Der hier exemplarisch zitierte Band für ein österreichisches Bundesland, hier der erste Teilband für Niederösterreich, enthält zwei einleitende Beiträge über die Ur- und Frühgeschichte sowie die bäuerlichen Siedlungs- und Hauslandschaften, gefolgt vom Ortsalphabet (maßgebend für die Aufnahme und die Schreibweise ist das amtliche Ortsverzeichnis von Österreich). Die Binnengliederung der Ortsartikel erfolgt nach: 1. allgemeine Angaben, z.B. zur Siedlungsform bzw. -struktur u.a.; 2. Pfarr- bzw. Hauptkirchen und weitere Sakraldenkmäler; 3. Profane Monumentalbauten.
Die Vielzahl der umfangreichen Register unterscheiden die neueren Bände für Österreich positiv von denen für Deutschland, die sich mit einem Register der Künstler begnügen: 1. Künstler, 2. erwähnte Personen, 3. ikonographische Sachverhalte, 4. Patrozinien, sowie, nur für Wien: 5. Objekte (einzelne Bauten sowie Bautypen, wie Bäder), 6. Straßennamen.
3. Kunstdenkmäler ... : ein Bildhandbuch
Allen Dehio-Bänden eignet der von der Konzeption bedingte Verzicht auf Photos; nichttextuelle Erläuterungen beschränken sich i.a. auf Karten, Grund- und Aufrisse. Diese Lücke füllen seit längerem eigenständige Reihen, auf deren Zusammengehörigkeit und gleichförmigen Aufbau nur der Zusatz zum Sachtitel hinweist: Deutsche Kunstdenkmäler : ein Bildhandbuch; Kunstdenkmäler in Österreich : ein Bildhandbuch; Kunstdenkmäler in der Schweiz : ein Bildhandbuch, um nur die drei Reihen für die deutschsprachigen Länder zu nennen. Die Bände im handlichen Format enthalten jeweils ca. 350 Schwarz-weiß-Abbildungen, neuere Bände zusätzlich auch einige Farbtafeln, dazu als Beigabe einen auf Minimalinformationen reduzierten Textteil, der sich allein auf die abgebildeten Objekte bezieht; deren Auswahl beschränkt sich auf die wichtigsten Kunstdenkmäler einer Region. Einige Bände des Bildhandbuchs wurden in IFB 94-1-070 - 074 vorgestellt, so daß der Hinweis darauf an dieser Stelle genügen kann.
4. Reclams Kunstführer
Ob das Dehio-Handbuch auch heute noch einen vorrangigen Platz unter
den Kunst-Reiseführern innehat, wie von Dehio ursprünglich durchaus
beabsichtigt, muß eher bezweifelt werden. Längst haben - zumindest für
ein breiteres, kunstinteressiertes Publikum - die knapperen und
handlicheren Bände von Reclams Kunstführern diesen Platz eingenommen.
Vergleicht man etwa die neueste Auflage des Bandes Baden-Württemberg
von 1979[2] mit dem letzten Dehio-Gesamtband Baden-Württemberg von 1964
und dem neuen Dehio-Teilband Baden-Württemberg I von 1993 (20), so
zeigt sich, daß Reclam hinsichtlich der Erfassung und Auswahl (man
vergleiche nur die Stuttgart-Einträge) nicht nur wesentlich breiter
und moderner ist als die Dehio-Ausgabe von 1964, sondern durchaus auch
neben dem viel jüngeren Dehio-Teilband von 1993 noch einen
ansprechenden Eindruck hinterläßt. Im Detail liegen bei Reclam
allerdings die Schwerpunkte etwas anders: Reclam geht bei seinen
Einträgen schwerpunktmäßig vom Ist-Zustand aus und knüpft historische
und kunstgeschichtliche Erläuterungen in Form eines auch "für den
kunsthistorisch interessierten Laien lesbaren, sachlich unterrichtenden
Text[es]" (21) an. Der Dehio als Reiseführer dürfte da eher der
Vergangenheit angehören. Der Dehio als Reiseführer dürfte da eher der
Vergangenheit angehören. Zum aktuellen Stand von Reclams Kunstführern
s.u. IFB 95-3-413 - 414.
5. Der veränderte Denkmalbegriff seit den sechzigerer Jahren und
seine Folgen für die Inventarisierung
Mit Blick auf die Gesamtsituation der Denkmalverzeichnung in
Deutschland muß - trotz neuer Projekte der Denkmalerfassung
insbesondere nach 1975 - dem gesamten Dehio-Unternehmen nach wie vor
ein besonderer Stellenwert beibemessen werden, bietet es doch immer
noch die breiteste Flächendeckung in der Verzeichnung. Dieser
besondere Stellenwert kommt auch darin zum Ausdruck, daß Bundesländer
wie Hessen und Berlin statt gesonderter Denkmallisten die
entsprechenden Dehio-Bände in dieser Funktion übernehmen.
War der Dehio eine erste und frühe Reaktion auf die Verfahrensweisen
und Nachteile der Großinventare, so wurden seit 1945, insbesondere
aber seit den 60er Jahren diese Defizite an flächendeckender und
aktualisierter Beschreibung verstärkt negativ bewertet. Im Gefolge von
Kriegszerstörungen, Abriß und Altstadtsanierungen waren rasch zur
Verfügung stehende, umfassende Verzeichnisse der noch vorhandenen und
evtl. unter Schutz zu stellenden Denkmäler erforderlich. Andererseits
sahen sich die Großinventare mit einem sich wandelnden, nämlich
ständig ausweitenden Denkmalbegriff konfrontiert, dem sie aufgrund
ihrer langen Bearbeitungszeiten nur in Maßen folgen konnten, ist doch
dessen Einheitlichkeit Voraussetzung für die Konsistenz des
Gesamtinventars. Trotzdem wurde im Laufe der Inventarisierungsvorhaben
der Zeitpunkt für die "Denkmalwürdigkeit" mehrfach zur Gegenwart hin
verschoben; dort, wo der klassische Denkmalbegriff entschieden in
Frage gestellt wurde, mußte das Konsequenzen für die Fortführung der
begonnenen Inventare haben und sie gar fast zum Erliegen bringen.
Bezeichnenderweise erschien 1968/1969 - quasi als Fazit des bisher
Erreichten - ein Überblick über den Stand der
Kunstdenkmäler-Inventarisation in Mitteleuropa, insbesondere in den
deutschsprachigen Ländern.[3] Wurde im 1899 erschienenen Handbuch für
die Denkmalpflege der Denkmalbegriff auch noch deutlich "offen"
skizziert - "Er ist undefinierbar und daher gesetzlich nicht
festzulegen. Im allgemeinen gilt der Grundsatz, daß ein Gegenstand
dann als Denkmal zu bezeichnen ist, wenn derselbe einer näheren oder
ferneren Vergangenheit angehört oder von geschichtlicher,
wissenschaftlicher oder künstlerischer Bedeutung ist. Da hiernach
verschiedene Meinungen darüber herrschen können, ob in einem gegebenen
Falle die Merkmale des Denkmals vorhanden sind, so ist die endgültige
Entscheidung darüber dem Staate vorbehalten bei allen Gegenständen,
welche staatlicher Aufsicht unterstehen."[4] - so lag im allgemeinen
doch eine deutliche Eingrenzung des Begriffs auf den des
Baukunstdenkmals vor. Ein Abrücken von dieser Begriffsfestlegung ist
seit etwa 1960 in der nun häufigeren Verwendung des Begriffs
Kulturdenkmal erkennbar. Auch in den Denkmalschutzgesetzen der
einzelnen Bundesländer und in sonstigen Veröffentlichungen findet das
seinen Niederschlag. So bezieht sich etwa das Denkmalschutzgesetz von
Schleswig-Holstein ausdrücklich auf Kulturdenkmäler und definiert
diese in 1 II als: "Sachen, Gruppen von Sachen oder Teile von Sachen
vergangener Zeit, deren Erhaltung wegen ihres geschichtlichen,
wissenschaftlichen, künstlerischen oder städtebaulichen Wertes in
öffentlichem Interesse liegt". Das baden-württembergische
Denkmalschutzgesetz benennt Gesamtanlagen exemplarisch: "Straßen-,
Platz- und Ortsbilder" und bewegliche Kulturgüter werden ebenfalls
besonders hervorgehoben.[5] Hamburg hebt zusätzlich auf Bodendenkmäler
wie Gräberfelder, Befestigungsanlagen etc. ab.
Dringendstes Bedürfnis der Denkmalpflege und Politikum war nun die
schnelle und flächendeckende Erfassung aller in Betracht kommenden
Denkmäler und Veröffentlichung in Denkmallisten als Voraussetzung und
juristische Handhabe für eine mögliche Unterschutzstellung eines
Denkmals. Dieser Zwang führte dazu, daß die bisherige
Inventarisierungs- und Veröffentlichungspraxis entschieden in Frage
gestellt und revidiert wurde.
5.1 Die Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland
In der von der Vereinigung der Landesdenkmalpfleger in der
Bundesrepublik Deutschland eingesetzten Arbeitsgruppe Inventarisation
wurden in mehrjähriger Arbeit Formen der Schnellerfassung im Rahmen
einer Denkmaltopographie beraten und entwickelt. Ziel war eine
flächendeckende Publikation in einem überschaubaren Zeitraum.[6] 1981
konnten die Richtlinien ... zur Erstellung der Denkmaltopographie
veröffentlicht werden.[7] Dargestellt werden sollte der "derzeitige
Bestand der Denkmale nach Art, Verteilung und strukturellen
Beziehungen ... Denkmale in diesem Sinne sind augenscheinliche
bauliche Gegenstände, die als einzelne Objekte oder als geschlossene
und übergreifende Struktur eine abgeschlossene Epoche bezeugen.
Bodendenkmale werden nur insofern verzeichnet, als sie in ihrer
Erscheinung zum Verständnis von Baudenkmalen beitragen." Die
Publikation sollte nach Stadt- und Landkreisen geordnet sein und eine
flächendeckende Wiedergabe der Bundesrepublik anstreben. Kartographie,
Maßstäbe usw. wurden genau vorgegeben, mit dem "Ziel, einen Überblick
über Art, Lage, Verteilung und strukturelle Beziehungen des
Denkmalbestandes zu geben". "Der kartographischen Darstellung
entspricht eine analytische Charakterisierung. Sie ist knapp zu
halten"; unbedingt sollte diese aber auf die Begründung des
Denkmalcharakters hinweisen. Denn: "Die Denkmalliste ist Grundlage und
Teil der Denkmaltopographie." Schließlich wurde für die
Gesamtpublikation ein gemeinsames Erscheinungsbild im DIN A 4-Format
festgelegt. Darüber hinaus war jedes Bundesland relativ frei in der
Ausgestaltung der Richtlinien.
Diese Freiheit zeigt sich bereits rein formal in dem unter dem
Gesamttitel Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland für das
jeweilige Land gewählten Reihentitel. Dabei folgt die jeweilige
Titelfassung sicher zugleich auch den durch die Denkmalschutzgesetze
der betreffenden Bundesländer gesetzten Prämissen. Die von den
einzelnen Bundesländern gewählten Titel sind nachstehend mit dem Jahr
des Erscheinens des ersten Bandes und in Klammern der Zahl der bis
Ende August 1995 vorliegenden Bände[8] (ohne Berücksichtigung von
Neuauflangen) aufgeführt:
Denkmäler in Bayern. [Tl. 1.]. - 1985 - 1986. (8 Bd.)
Denkmäler in Bayern. [Tl. 2.]. - 1986 - . (10 Bd.)
Baudenkmale in Berlin. - 1988 - . (2 Bd.)
Denkmale in Brandenburg. - 1994 - . (1 Bd.)
Baudenkmale in der Freien Hansestadt Bremen. - 1982 - . (3 Bd.)
Hamburg-Inventar. - 1986 - . (2 Bd.)
Hamburg-Inventar. Themenreihe. - 1982 - . (5 Bd.)
Baudenkmale in Hessen. - 1982 - 1986. (5 Bd.). - Forts. u.d.T.:
Kulturdenkmäler in Hessen. - 1987 - . (12 Bd.)
Baudenkmale in Niedersachsen. - 1981 - . (13 Bd.)
Denkmäler im Rheinland. - 1988 - . (2 Bd.)
Kulturdenkmäler in Rheinland-Pfalz. - 1985 - . (14 Bd.)
Denkmale in Sachsen. - 1994 - . (1 Bd.)
Trotz des ursprünglich anvisierten Bearbeitungs- und
Publikationszeitraums von 10 bis 12 Jahren ist heute - nach Ablauf
dieser Frist - offensichtlich, daß in den meisten Ländern dieses Ziel
nicht nur nicht erreicht wurde, sondern daß einige Bundesländer noch
nicht einmal mit der Veröffentlichung begonnen haben. Letzteres gilt
für Baden-Württemberg, das Saarland und Schleswig-Holstein. Daß auch
Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Thüringen noch ausstehen,
kann nicht im gleichen Atemzug genannt werden. Im Gegenteil, bei den
neuen Bundesländern erstaunt es eher, wie schnell Brandenburg und
Sachsen erste Ergebnisse vorlegten. Der unterschiedliche Stand der
Veröffentlichung ist sicherlich auch durch die landesspezifische
Ausformung der Richtlinien zur Denkmaltopographie mitbestimmt: reicht
die Spanne doch von einer "leicht angereicherten Adressenliste"[9] für
Bayern bis zu einer fast inventarartigen Beschreibung im Falle von
Rheinland-Pfalz. Auch das Verhältnis von Kartenmaterial und Text
schwankt stark: es gibt ausgesprochen kartenorientierte, also im
engsten Sinne des Wortes topographische Ausführungen (Niedersachsen)
und es gibt eher textorientierte Versionen mit Kartenbeilage (Bremen).
In allen Reihen jedoch entsprechen die Karten den Richtlinien und
ergeben damit über die Bundesländergrenzen hinweg ein einheitliches
Kartenwerk, eines der Hauptziele des Gesamtunternehmens
Denkmaltopographie. Daß abgesehen von dieser Gemeinsamkeit die
weiteren Inhalte in ihrer Aussagekraft sehr unterschiedlich sind, ist
ein Faktum das hier nur zu konstatieren, bei Recherchen aber
essentiell zu berücksichtigen ist. Interessant ist aber in jedem Fall
(auch für spätere Zeiten), wie der Denkmalbegriff in den einzelnen
Bundesländern ausgelegt wurde und welches Material daraufhin in die
Erfassung einging.
6. Bayern als Beispiel für das Nebeneinander verschiedener
Publikationstypen von Inventaren
Bayern ist mit seinem Beitrag zur Denkmaltopographie sicher einen
extremen Weg gegangen, indem hier die Denkmalliste publiziert wurde
(Ortsname, Straßenalphabet, Objektname mit Hausnummer), ohne daß in
den meisten Fällen Text und Kartenmaterial aufeinander bezogen wurden;
insbesondere fehlt für viele Einzelobjekte die eine Eintragung
deutlicher begründende Kurzcharakterisierung. Zwar bieten die Einträge
zu größeren Ortschaften eine knappe, zusammenfassende Einleitung, vor
allem zur Beschreibung von städtischen Ensembles, für die Vielzahl der
Einzelobjekte aber bleibt es bei einer reinen Lokalisierungsangabe.[10]
Dieser Knappheit der Verzeichnung ist es jedoch zu verdanken, daß
Bayern in dieser Form in den Jahren 1986 - 1987 seinen
Denkmälerbestand flächendeckend publiziert hat, ein Ergebnis, wie es
noch kein anderes Bundesland im Rahmen der Denkmaltopographie
aufweisen kann.
Daß letztlich eine reine Auflistung nicht alle Notwendigkeiten und
Informationsbedürfnisse befriedigen kann, hat längst auch in Bayern zu
neuen Initiativen geführt, die auf eine Wiederbelebung weitgehend
ausgestorben geglaubter Formen der Denkmalverzeichnung hinauslaufen.
So wurden in der Reihe Die Kunstdenkmäler von Bayern, die zwar auf die
Gliederung der Denkmaltopographie Bezug nimmt, sich jedoch in Titel
und inhaltlicher Konzeption an der alte gleichnamigen Reihe der
Großinventare orientiert, seit 1990 umfangreiche monographische
Darstellungen insbesondere zu einzelnen Städten vorgelegt.[11] In
veränderter äußerer Aufmachung und als Neue Folge dieser Reihe
bezeichnet, ist soeben der eingangs erwähnte monumentale Band über den
Augsburger Dom erschienen, auf den im folgenden etwas ausführlicher
eingegangen wird.
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