So enthält die in 2. Aufl. des Bandes Bremen, Niedersachsen für
Niedersachsen einen Einleitungsaufsatz von 26 S. Ländliche Bauten und
Siedlungsformen in Niedersachsen, der mit seiner Darstellung vom
"niederdeutschen Hallenhaus" bis zu den "Siedlungs- und Hofformen" der
"quergeteilten mitteldeutschen Hausformen in Südniedersachsen"
allerlei Details zu einem einzelnen Denkmaltyp bringt. In dieser
Exklusivität ist der Beitrag im Rahmen des Dehio-Handbuchs fehl am
Platz.[1] Auf eine historische Einführung und/oder einen Überblick über
die Denkmälervielfalt, auf alte, auch baugeschichtlich wichtige und
interessante Gebietszusammenhänge etc. wird für den Teil Niedersachsen
ansonsten vollständig verzichtet: dem Hausbau-Aufsatz folgt das
Ortsalphabet.
Überzeugender ist u.E. die Umsetzung eines veränderten
Denkmalverständnisses und die Integration in die
Dehio-Beschreibungsstrukturen in der 2., veränd. Aufl. des Bandes
Hamburg, Schleswig-Holstein ausgefallen. So sind etwa im Teil Hamburg
zusammenfassend Aspekte wie Stadtgestalt; Wohnhäuser, Palais,
Wohnstifte; Kaufmanns- und Lagerhäuser; Geschäftshäuser;
Speicherstadt; Brücken; Technische Denkmäler; Hoch- und
Untergrundbahn; Wallanlagen (neben den bekannten Beschreibungsgruppen
herausragender Sakral- und Profanbaudenkmäler und den
"Klein-"Denkmälern) in knapper Überblicksform mit Aufführung wichtiger
Beispiele abgehandelt. Dem Ensemble-Gedanken wird dabei vielfach
Rechnung getragen.
Auch der Band Baden-Württemberg I nimmt gegenüber der noch das gesamte
Bundesland behandelnden 1. Aufl. von 1964 nun eine Neustrukturierung
des Materials vor. Nicht nur ist jetzt dank der Aufteilung auf zwei
Bände der Beschreibungsumfang um ein Vielfaches gewachsen - der
Teilband 1 ist mit 908 S. umfangreicher als der Gesamtband von 1964
mit 591 S. -, es werden jetzt auch zur "besseren Auffindbarkeit der
Objekte" die heutigen Verwaltungseinheiten zugrunde gelegt.
Umfangreichere Objektbeschreibungen, veränderter Denkmalbegriff und
damit erweiterte Objektberücksichtigung und umfangreicheres
Karten- und
Zeichnungsmaterial führten hier zu der genannten Erweiterung.
Begnügte sich der Eintrag für Stuttgart 1964 mit 5 Seiten
(historischer Überblick, Stadtplan Stuttgarts von ca. 1850,
Beschreibung der Sakralbauten Ev. Stiftskirche, Ev. Leonardskirche,
Ev. Spitalkirche, der Profanbauten Altes Schloß und Neues Schloß und
mit Kurzeintragungen für Friedhof, Alte Kanzlei, Prinzenbau,
Schiffsfruchtkasten, Königsbau, Wilhelmspalais, Villa Berg,
Staatsgalerie [Altbau], Wilhelma mit Theater, Schiller-Denkmal,
Jubiläumssäule, Schloß Rosenstein und mit einer Verweisung auf die
Solitude), so erweitert die Neubearbeitung den Eintrag für Stuttgart
bei deutlich zur Gegenwart verschobener Zeitgrenze um die Abschnitte
Gemeindebauten, Studiengebäude und Schulbauten, Kulturbauten (die
Liederhalle sogar mit Grundriß), Geschäftshäuser, Wohnbauten (mit
Straßenalphabet und Auflistung der Einzelgebäude; als Ensemble hier
die Weißenhofsiedlung), Verkehrsbauten, Industriebauten,
Friedhöfe/Grünanlagen, Brunnen, Denkmäler, Museen und Sammlungen. Im
von Dehio ursprünglich anvisierten und sogar noch 1989 im Vorwort zum
Band Bayern III wiedergegebenen Zweck des Handbuchs als "urteilende[n]
und klärende[n] Führer durch die Denkmälermasse" kommen die genannten
Neubearbeitungen vielleicht nur noch insofern nach, als sie
herausragende Denkmäler durch einen Asteriskus markieren; nur eine
weitere Hierarchisierung durch Vergabe mehrerer Sterne im
Guide-Michelin-Stil steht noch aus.
Auch der jüngste Band für Berlin, zugleich der erste Band des
Dehio-Handbuchs für Gesamt-Berlin, übernimmt diese Orientierungshilfe,
wenngleich die Zusammenstellung hier durchaus gestraffter ist. Sein
rasches Erscheinen nach der Wiedervereinigung ist den bereits
geleisteten Vorarbeiten zu danken, lag doch die Neubearbeitung des
Denkmälerbestandes des Ostteils der Stadt für das DDR-Handbuch noch
nicht allzu lange zurück, so daß die entsprechenden Texte von 1983 für
die betreffenden Berliner Stadtbezirke übernommen werden konnten;
Übersichtspläne etc. wurden ergänzt. Für die West-Berliner
Stadtbezirke hatten erste Vorarbeiten bereits 1987 begonnen. "Die
Auswahl der Objekte unterlag den strengen Maßstäben der für die
Aufnahme in das Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler
ausschlaggebenden Qualität; erweitert wurde jedoch der Rahmen auf die
für Berlin besonders wichtigen Gattungen des Massenwohnungsbaus, der
Villen- und der Industriearchitektur. Es galten nur 'Kunstdenkmäler'
als 'dehiowürdig', nicht bloße Geschichtsdenkmäler ..." (Vorwort, S.
VIII), allerdings unter Ausweitung der Zeitgrenze mit einem
allgemeinen Schnitt bei 1930 und mit Ergänzungen um wichtige Bauten
aus der Zeit nach 1945 und unter Einbeziehung der
Industriearchitektur. Sicher ist im Sinne einer einheitlichen Linie
für den Berlin-Band eine leichte Angleichung an die "Dehio-gemäßeren"
Vorgaben durch die Ostteil-Beschreibungen nicht zum Nachteil der
gesamten Bandkonzeption erfolgt. Vom grundlegenden Beschreibungsraster
abgesehen, ist, ohne jedoch störend zu sein, die unterschiedliche
Herkunft der Beschreibungsteile in Einzelheiten gleichwohl spürbar. In
der Beschreibung folgt die Anlage des Bandes nach Voranstellung des
Stadtbezirks Berlin-Mitte als dem historischen Zentrum der Stadt dem
Alphabet der Stadtbezirke (mit jeweils eigener historischer
Einführung). Die Ordnung der Einträge innerhalb der
Stadtbezirkskapitel ist "Dehio-typisch"; Kartenmaterial und Grundrisse
ergänzen vielfach die Ausführungen. Der Band schließt mit einer
Zusammenstellung der Museen und Sammlungen Berlins, einer kurzen
Bibliographie, Künstlerregister, Ortsnamenverzeichnis und Glossar. Der
Berlin-Unkundige wird allerdings ein Objektregister, das zumindest die
herausragenden Denkmäler erfaßt, schmerzlich vermissen, denn nicht
immer kann die Kenntnis der jeweiligen Bezirkszugehörigkeit
vorausgesetzt werden; aber auch dem Kundigen wäre ein solches Register
zum schnelleren Auffinden der einzelnen Denkmäler mehr als hilfreich
gewesen.
Beim Band Stadtkreis Potsdam, der 1993 anläßlich des Tausendjahrfeier
der Stadt als unveränderter Auszug aus dem Band für die Bezirke
Berlin/DDR und Potsdam erschien, dürfte es sich um einen Einzelfall
handeln. Im Vorwort (S. VII) des Vorstandes der Dehio-Vereinigung wird
auf die Entwicklung der Bandeinteilung des Dehio eingegangen:
angefangen beim Begründer, der "bei der Aufteilung ... durchaus
kunstlandschaftliche Zusammenhänge im Auge (hatte), und noch mehr war
Ernst Gall bei seiner Neubearbeitung darauf bedacht". Die
Neubearbeitung durch die Dehio-Vereinigung orientiert sich dagegen an
den jeweils geltenden Verwaltungsgrenzen, d.h. heute denen der
Bundesländer. Da es sich auch bei Berlin (noch) um ein eigenes
Bundesland handelt, ist es nicht recht verständlich, warum mit dem
damals angekündigten und inzwischen erschienenen Band Berlin "das
Selbstverständnis der Kunsthistoriker und Denkmalpfleger ... auf eine
harte Probe gestellt" werden sollte, handelt es sich demnach doch
nicht um einen "Städteband für größere und denkmalreichere Städte".
Daß solche trotzdem nicht unbedingt des Teufels sind, würde sich
spätestens dann erweisen, wenn der Verlag zur besseren Vermarktung auf
solche Städtebände drängen sollte. Hier ist wieder die Funktion des
Dehio als Kunst-"Reiseführer" angesprochen, und wer ihn doch in dieser
Funktion benutzt, wird, wie der Rezensent, sehr dankbar sein, wenn er
bei einem Besuch in Potsdam nur das schmale Bändchen und nicht eines
Tages den ganzen Band Brandenburg/Berlin mit sich führen muß, oder
wenn er in Münchens auf einen Auszug der rund 190 S. aus dem Band
München und Oberbayern zurückgreifen könnte, statt einen Band von 1350
S. mit sich zu tragen, ohne an diesem Tag Gebrauch von dem Artikel
über Vilgertshofen machen zu können. [sh]
2.4 Dehio-Handbuch der Kunstdenkmäler Österreichs
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