamentaler Bedeutung für
Forschung und Lehre.
Hans-Albrecht Koch
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