Daß man solche Verheißungen auch halten kann, wird für den Bereich des Spiel- und Dokumentarfilms durch die von Chedwyck-Healey produzierte und von BFI und NFA verantwortete CD-ROM Film index international eindrucksvoll belegt. Kritik meldet nur jener Nutzer an, der verwöhnt durch das Gebotene, nun "alles" zur Verfügung haben will: Unersättlichkeit wird geweckt, die Endlichkeit eines jeden Angebots wird zur lästigen Behinderung. Seit 1989 arbeitet das BFI mit einem elektronischen Archivsystem, dessen CD-ROM-Version uns hier zugänglich wird: Zwei Haupteinstiege in die Datenbank - über Filme resp. über Personen - öffnen die Archive: Titel-Stichwörter, Filmtitel, Regisseur, Mitarbeiter, Land, Inhaltsangabe und Veröffentlichungsjahr resp. Personen-Name, Tätigkeit, Nationalität werden einzeln oder in Listenform zur beliebigen Suche und Kombination nach allen Regeln der Retrievalkunst angeboten, bis man die qualitative und quantitative Suche soweit eingeschränkt hat, daß sich der Blick auf das Ergebnis "lohnt". Die aufgeblätterte Filmdatei zeigt die vollständigen Produktionsdaten und in der Kategorie Synopsis Angaben zum Inhalt; in der Anzeige werden die bei der Suche verwendeten Suchbegriffe hervorgehoben und zusätzlich jene Personen-Namen, zu denen in der Personen-Datei Daten gesammelt sind. Die aufgeblätterte Personen-Datei enthält nur sehr knappe biographische Angaben, aber alle Film-Namen, denen die jeweilige Person zugeordnet worden ist. Der Durchstieg zu jeder anderen Datei ist über die Enter-Taste sehr bequem möglich, es kann beliebig hin und her geschaltet werden, bis man dieser Such-Sucht willentlich ein Ende setzt. Über eine Funktions-Taste ist ein weiterer und wichtiger Durchstieg in eine dritte Datei möglich, in der Rezensionen aus Filmzeitschriften gespeichert sind. Selbstverständlich sind die bekannten Ausgabefunktionen auf Diskette oder Papier vorgesehen, die noch nach persönlichen Interessen gestaltet werden können.
Die Einschränkungen und Besonderheiten für deutsche Nutzer sind
schnell aufgezählt: Die Datenbank enthält "nur" Filme ab 1930 (in der
Ausg. 1993 der CD 87.630, darunter 6692 mit unvollständigen Angaben
für Filme vor 1930, die aus Eintragungen unter Personen stammen, die
sowohl in der Stummfilm- als auch in der Tonfilmzeit gearbeitet haben)
mit Eintragungen unter ihren Originaltiteln resp. ihren englischen
Verleih-Titeln, verständlicherweise aber nicht unter ihren deutschen
Synchronisations-Titeln. Im übrigen scheint die deutsche
Filmproduktion angemessen berücksichtigt worden zu sein. Ebenso
verständlich ist, daß nur mit englischen Suchbegriffen in der
(englischsprachigen) Inhaltsangabe gesucht werden kann. Als Merkpunkte
sind zu verbuchen, daß Umlaute unter dem Ausgangsvokal eingeordnet
sind und daß bei den Ländernamen dank historischer Vielfalt umsichtig
recherchiert werden sollte: Deutschland z.B. findet sich alternativ
gespeichert wieder als Germany, Federal Republic of Germany, German
Democratic Republic und - unerwartet und nur indirekt zu erschließen
- United Germany (dafür gibt es aber kein United Kingdom). Daß noch
unvollständige Daten von Ausgabe zu Ausgabe korrigiert werden und daß
die Datenbank umfangreich aktualisiert wird, danken wir dem Team des
BFI mit großer Anerkennung. Daß wir nach erfolgter Literatursuche
frustrierten Benutzern gegenüber stehen, die vergeblich die zitierten
Filmzeitschriften - darunter auch sehr populäre, aktuelle
Publikumszeitschriften - in unseren Beständen suchen, liegt in der
Natur der Sache (d.h. der U.S.-amerikanisch dominierten
Internationalität der Filmkultur und dem Londoner Wohnsitz der
Institute), ebenso, daß nur wenige deutschsprachige Zeitschriften
ausgewertet werden. Laut Verlag liegt die Zahl der Nachweise derzeit
bei 330.000. Daß wir keine Hinweise auf Monographien erhalten, ist
schon störender, dem sollte zumindest durch ausgewählte Hinweise
abgeholfen werden. Der 1975 veröffentlichte Bibliothekskatalog des BFI
stammt noch aus einer anderen - der photographischen - Epoche der
Katalogvervielfältigung.[1] Wie wir dagegen mit dem prohibitiven Preis
der CD umzugehen haben, brauchte uns nur dann nicht zu beunruhigen,
wenn wir in der glücklichen Lage wären, in allen größeren Bibliotheken
œ 1095.00 für die Grundausgabe (vom September 1994) und derzeit œ
250.00 für die jährliche Erneuerung ausgeben zu können.[2]
Viel weniger anspruchsvoll und elaboriert im Zugriff als der Film
index international auf CD-ROM bietet sich dem Benutzer die Datenbank
der FIAF. Die CD-ROM ist ohne besondere Installation zugänglich (die
Software gehört der Open University) und stellt sich als Sammlung von
derzeit 7 verschiedenen, mehr oder weniger umfangreichen Dateien vor.
Das Herzstück ist zweifellos der International index to film/TV
periodicals - in der vorliegenden Ausg. für die Berichtszeit 1985/94
- dem hier auch die vornehmliche Aufmerksamkeit gilt. Der Index ist
mit der Taste F1 ansprechbar und bietet die seit 1985 kumulierten
bibliographischen Daten aus der kooperativ erstellten Datenbank der
FIAF an, die seit der Gründung der FIAF 1972 kumulierend zunächst in
konventioneller Kartenform, danach als Mikrofiche und seit 1992 als
CD-ROM angeboten werden. Zusätzlich veröffentlicht die FIAF jährlich
seit Berichtsjahr 1972 den International index to film periodicals[3]
bzw. seit 1979/80 den International index to film periodicals.[4] Die
CD-ROM bietet denn auch nichts weniger als die Kumulation der mit
EDV-Hilfe seit 1985 bearbeiteten Daten, wie sie in den Registern der
Jahresbände - allerdings ohne Kumulation - auch angeboten werden:
Bibliographische Einträge von Zeitschriften-Aufsätzen incl. kurzer
Annotationen (in englischer Sprache) unter den Rubriken General
subjects, Individual films, Biography, Directors, Authors,
Periodicals; hinzu kommt als EDV-spezifische Erweiterung die
Ermöglichung einer Volltext-Suche nach Stichwörtern der Aufsatz-Titel
und ihrer Annotationen. Die jeweiligen Indizes bieten das
CD-ROM-übliche Bild einer Liste mit der Zahl der betreffenden
Einträge, ihr Antippen zeigt die Datei der Kurzeintragungen, die
einzeln in Volleintragungen umgewandelt werden können. In den Listen
kann geblättert oder - auf Verdacht - nach bestimmten Begriffen
gesucht werden; aufgeblättert werden wieder ganze Seiten, so daß immer
die alphabetische Umgebung der Suchbegriffe abgebildet wird. Der Index
der Regisseure (Directors) bietet als Besonderheit die Möglichkeit,
für ihre Filme ein Fenster zu öffnen, das die Filmtitel in
alphabetischer Ordnung, zwar nicht mit der Zahl der bibliographischen
Eintragungen zeigt, aber den Durchstieg auf die entsprechenden
Eintragungen ermöglicht. Die Suchbildschirme und Einzeleintragungen
können wie üblich ausgedruckt oder in Ausgabedateien abgespeichert
werden.
Die Kritik soll hier nicht so sehr der wenig aufwendigen
CD-ROM-Aufbereitung gelten, die keine Kombinationen erlaubt, als
vielmehr der Auswertungspraxis der FIAF. Sie hat bisher etwa 200 und
derzeit 84 internationale Film- und Medien-Zeitschriften in
unterschiedlicher Intensität und mit unterschiedlicher, aber fast
immer erheblicher Verzögerung ausgewertet. Dieses Manko liegt
offensichtlich in der kooperativen Struktur der Auswertungsarbeit
begründet, kann aber nicht erklären, warum nicht alle wichtigeren
Zeitschriften und vor allem, warum nicht auch Monographien und
Sammelwerke erschlossen werden. Positiv ist sicher die weite
Internationalität zu bewerten, andererseits werden auf der CD-ROM
lediglich 12 deutschsprachige Zeitschriften erschlossen, im jüngsten
Jahrgang der Druckausgabe sogar nur 6 (es fehlen z.B. Zoom, Journal
Film, Filmwärts, Filmexil, Film-Echo/Filmwoche, Cinema (Basel). Die am
häufigsten zitierte deutschsprachige Zeitschrift ist Film-Dienst mit
derzeit 1703 von insgesamt 3950 deutschsprachigen Einträgen, dazu im
- zugegeben provokanten - Vergleich: allein Variety bietet 16.316
Einträge.
Die übrigen Dateien der CD-ROM sind schnell aufgezählt: die Taste F2
bietet Druckausgaben sortierter Listen des General subjects thesaurus,
F3 zeigt die Liste der Zeitschriften mit Anschriften und den
ausgewerteten Heften, F4 zeigt die nach Orten sortierte Liste der
Mitglieder im FIAF incl. Ansprechpersonen etc., F5 nach Orten sortiert
eine Liste der von den FIAF-Mitgliedern publizierten
Veröffentlichungen, F6 ein Directory of film/TV documentation
collections mit detaillierter Beschreibung der Sammlungen der
Mitgliedsarchive, F7 schließlich Treasures from the film archives,
d.i. eine Filmographie von ca. 18.000 Stummfilmen in unterschiedlich
tiefer Erschließung und nach unterschiedlichen Auswahlkriterien, die
möglicherweise einmal in ein Bestandsverzeichnis der archivierten
Stummfilme in den Mitgliedsarchiven münden soll. Diese Filmographie
ist nach den ausgefüllten Kategorien (auf den Dimensionen Filmtitel,
Country, Credits, Cast, Production Co., Series, Animated films,
Archive) recherchierbar, leidet aber unter der sehr unterschiedlichen
Tiefe der Erschließung. Für zukünftige Ausgaben der CD-ROM sind eine
Bibliographie des lateinamerikanischen Films, eine Bibliographie von
Filmographien und eine Bibliographie von Ausstellungskatalogen in
Planung. Diese zusätzlichen Biblio- und Filmographien sind neben der
Kumulation das wesentliche Unterscheidungskriterium zwischen CD-ROM
und gedruckten Jahresbänden.
Der Vergleich der Subskriptionspreise von derzeit œ 295.00 resp. $
450.00 für jährlich 2 CD-ROM-Ausgaben und œ 80.00 allein für den
gedruckten Jahresband 22. 1993 (1994) des International index to film
periodicals läßt die Entscheidung für die CD-ROM-Ausgabe - auch
angesichts ihrer deutlich größeren Aktualität - nicht schwer werden.
Daß die FIAF-CD-ROM sich neben dem Film index international von BFI
und NFA behaupten kann, liegt allerdings nur in der inhaltlich
breiteren Zeitschriftenerschließung begründet; Rezensionen einzelner
Filme sind auch in der BFI/NFA-CD-ROM und zwar in durchaus größerem
Umfang enthalten. Was uns über beide CD-ROM-Ausgaben hinaus wirklich
fehlt, ist eine CD-ROM mit selbständiger und unselbständiger
Filmliteratur, mit technisch aufwendigerer Erschließung, als sie die
FIAF-CD-ROM derzeit bietet, aber zu einem Preis, der sich an ihr und
nicht an der BFI/NFA-CD-ROM orientiert.
Wilbert Ubbens
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