Beispielhaft genannt für eine dieser frühen amerikanischen
bibliographischen Einführungen zum Thema sei Women artists von Donna
G. Bachmann und Sherry Piland (1978).[3] 1994 ist eine 2. Aufl.
erschienen, die jedoch nicht rechtzeitig eintraf um hier noch
berücksichtigt werden zu können. Die Rezension soll nachgeholt
werden.
Es sollen nun im folgenden nicht alle seitdem zum Thema erschienenen
Bibliographien besprochen,[4] sondern nur noch zwei neuere amerikanische
Publikationen erwähnt werden.
Women in the fine arts wendet sich insbesondere an Schüler, Studenten
und Lehrende und bietet daher zusätzlich zur Literaturverzeichnung
auch Abbildungsnachweise (differenziert nach Schwarz-Weiß- bzw.
Farbabbildungen), um ein Studium der Kunstwerke zu erleichtern. Der
bibliographische Hauptteil gliedert das Material in die Großgruppen
General reference, Zeitschriften, Austellungskataloge und Zeitungen,
also formal; innerhalb dieser Rubriken wird alphabetisch nach Autoren
bzw. Sachtiteln geordnet. Die Mehrzahl der Einträge ist annotiert; in
jedem Fall erfolgt im Anschluß an die Titelaufnahme die Nennung der
behandelten Künstlerin(nen) und ein Hinweis auf vorhandene
Abbildungen. Die Kriterien für die Materialauswahl und Präsentation
sind nicht ganz offensichtlich. Von allgemeinsten Beiträgen bis zu
Einzeldarstellungen zu einer Künstlerin mischen sich die Einträge ohne
weitere sachliche Differenzierung in den genannten formalen
Großgruppen. Auch gibt es - bei einer einführenden
Literaturzusammenstellung allerdings verständlich - keine erkennbare
Berichtszeit oder Grenzziehung zu vergleichbaren
Vorläuferpublikationen. Insgesamt ist wohl bei der Bewertung der
Literaturauswahl unbedingt die Zielgruppe dieses guide vor Augen
zuhalten, um gewisse Einträge[5] noch estimieren zu können. Immerhin
wird aber auf eine Auflistung aller im Thieme-Becker verzeichneten
Künstlerinnen verzichtet.[6] Anders im Fall des 10-bändigen Bénézit:
hier folgt der Eintragung erstaunlicherweise die Nennung einer
einzigen Künstlerin (Lavinia Fontana), obwohl dies selbstverständlich
nicht die einzige bei Bénézit erwähnte Künstlerin ist; die Gründe für
diese Verfahrensweise dürften kaum auf Reflexion beruhen. Um die
Nachteile einer formalen Grundgliederung des bibliographischen
Materials aufzufangen, wird der Zugriff auf Literatur etwa zu
einzelnen Künstlerinnen durch einen umfangreichen Index gewährleistet.
Im übrigen eignen dieser Zusammenstellung dieselben Mängel wie vielen
anderen anglo-amerikanischen Publikationen; so findet die bereits bei
Bachmann/Piland monierte Fehlerhaftigkeit bei der Verzeichnung
nicht-englischsprachiger Titel hier durchaus noch ihre Steigerung. Als
überzeugende Einführung bzw. bibliographischer Leitfaden oder auch als
verbesserter und aktuellerer Ersatz für die in die Jahre gekommene
Bibliographie von Bachmann/Piland kann diese noch relativ neue
Bibliographie aber nur schwerlich gelten.
Thematisch etwas anders gelagert ist eine der jüngsten amerikanischen
Publikationen zu feministischer Kunst und Kunstgeschichtsschreibung.
Feminist art criticism bringt nicht nur Literaturhinweise zu
Künstlerinnen, sondern es geht der Autorin vor allem auch um den
Nachweis von Publikationen aus den Bereichen feministische Kunstkritik
und feministische Kunstgeschichtsschreibung. Sie nennt klar die
Auswahlkriterien: der Schwerpunkt liegt bei englischsprachigen
Veröffentlichungen insbesondere zur zeitgenössischen Kunst, nur in
Einzelfällen ergänzt um wichtige Publikationen in anderen eurpäischen
Sprachen, mit dem Ziel, insbesondere die Breite der Frauenforschung im
Bereich der Kunst in den letzten 25 Jahren zu dokumentieren. Hierfür
wurden neben Monographen auch Ausstellungskataloge, Zeitschriften-,
Zeitungsbeiträge, Kleinschriften und sogar unveröffentlichte
Manuskripte ermittelt und verzeichnet. Die Autorin hat dabei
gelegentlich auch unvollständiges Titelmaterial berücksichtigt, doch
kann hierbei der bibliographische Nutzen (vom Aspekt der reinen
Information einmal abgesehen) bezweifelt werden. Auch diese
Bibliographie bietet wiederum eine formaltypologische
Materialpräsentation. Den Hauptkapiteln Monographien (mit den
Untergliederungen Tagebücher, Briefe, Autobiographien und
Dissertationen, Biographien, "Kritiken"), Ausstellungskataloge und
Beiträge in Zeitschriften und Sammelbänden geht eine Zusammenstellung
der Reference tools voraus, insbesondere Zusammenstellungen von
Künstlerinnenbiographien und -nachweisen. Innerhalb dieser Kapitel
folgen die Einträge dann dem Autoren- bzw. Sachtitelalphabet.
Abgerundet wird die Publikation von einem Verfasser- und einem
Sachregister (behandelte Personen und Sachschlagwörter), wobei
letzteres eine differenzierte Erschließung ermöglicht, da im
bibliographischen Haupteil auf Mehrfacheintragungen verzichtet wird.
Die durchgängigen Annotationen geben knapp und präzise Auskunft über
formale und inhaltliche Charakteristika der jeweiligen Publikation,
gelegentlich weiten sie sich zu kleinen Abstracts. Da es sich um eine
Auswahlbibliographie handelt, ist es müßig, einzelne fehlende Titel
(zumal aus europäischer Perspektive) anzumerken. Durch die Nennung der
Auswahlkriterien wird dies aber im Gegensatz zu den oben besprochenen
Bibliographien aufgefangen. Da Langer insbesondere die Vielfalt der
Frauenforschung im Bereich der Kunst dokumentieren will, wäre
vielleicht eine stärkere thematische oder richtungsorientierte Ordnung
des Materials zur Verdeutlichung hilfreich gewesen; das Sachregister
kann dies nur partiell leisten.
Den Schritt zu einer in diesem Sinne thematisch orientierten
einführenden Bibliographie hat die
Frauen-Kunst-Geschichte-Forschungsgruppe Marburg gezielt vorgenommen
und mit dem Band Feministische Bibliografie zur Frauenforschung in der
Kunstgeschichte exemplarisch aufgezeigt, wie eine derartige
Literaturzusammenstellung konzipiert werden kann. Im einführenden Teil
werden die Auswahlkriterien und die Anordnung des Materials genau
vorgestellt und somit wünschenswerte Transparenz geboten. Der
Berichtszeitraum umfaßt die Jahre 1970 - 1988; die Eintragungen
beruhen auf Autopsie (falls dies ausnahmsweise nicht möglich war, wird
dies durch Asteriskus markiert) und sind von sehr guter formaler
Qualität. Eine Zusammenstellung der vollständig ausgewerteten
Zeitschriften wird in Form eines Zeitschriftenregisters gegeben. Das
Titelmaterial ist in Großgruppen thematisch geordnet. Da für jeden
Titel nur eine Eintragung erfolgt, wird über Namens- und
Sach-(Themen-)Register eine weitergehende inhaltliche Erschließung
gewährleistet. Dies mag im ersten Moment an die vorab vorgestellten
Bibliographien erinnern, ist aber meilenweit davon entfernt, da die
Grundordnung eben nicht formal nach Publikationstypen erfolgt sondern
problemoriertiert.
Die 5 Hauptkapitel (Reflexion, Produktion, Präsentation,
Manifestation, Imagination) sollen dabei zugleich die Schwerpunkte
kunsthistorischer Frauenforschung dokumentieren.[7] Ihnen vorangestellt
ist ein Kapitel Information, das eine Auswahl weiterführender
Informationsquellen - außer Nachschlagewerken auch eine umfangreiche
Liste mit Institutionen der Frauenforschung (z.T. mit Annotationen zu
Gründungsgeschichte, Organisationsform und Aufgabenstellung) - bietet,
die weit über den engeren Rahmen kunsthistorischer Frauenforschung
hinausgeht und somit von allgemeinerem Interesse ist.[8] Allen Kapiteln
beigegeben ist ein kurzer Einführungstext, dessen Lektüre sich all
denen empfiehlt, die nicht mit Forschungsansätzen und Terminologie der
Frauenforschung vertraut sind; gleichzeitig kommt diesen Texten aber
auch der allgemeinere Wert eines Berichts über den Stand der Forschung
für den Bereich kunsthistorischer Frauenforschung zu. Ohne elementare
Kenntnis dieser Forschungsansätze wird jedenfalls der Nutzen der
vorliegenden Bibliographie nicht in vollem Umfang zur Geltung kommen.
Das Kapitel Reflexion bringt eine Literaturzusammenstellung zur
Frauenforschung in Kunst- und Kulturgeschichte, untergliedert in die
Abschnitte Kritik der Kunstgeschichtsschreibung und
Geschlechtsspezifische Wahrnehmung, Ästhetik und Rezeption. Das
Kapitel Produktion bietet Titelmaterial zur Frauengeschichte der
Kunstherstellung, also zur Geschichte der Künstlerinnen und ist
weitergehend differenziert u.a. nach jeweiligen Arbeitsbereichen,
Sozialspekten bis hin zur Matronage, also zum Aspekt des Frauenanteils
an der Kunstproduktion von Männern. Verzichtet wird hier allerdings
aus gutem Grund - mit Blick auf die Quantität - auf die Verzeichnung
monographischer Literatur zu einzelnen Künstlerinnen; Überblickswerke
und Ausstellungskataloge werden jedoch berücksichtigt; insgesamt liegt
hier also eine sehr sinnvolle und klare Begrenzung für eine
bibliographische Einführung der 90er Jahre vor und nicht erneut eine
eher unbefriedigende Zwischenlösung durch (meist zufallsbedingte)
Teilerfassungen. Das Kapitel Präsentation erfaßt Literatur zur
Situation in der Kunstvermittlung (Arbeits- und Lebensbedingungen von
Vermittlerinnen, Kunstausbildung, Kunsthandel und Ausstellungswesen,
Kunstkritik). Im Kapitel Manifestation werden Aspekte der Aneignung
visueller Kultur zusammengefaßt: kulturelle Sozialialisation ("Gefragt
wird, welche Funktion Kunst und Kreativität bei der Herstellung von
Weiblichkeit heute und in der historischen Dimension zukommt" S. 241),
Raumorganisation/Architektur, Bekleidung, Aspekte weiblicher
Lebenswirklichkeiten und Alltagskultur in Ausstellungen. Im letzten
Kapitel Imagination geht es um die Konstruktion von Weiblichkeit, um
Frauenbilder, also auch um ikonographische Fragestellungen. Hier
schien den Autorinnen allerdings im Einführungstext eine Art
Vorwarnung angemessen: "Ein großer Teil der hier zusammengestellten
Literatur entstand im Kontext traditioneller kunsthistorischer
Wissenschaft ... Besonders die Titel zur Fotografie ... und zum Thema
Frauenkörper/Sexualität ... müssen kritisch gegen den Strich gelesen
werden, weil sie zum überwiegenden Teil den männlichen voyeuristischen
Blick exemplifizieren" (S. 307).
Leider sind die in den fünf Hauptkapiteln der Bibliographie
zusammengestellten knapp 5.000 Titel im Gegensatz zur Praxis
amerikanischer Bibliographien nicht annotiert; es werden lediglich
Fundstellen von Rezensionen angefügt; eine eingehende Erschließung des
Materials ist jedoch über das sehr differenzierte, hierarchisch
strukturierte Register möglich; ein gezielter, auch punktueller
Einstieg bei der Literatursuche ist damit gewährleistet.
Zusammenfassend - und gerade auch vor dem Hintergrund vergleichbarer
Publikationen - ist für die deutsche Bibliographie festzuhalten, daß
es ihren Autorinnen gelungen ist, mit Akribie und bestem
Wissenschaftsstandard eine sehr hilfreiche Dokumentation zu zwanzig
Jahren Frauenforschung in diesem Bereich vorzulegen und mit dem
ausgewählten Titelmaterial zugleich eine sinnvolle, thematisch breite
und zugleich differenzierte bibliographische Einführung als
Ausgangspunkt für weitere Studien anzubieten.
Angela Karasch
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