Wer sich auch nur gelegentlich mit der Geschichte Wiens beschäftigt,
kennt die zahlreichen einschlägigen Werke des langjährigen Leiter des
Wiener Stadt- und Landesarchivs, Felix Czeike, darunter insbesondere
Das große Groner-Wien-Lexikon,[1] dessen sämtliche Artikel aktualisiert
und ggf. korrigiert in das neue Lexikon eingegangen sind. Die ca.
25.000 Artikel[2] stammen ganz überwiegend von Czeike selbst; sie sind
nicht gezeichnet, während solche von anderen Autoren mit deren Namen,
bzw. im Fall von Mitarbeitern mit dem Zusatz "Mitarbeit: ..."
gezeichnet sind. Die Artikel betreffen: 1. Topographica: die
Eintragungen für Gebäude aller Art wurden gegenüber 1974 um rund ein
Viertel vermehrt und dazu Neubauten aus den letzten zwei Jahrzehnten
berücksichtigt;[3] die Angabe von Stadtbezirk und Adresse ist dabei
selbstverständlich. Bei den Verkehrsflächen und städtischen
Wohnhausanlagen, die jetzt erstmals vollständig aufgenommen sind, wird
nicht nur das genaue Datum der Namengebung sondern - mit Siglen - auch
die namengebende Körperschaft benannt. 2. Die über 8000 biographischen
Artikel (gegenüber ca. 1000 1974) gelten ausschließlich verstorbenen
Persönlichkeiten, "die durch ihre Tätigkeit oder durch eine Ehrung
(einschließlich Ehrengrab, Verkehrsflächen- oder Wohnhausbenennung,
Gedenktafel) einen stärkeren Bezug zu Wien aufweisen." Besondere
Berücksichtigung finden Emigranten, "auch dann ..., wenn sie erst im
Exil den Höhepunkt ihres Schaffens erreichten." (Bd. 1, S. II).
Biographische Kurzinformationen zu weiteren Personen finden sich in
den Artikeln für Straßen etc., die nach Personen benannt sind.
Besonderer Wert wurde auf die Ermittlung der genauen Geburts- und
Todesdaten (unter Heranziehung archivalischer Quellen) sowie auf
sonstige genealogische Informationen gelegt. Der Lebenslauf geht vor
allem auf den Wien-Bezug ein, so insbesondere durch die Angabe von
"Studien-, Promotions- und Aufenthaltsdaten, relevante Wiener
Arbeitsstätten, Adressen ..., Friedhöfen, Ehrungen ...,
Erinnerungsstätten ... u.s.w." (ebd. S. IV). 3. Die Sachschlagwörter
betreffen "vornehmlich kommunale Bereiche ... sowie weltliche und
kirchliche Institutionen", ferner ... "ausgewählte Begriffe aus
speziellen Wissensgebieten ..." (ebd. S. II - III). Von besonderer
Bedeutung sind die den meisten Artikeln beigegebenen
Literaturhinweise, die durch äußerste Knappheit der Zitierung unter
Verwendung sehr zahlreicher Abkürzungen gekennzeichnet sind; Auswahl
und Zitierung liegt ein umsichtig konzipiertes System zugrunde. Es
kann dies zwar kein Ersatz für die fehlende Wien-Bibliographie der
letzten 50 Jahre sein, doch weiß man jetzt wenigstens, wo man sich im
Anschluß an die Berichtszeit des Gugitz[4] bibliographisch orientieren
kann. Erwähnt seien auch die zahlreichen Schwarzweiß-Reproduktionen
von Photos, Gemälden, Grundrissen u.a., deren Qualität leider nicht
derjenigen der Artikel entspricht. Bewundernswert ist auch, daß die
Bände bisher wie angekündigt im Jahresabstand erschienen sind, so daß
man zuversichtlich davon ausgehen kann, daß dieses beeindruckende
Stadtlexikon im Herbst 1996 vollendet sein wird. Der letzte Band soll
außer Nachträgen und Aktualisierungen zu bereits erschienenen Artikeln
u.a. neue Artikel für zwischenzeitlich Verstorbene enthalten. Auch ein
Verzeichnis der Mitarbeiter von Czeike sollte dann nicht fehlen,
möglichst unter Angabe der von ihnen stammenden Artikel. Ob ein
Register vorgesehen ist, geht aus dem Vorwort nicht hervor: es böte
sich gleichwohl für die nur innerhalb eines Artikels erwähnten Sachen
und Personen an; bei letzteren könnten dann vor allem auch die noch
lebenden (so etwa Udo Proksch im Artikel Demel, Hofkonditorei) gezielt
ermittelt werden.
Wien hat mit diesem Lexikon ein Nachschlagewerk erhalten, das seinem
Rang in der Geschichte der europäischen Hauptstädte angemessen ist.
Daß das kleine Bändchen Wien : innere Stadt - die Altstadt und den
Bereich der Ringstraßen behandelnd - auf dem großen Historischen
Lexikon Wien aufbaut, ist selbstverständlich, allerdings trifft es
seine Auswahl im Hinblick auf den an Kunst, Kultur und Geschichte
interessierten Besucher der Stadt. Es erweitert, aktualisiert und
ersetzt damit ein im Vorwort nur indirekt genanntes Werk desselben
Verfassers.[5] Die Artikel (ohne Literaturangaben) für ca. 500
ausgewählte Denkmäler sind nicht - wie im großen Lexikon - nach den
Namen der Denkmäler geordnet, sondern im Alphabet der Straßennamen
verzeichnet. Die Recherche nach dem einzelnen Objekt muß also über das
Stichwortregister erfolgen, so wie die Recherche nach den in den
Artikeln erwähnten Namen (Personenartikel selbst fehlen) nur über das
Personenregister möglich ist. Die ca. 70 Schwarzweiß-Abbildungen
gelten Gebäuden, Grundrissen und vereinzelt Personen. Ob es wirklich
alle Besucher goutieren werden, durch die alphabetische Anordnung
"nicht auf fixe Routen" gezwungen zu sein (S. 5) oder ob sie es nicht
doch praktischer fänden, einem Stadtrundgang zu folgen, bleibe
dahingestellt.[6]
sh
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