Was ist hier enthalten, was kann man erwarten? Titel und Untertitel begrenzen den Inhalt auf "Kinder- und Jugendliteratur in Deutschland" "in deutscher Sprache". In der Vorbemerkung wird aber "auf den deutschen Sprachraum, einbeziehend alle ins Deutsche übersetzten und deutsch nacherzählten Titel" erweitert.
Der Begriff "Kinder- und Jugendliteratur" wird nicht definiert, es
wird nicht erläutert, was als Kinder- und Jugendliteratur ausgewählt
wurde und wo die Begrenzung liegt. Die Bezeichnung "Kinder- und
Jugendliteratur" wird gegenwärtig als Ober- und Sammelbegriff für die
gesamte Produktion von Werken für Kinder und Jugendliche verwendet,
gleich ob es sich um belletristische Werke oder Sachschriften, ob es
sich um Lektüre für Kinder im Vorschulalter oder schon für
schulentlassene, in Lehre und Ausbildung befindliche bis etwa 16 Jahre
alte Jugendliche handelt. Das schließt sowohl Bilderbücher als auch
Bearbeitungen von Werken der Erwachsenenliteratur für Kinder und
Jugendliche ein. Nicht dazu gehört das, was Kinder und Jugendliche
eventuell außerdem noch aus dem Bereich der Erwachsenenliteratur
lesen. Die Bearbeiterin folgte nicht diesem Begriffsverständnis, wie
sich an Hand einiger Stichproben feststellen läßt. Ihre Auswahl ist
enger: Sachbücher findet man kaum. Bilderbücher sind nur aufgenommen,
wenn sie einen Textautor haben. So fehlen alle Bilderbücher die "nur"
vom Illustrator geschaffen wurden. Die Illustratoren Gertrud Caspari,[1]
Walter Crane, Elsa Eisgruber, Fedor Flinzer, Karl F. von Freyhold,
Karl Fröhlich, Paul Konewka, Lothar Meggendorfer, Eugen Osswald, Oscar
Pletsch und viele andere, die ihre Texte zum Teil selbst verfaßt haben
oder Reime der Volksdichtung illustrierten, wird man vergebens suchen.
Selbst Max und Moritz und die anderen von Wilhelm Busch für Kinder
geschaffenen Bilderbücher wurden ausgespart. Wilhelm Busch taucht im
Alphabet der Verfasser nicht auf. Das wurde aber nicht konsequent
ausgeführt. Der Struwwelpeter-Hoffmann ist mit allen seinen
Bilderbüchern vertreten, ebenso Ernst Kreidolf oder die Olfers. Mit
dem Attribut "Illustrator" versehen, wurden Susanne Ehmcke, Karl
Lossow und Eduard Ille aufgenommen. Bei letzterem fehlen allerdings
acht Titel, die zwar anonym erschienen, aber in anderen
Bestandsverzeichnissen und Bibliographien unter seinem Namen
aufgeführt sind.
Anonym erschienene Schriften, wenn es sich nicht gerade um Titel
handelt, deren Verfasser allgemein bekannt sind und dann unter deren
Namen stehen, fehlen insgesamt. In der Vorrede der Bibliographie heißt
es lediglich "Die Gliederung erfolgt durchweg alphabetisch, zunächst
nach Autoren". Was mit den anonym erschienenen Kinder- und
Jugendbüchern geschieht, wird nicht gesagt. Ob sie vielleicht noch in
einem Anhang folgen, darüber geben auch die Verlagsprospekte keine
Auskunft. Man kann aber kaum von einem Gesamtverzeichnis sprechen,
wenn diese Titel wirklich fehlen sollten. Im Bestandsverzeichnis der
Kinder- und Jugendbuchabteilung der Staatsbibliothek zu Berlin für die
Jahre 1850 - 1900, das 3829 Titel aufführt, machen die anonym
erschienenen Schriften immerhin sieben Prozent aus.
Die Zuordnung eines Werkes zur Kinder- und Jugendliteratur, ohne es
eingesehen zu haben, ist nicht immer einfach. Nicht immer geht der
Adressat aus dem Titel, Untertitel, der Widmung oder Reihe hervor. Es
ist also nicht verwunderlich, wenn viele Autoren und Titel in den
Allgemeinbibliographien (GV u.a.) nicht erkannt, andere wiederum
fälschlich für Kinder- und Jugendliteratur gehalten wurden. Die
vorliegende Bibliographie kann daher nicht vollständig sein. Leider
erfahren wir nicht, welche Bibliographien und Nachschlagewerke
ausgewertet wurden. Das soll erst im letzten Band erfolgen. Das GV
diente wohl als Hauptquelle. Viele Titel sind an der Aufnahme durch
die Übernahme der alten Formatbezeichnungen in Bogen wiederzuerkennen.
Stichproben und Vergleiche mit veröffentlichten Bestandsverzeichnissen
von Kinderbuchsammlungen öffentlicher Einrichtungen (z.B. Berlin,
Braunschweig, Frankfurt a.M.) zeigen, daß dort viele Autoren und Titel
verzeichnet sind, die bei Klotz fehlen. Wurden diese Verzeichnisse,
die ja nach Autopsie bearbeitet worden sind und somit exakte Angaben
bieten, nicht ausgewertet? Auch die älteren umfangreichen
Antiquariatskataloge, die heute von Antiquaren als Bibliographie und
Titelnachweis zitiert werden, sind nicht vollständig berücksichtigt
worden. Bestehende Bibliographien zu Autoren und Illustratoren wurden
nicht konsequent genutzt. So fehlen etwa bei Franz Pocci nicht nur
vier Titel. Auch die aufgenommenen Titel wurden nicht ergänzt. Bei
vielen fehlt die Angabe der Seitenzahl.
Die Wahl des Berichtszeitraumes 1840 - 1950 wird in der Vorbemerkung
begründet. Die Bibliographie soll dort einsetzen "wo Theodor
Brüggemanns anders organisiertes Handbuch aufhört. Und sie endet
ihrerseits dort, wo nach dem Zweiten Weltkrieg und der Währungsreform
neue Ordnung im Produzieren und Konservieren von Büchern aufkam. Nach
1950 dürfte jedes neu erschienene Buch, ob für Erwachsene oder Kinder,
als Pflichtexemplar an Bibliotheken gegangen sein, die es genau
registriert haben." Der Bezug auf das "anders organisierte Handbuch"
ist für den Beginn der Bibliographie von Klotz unzureichend. Das
Handbuch zur Kinder- und Jugendliteratur, das nach Fertigstellung bis
1850 reichen soll, ist nicht primär eine Bibliographie. Es enthält
"lediglich" als eine Beispielsammlung eine ausgewählte Bibliographie
exemplarischer Titel. So enthält der Band für den Zeitraum von 1750
bis 1800, dem Charakter des Werkes entsprechend, eine Auswahl von
etwas mehr als tausend Titel.
Doch ist der gewählte Zeitraum zweitrangig, da er in keiner Weise
eingehalten wird. Die Fortschreibung höherer Auflagen über den
gewählten Zeitraum hinaus, wird man oft dankbar begrüßen. Ebenso, die
Aufnahme der ersten Ausgaben, vor dem Zeitabschnitt, wenn die
Nachauflagen im gesetzten Zeitraum erschienen sind. Aber vor 1840
erschienene Werke gehören sonst nicht hinein, besonders dann, wenn
alle Werke des Verfassers vor der Berichtszeit erschienen sind (z.B.
Clementine Hiller, Luise Holder, Ewald Hold, Johann Heinrich Lehnert,
Markham u.a.). Hinzu kommt, daß die Aufnahme dieser Titel zufällig
erscheint, denn andere Titel dieser Autoren aus dem gleichen Zeitraum
fehlen. Bei vielen Autoren wird die Berichtszeit erweitert und es sind
stillschweigend Titel früherer Jahre aufgenommen. Bei einigen wird
darauf hingewiesen, wie z.B. bei Meynier, wo es heißt "Hier nur
Neuausgaben nach 1830". So sind dann von den sechs aufgeführten Titeln
allein fünf vor 1840 erschienen. Aber bei den "Neuausgaben nach 1830"
fehlen fünf weitere Titel, die in dieser Zeit erschienen sind. Bei
Heinrich August Müller wird auch vermerkt "Auswahl der Ausgaben seit
ca. 1830". So sind von 53 Titeln nur elf im wirklichen
Berichtszeitraum, 37 aber in der angeführten Erweiterung und weitere
fünf sogar noch davor erschienen.
Mit der Zeitgrenze 1950 wird noch willkürlicher umgegangen. Bei
einigen Autoren überwiegt sogar die Aufführung der nach 1950
erschienenen Titel (Josef Lada: von vier Titeln erschienen drei nach
1950; Auguste Lazar: von 17 Titeln 15; Munro Leaf: von 5 Titeln 3;
Erika Mann: von 6 Titeln 4; Samuil Marsak: von 28 Titeln 18; Erich
Kästner von 167 Titeln 118. Gustav Huanker's Titel erschienen sogar
alle erst 1952 und später). Die willkürliche Erweiterung wird zum
Ballast. Da nie erläutert wird, bis wann nun wirklich alle Titel des
jeweiligen Autors erfaßt wurden, bleibt eine große Unsicherheit. Bei
Wilhelm Hauff z.B. findet man Titel bis 1991, bei Defoe nur bis 1973.
Die gewählte Anordnung der Autoren und Titel bietet manche Vorteile.
Die Autorennamen sind durnumeriert. Innerhalb jeden Autors sind dessen
Werke für sich durchgezählt unter Voranstellung der betreffenden
Autorennummer. So sind Verweisungen leicht möglich und jeder Titel
kann bequem zitiert werden. Bei größeren Komplexen, vor allem bei den
Bearbeitungen von Werken der Weltliteratur für die Jugend (wie
Cervantes oder Defoe) wird der Zugang zu den Titelmassen erleichtert.
Es werden die Bearbeiter in alphabetischer Reihenfolge genannt mit
Angabe der Titelnummer. Es werden auch die verschiedenen Titelformen
aufgeführt. Das ist besonders wichtig, da die Werke nicht unter einem
Einheitssachtitel gestellt, sondern in der vorliegenden Form nach dem
Alphabet der Verlage aufgeführt werden.
Die ungewöhnliche Ordnung der einzelnen Ausgaben eines Werkes nach
Verlagsnamen hat große Nachteile. Die einzelnen Ausgaben sind nun
nicht in der chronologischen Abfolge ihres Erscheinens aufgeführt. So
muß man die Erstausgabe eines Titels erst unter allen Ausgaben suchen.
Bei Campes Robinson der Jüngere wird vorweg das Jahr der Erstausgabe
(1779 - 1780) genannt, dann folgt die Aufzählung der Bearbeiter mit
Titelnummer. Die einzelnen Ausgaben zählen von Titelnummer 13 - 98.
Zwischendurch befindet sich eine tabellarische Übersicht, der im
Verlag Loewe erschienenen 49 Auflagen. Das ist für diese Ausgabe sehr
nützlich. Doch wo ist die erste im Berichtszeitraum erschienene
Ausgabe? Dazu muß man alle Titel auf ihr Erscheinungsjahr hin
durchsehen. An siebzigster Stelle findet man dann die 20. rechtm.
Aufl. 1830. Zu Collodis Pinocchio wird 1883 als Erscheinungsjahr für
die Originalausgabe angegeben. Für die erste deutsche Übersetzung
fehlt jeder Hinweis. Nach Durchsicht aller 28 Titel findet man als
früheste Jahreszahl 1905 ohne Vermerk, daß es sich um die erste
deutsche Bearbeitung handelt. Bei Erich Kästners Emil und die
Detektive findet man bei den aufgeführten Ausgaben an 19. Stelle den
Vermerk = 1. Ausgabe. Doch vorher hat man auch alle außerhalb des
Berichtszeitraumes also nach 1950 erschienenen Ausgaben mitlesen
müssen. Bei Erich Kästner hat man den Eindruck, als sollte hier eine
Gesamtbibliographie seiner Kinderbücher geboten werden. Die Ausgaben
reichen bis 1991. Über zwei Drittel der Ausgaben sind außerhalb des
Berichtsraumes erschienen. Dennoch fehlen bei fünf Titeln die späteren
im Kinderbuchverlag Berlin erschienenen Auflagen. Das Durcheinander in
der chronologischen Abfolge scheint auch die Bearbeiterin nicht immer
befriedigt zu haben. Im 3. Bd. bei Gustav Nieritz, einem
Vielschreiber, der mit 542 Titelnummern selbst noch Karl May
übertrifft, der "nur" 450 Titelnummern aufweisen kann, führt sie eine
Orientierungshilfe ein. Bei mehr als drei Ausgaben eines Titels stehen
über dem ersten Eintrag die Nummern der Titel in der historischen
Reihenfolge.
Eine überwiegend aus sekundären Quellen erarbeitete Bibliographie muß
die Titel aus der Vorlage übernehmen, da sind keine weiteren
Forderungen zu stellen. Eine Rekonstruktion des Titelblattes läßt sich
später nicht mehr durchführen. Dennoch muß die angegebene Version der
Verfasserschaft der jeweiligen Ausgabe erkennbar bleiben. Das wird
auch zum Teil gewährleistet. Wenn die Verfasserangabe im Titel von der
vorangestellten Namensform (wirklicher Name oder Pseudonym) abweicht,
wird im Titel darauf hingewiesen. Anonym erschienene Werke dagegen
werden stillschweigend dem Autor zugeordnet, ohne daß zu erkennen ist,
wie das Werk erschienen ist (z.B. Klara Fechner, Adolf Glaßbrenner,
Wilhelm Hey).
Die Verläßlichkeit der angegebenen Erscheinungsjahre einzuschätzen,
wird sehr erschwert durch den ungewöhnlichen Umgang mit runden und
eckigen Klammern. "Jahreszahl ohne Klammer kann als korrektes
Erscheinungsdatum betrachtet werden; ob sie allerdings vom Titelblatt
des beschriebenen Buches stammt, ob aus dem Impressum oder einem
Vorwort, oder ob sie einer Verlagsmitteilung entnommen wurde, konnte
ich nicht überprüfen. Steht das angegebene Datum in ( ), wurde es
entweder so übernommen oder, bei leichten Zweifeln, von mir
eingeklammert. [ ] bedeutet, daß die Zahl eine geschätzte ist." Die
nach subjektivem Ermessen erfolgte Verwendung der Klammern birgt eine
große Unsicherheit. Eine Linie der Handhabung ließ sich nicht
feststellen. Ein Vergleich der Titel Julius Lohmeyers mit dem
Bestandsverzeichnis der Staatsbibliothek zu Berlin zeigte, daß von
fünfzehn Titeln, deren Erscheinungsjahr laut der eckigen Klammern in
vorliegenden Verzeichnis ermittelt worden waren, sechs ohne Klammern
wiedergegeben, aber neun in runden Klammern gesetzt wurden. Die Titel
des Kinderbuchverlages Berlin, für dessen Produktion vollständige
Bibliographien bestehen, sind mal ohne Klammern mal mit runden
angeführt.
Es muß nochmals gesagt werden, in dieser Bibliographie steckt ein
immenser Fleiß. Sie entstand nicht durch einfaches Kopieren und
Neuordnen relevanter Titel aus anderen Bibliographien. So wurden die
Neuauflagen, die nicht wesentlich verändert sind, den betreffenden
Ausgaben angefügt. Und zwar werden alle Auflagen einzeln mit dem
jeweiligen Erscheinungsjahr in fortlaufender Schreibweise aufgeführt.
Das bietet eine gute Orientierungsmöglichkeit, zumal Veränderungen
eingefügt sind, und spart Platz. Den Verfassern sind die Lebensdaten
und, wo notwendig, die Nationalität beigefügt. Pseudonyme sind
aufgelöst. Trotz allem Respekt vor der Leistung zeigt sich doch, daß,
abgesehen von der eigenwilligen Anlage der Bibliographie, eine
Gesamtbibliographie eines so großen Zeitraumes im Alleingang nicht zu
bewältigen ist. Das zeigen die vielen fehlenden Verfasser und Titel,
die ungenügende Nutzung bereits bestehender Bibliographien und
Bestandsverzeichnisse. Eine Konzentration auf den selbst gewählten
Zeitraum und dafür Ausschöpfung der vorhandenen Verzeichnisse wäre
besser gewesen.
Bei allen Einwendungen bleibt das doch eine sehr nützliche
Bibliographie. Man wird bei Recherchen im Bereich der Kinder- und
Jugendliteratur immer zuerst zum Klotz greifen, sich aber nicht damit
zufrieden geben dürfen. Das Werk macht leider die vielen kleinen
Bibliographien, Bestandsverzeichnisse und Werkbibliographien nicht
überflüssig. Es ist aber Ort der ersten Orientierung.
Bibliographien : 1871 - 1914 : Illustrationen
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