Bayern ist in seiner Veröffentlichungspraxis im Vergleich zu anderen
Bundesländern einen sehr eigenständigen Weg gegangen. Indem es nach
alten Groß- und Kurzinventaren, die aber nicht das ganze Territorium
abdeckten, seinen Beitrag zur Denkmaltopographie Bundesrepublik
Deutschland anfänglich auf eine - allerdings flächendeckende -
Listenerfassung aller Denkmäler reduzierte, verließ es am deutlichsten
den Weg klassischer Inventarisierung. Nachdem sich aber die
Denkmallisten, die für viele praktische Aspekte der Denkmalpflege zwar
ausreichend sind, als Nachschlagewerk bzw. baukundliche
Quellenveröffentlichung letztlich als unzulänglich erwiesen haben,
versucht Bayern eine 'Lösung des Problems' wieder in entgegengesetzter
Richtung, nämlich in Form von "Auswahlinventaren". Dafür stehen
beispielhaft die beiden neuen Publikationen über Augsburg und
insbesondere über den Augsburger Dom. Es dürfte nicht nur den
Urhebern, sondern auch den Benutzern klar sein, daß eine derartige
Aufbereitung der elementaren Daten in den Denkmallisten immer nur sehr
punktuell vorgenommen werden kann, daß also eine vollständige
Bearbeitung des gesamten Denkmälerbestandes in derart umfassender Form
eine Utopie bleiben wird. Bayern scheint sich damit von der
Vorstellung einer möglichen flächendeckenden Inventarpublikation
(alten Typs) stärker zu verabschieden als andere Bundesländer, die
teilweise ihre Beiträge zur Denkmaltopographie durchaus noch
inventarartig anlegten.[1]
7. Denkmäler-Inventare als Informationsmittel in Bibliotheken
Gerade wenn man die neueren bayerischen Denkmälerpublikationen
betrachtet, die hier exemplarisch vorgestellt wurden, stellt sich die
Frage nach der Funktion der unterschiedlichen Publikationstypen und
nach ihrem Nutzen als Nachschlagewerke. Aus den bisherigen
Ausführungen dürfte ersichtlich geworden sein, daß es das baukundliche
Nachschlagewerk für Deutschland nicht gibt. Informationen zum
Denkmälerbestand in Deutschland wird man in notwendiger
Vollständigkeit und Breite nur aus der Zusammenfassung der
unterschiedlichen hier vorgestellten Publikationstypen erhalten. So
ersetzt die Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland aufgrund der
Heterogenität ihrer inhaltlichen Konzeption je nach Bundesland und
aufgrund ihres derzeitigen Bearbeitungsstadiums für die meisten
Bundesländer in keiner Weise die älteren und/oder anders
ausgerichteten Publikationstypen. Ein Verzicht auf Bereitstellung
dieser Vielfalt an Publikationsformen im Bereich Denkmalbeschreibung
verbietet sich auch mit Blick auf die unterschiedlichen
Funktionszuweisungen an die einzelnen Publikationstypen durch die
jeweiligen Bundesländer: Während in Bayern die Bd. 1 - 7 der
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland die veröffentlichte
Denkmalliste darstellen, übernehmen diese Funktion z.B. in Hessen und
Berlin die entsprechenden Bände des Dehio-Handbuchs. Jenseits allen
fachlich-funktionalen Interesses sollten aber die Denkmallisten
insgesamt als Nachschlagewerk einer breiteren Öffentlichkeit
zugänglich sein, informieren sie doch über den als Denkmal angesehenen
Bestand einer Region, für den gegebenenfalls eine Unterschutzstellung
beantragt und damit auch eine Einschränkung der "Zustandsveränderung"
durchgesetzt werden kann. Daß Denkmallisten andererseits
weitergehenden wissenschaftlichen Informationsbedürfnissen nicht
genügen, dürfte ausreichend deutlich geworden sein; hier müssen nach
wie vor die älteren Groß- und Kurzinventare, Handbücher vom Typ Dehio
oder selbst Reclams Kunstführer kompensatorisch eintreten. Zudem sind
die älteren Publikationen gerade für (bau)historische Fragestellungen
generell nach wie vor von erheblichem Wert.[2] Mit Blick auf den
veränderten Denkmalbegriff stellen jedoch die neueren Publikationen
eine unabdingbare Ergänzung dar. Daher wird man für eine sachgerechte
Information nicht nur die verschiedenen Publikationstypen (Liste -
Inventar - Topographie) heranziehen müssen, sondern sogar verschiedene
Auflagen eines Bandes.[3] Eine Bibliothek, die für den deutschen Bereich
wichtige baukundliche Informationsmittel zur Verfügung stellen will,
wird somit nicht umhin können, dieses Zusammenspiel der verschiedenen
Publikationsformen in angemessenem Umfang zu berücksichtigen.
Ergänzend sollten dazu allgemeine, reine Bildinventare, wie z.B. der
Marburger Index[4] zusätzlich angeboten werden, da die älteren
Publikationen aus heutiger Sicht auf dem Gebiet der photographischen
Dokumentation natürlich Defizite aufweisen und auch die jüngeren
Publikationen nicht immer mit Abbildungen in optimaler Auswahl
aufwarten.
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