Frauenforschung international dokumentiert weniger im Blickpunkt der Frauenforschung stehenden Gebiete: so soll der noch ausstehende Bd. 1 ausländische Frauen in Deutschland, Frauen in europäischen Randgebieten und in Ländern des ehemaligen sozialistischen Blocks behandeln, die gleichfalls noch nicht erschienenen Bd. 2 und 3 die Frauenforschung und Frauenbewegung in den Ländern des Nahen und Mittleren Ostens, in Asien bzw. die Bereiche Ozeanien/Pazifik, Neuseeland und Australien; als Bd. 7/8 ist eine Zusammenstellung von internationalen Informationsquellen vorgesehen. Die bisher allein vorliegenden Bände behandeln die Frauenforschung und Frauenbewegung in Afrika (Bd. 4) bzw. in Amerika (Bd. 5/6), hier allerdings unter Beschränkung auf Lateinamerika und die Karibik, während in dem relativ schmalen Teil über Nordamerika nur Literatur über indianische, schwarze und farbige Frauen sowie Immigrantinnen, also über unterpriviligierte Gruppen und Minderheiten berücksichtigt wird.
Die Dokumentation will allen, die sich mit Frauenforschung und Frauenbewegung in der Dritten Welt befassen, ein umfassendes Nachschlagwerk an die Hand geben, und aufzeigen, daß Feminismus z.B. in Afrika schon seit langer Zeit existiert, allerdings in anderer Form und nicht immer europäischem Verständnis entsprechend. Als Zielgruppe ihrer "Dokumentation / Bibliographie" wie sie sie bezeichnet, stellt sich die Herausgeberin vor allem Frauengruppen, Solidaritätsgruppen, Bildungseinrichtungen und die Medien vor. Selbstverständlich ist die Dokumentation auch eine geeignete Grundlage für wissenschaftliche Arbeit.
Die Dokumentation erschließt die sehr verstreut erschienene deutschsprachige Literatur zur Frauenforschung in den behandelten Ländern; dazu wurde die im deutschsprachigen Raum vorhandene fremdsprachige Literatur so weit wie möglich berücksichtigt, desgleichen - auf Grund des interdisziplinären Ansatzes - Literatur aus den verschiedensten Fachdisziplinen, wie Philosophie, Anthropologie, Soziologie, Literaturwissenschaft, Geschichtswissenschaft, Politikwissenschaft, entwicklungspolitischer Bildungsarbeit und Didaktik. Dabei wurden nicht nur feministische Literatur oder feministische Ansätze in Betracht gezogen, sondern auch allgemeine Arbeiten über Frauen aufgenommen. Die Dokumentation berücksichtigt sowohl Monographien und Sammelbände als auch Zeitschriften- und Zeitungsartikel; außerdem wurde Wert auf die Erfassung der grauen Literatur gelegt. Die beiden Bände verzeichnen, grob geschätzt, je ca. 5.000 - 6.000 Titel aus den Jahren 1970 - 1991, teilweise auch weiter zurückgehend. Ausgewertet wurden die Bestände wichtiger thematisch einschlägiger Institute sowie grundlegende Bibliographien und Indizes; die so gewonnenen Titel wurden durch Recherchen in Datenbanken ergänzt. Beide Bände enthalten ausführliche Einleitungen in die Thematik und beschreiben die Schwierigkeiten bei der Erstellung dieser Dokumentation, ihre Probleme, die benutzten Quellen und die verwendete Systematik. Es folgen gleichfalls ausführliche Benutzungshinweise, zusätzlich einige Abbildungen und Karten.
Alle Titel wurden nach systematischen und regionalen Gesichtspunkten geordnet, innerhalb chronologisch. Zahlreiche Verweisungen verknüpfen die einzelnen Systemstellen. Soweit bekannt, sind Besitznachweise angegeben, was bei rund der Hälfte der Titel der Fall ist, ein nützlicher Service, handelt es sich teilweise doch um recht "ausgefallene", schwer zu beschaffende Literatur. Häufig sind auch Bezugsquellen selbst angegeben.
In Bd. 4 entfällt grob geschätzt rund ein Drittel der Titel auf solche in deutscher Sprache, gefolgt von solchen in englischer, französischer und arabischer Sprache. Titel in entlegenen Sprachen sind überwiegend mit einer Übersetzung oder Erläuterung annotiert. Trotdem scheint der Nutzen z.B. arabischsprachiger Titel für die hauptsächlich angesprochene Zielgruppe eher zweifelhaft. Daß in Bd. 5/6 die Zahl spanisch- und portugiesischsprachiger Titel besonders hoch ist, liegt in der Natur der Sache, doch stellt dies natürlich hohe Ansprüche an die Sprachkompetenz der Zielgruppe, zumal diese Titel ohne Übersetzung verzeichnet sind.
Der Dokumentation liegt eine ausgefeilte systematische Gliederung zugrunde, die in Bd. 4 zunächst in einem allgemeinen, rund 100 Seiten langen Teil inhaltliche Schwerpunkte länderübergreifend zusammenfaßt. Danach folgen regionale und Länderkapitel, die wiederum inhaltliche Unterteilungen haben. Das hat freilich nicht nur Vorteile: Sucht man in Bd. 5/6 beispielsweise Literatur zur Einstellung von Frauen zu ihrer Sexualität länderübergreifend, so ist das Auffinden der entsprechenden Hinweise recht mühsam, denn man muß neben dem allgemeinen Kapitel auch alle Länderrubriken durchsuchen. Leider ist die Bezeichnung der Kapitel nicht an allen Systemstellen identisch, vielmehr sind sie sowohl unterschiedlich strukturiert und bezeichnet als auch unterschiedlich numeriert. Das erschwert eine derartige Recherche unnötig. Die detaillierte systematische Gliederung kann auch nur teilweise ein Sachregister ersetzen, das vor allem für schnelles Nachschlagen wünschenswert wäre.
Die Auswahl der Titel erfolgte wertneutral, jedoch soll dem grundsätzlichen Wandel von Frauenforschung in der Dritten Welt besonders dadurch Rechnung getragen werden, daß überwiegend die betroffenen Frauen selbst zu Wort kommen. Damit wird dem Vorwurf des unpassenden Exports von Handlungsmustern der Industriegesellschaft auf die Frauen der Entwicklungsländer vorgebaut. Denn aufgrund des wachsenden gesellschaftlichen und politischen Bewußtseins entwickeln auch die Frauen der Dritten Welt heute ihre eigenen Vorstellungen und Initiativen zur Verbesserung ihrer Situation. Dies ist auch in der Dokumentation erkennbar.
Das Verfasserregister enthält nur die Nachnamen,[1] was eine Überprüfen
der Literatur in Datenbanken recht mühsam macht. Auch die interessante
"Statistik", die daraus resultiert, daß man das Verfasserregister auf
die Verteilung von männliche und weibliche Vornamen überprüft, ist
damit nicht möglich. An den Titelaufnahmen im bibliographischen
Hauptteil läßt sich allerdings ablesen, daß die männlichen Autoren
eindeutig in der Minderheit sind.
Ein Vergleich mit den gängigen Datenbanken - diese wurden gemäß
Vorwort auch alle für die Publikation herangezogen - zeigt, daß
sorgfältig gearbeitet wurde. Was Recherche-Stichproben hervorbrachten,
fand sich weitgehend in der Publikation wieder, wobei allerdings Bd. 4
besser als Bd. 5/6 abschnitt. Allerdings war dies nur ein Bruchteil
der dokumentierten Titel. Der Band geht also weit über das hinaus, was
mit Recherchen in den Standard-Datenbanken gefunden werden kann. Ein
Vergleich mit den Datenbanken des Informationszentrums
Sozialwissenschaften[2] ergab folgendes interessante Ergebnis: So wurde
die Arbeit an der Dokumentation selbst als Forschungsprojekt in der
entsprechenden Datenbank FORIS gemeldet, wie auch die daraus
resultierenden fünf Bände; von diesen sind jedoch z.Zt in der
Literaturdatenbank SOLIS noch nicht einmal die bisher erschienenen Bd.
4 und 5/6 beschrieben. Eine stichprobenartige Überprüfung der
dokumentierten deutschsprachigen Literatur - nur solche wird in SOLIS
aufgenommen - ergab wenig Übereinstimmung, d.h. die dokumentierte
Literatur ist weitestgehend Spezialliteratur. Allerdings war auch
umgekehrt die in der Datenbank SOLIS in geringer Zahl vertretene
Literatur zu Frauen in Lateinamerika kaum in der vorliegenden
Dokumentation wiederzufinden. Auch zu der auf CD-ROM vorliegenden
Datenbank des HWWA, die zur Dokumentation mit herangezogen wurde,
ergaben sich Unterschiede, die zumindest auf den ersten Blick nicht
erklärlich sind. Das läßt den Schluß zu, daß Vollständigkeit schwer,
wenn nicht unmöglich erreichbar ist. Und als Rat kann man dem Leser
nur empfehlen, sich möglichst nicht lediglich auf eine Quelle zu
stützen. D.h. zugleich, daß für eine erschöpfende Literaturrecherche
nicht auf die einschlägigen Spezialbibliographien verzichtet werden
kann.[3]
Als Fazit läßt sich trotzdem festhalten: Die vorliegenden Bände haben
im deutschsprachigen Raum nichts annähernd Vergleichbares. Neben der
Breite der Auswahl überzeugen auch die vielfältigen Erläuterungen. Die
Dokumentation schließt nicht nur eine Lücke, sie dürfte sich zu einem
wichtigen Werkzeug für die Forschung entwickeln und den Blick auf die
vielfältigen und vielschichtigen Probleme der Frauen in den
behandelten Ländern ebenso wie auch auf ihre Stärken öffnen. Schon
allein die Lektüre der Dokumentation ist spannend. Man kann sie nur
empfehlen.
Ulrike Zien-Adler
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