Für Gertrud Caspari liegt nun eine aufwendig ausgestattete Bibliographie ihrer "Bücher und anderer bildnerischen Arbeiten" vor. Wolfgang Neubert hat sie in mühevollen Recherchen erarbeitet.
Es ist erfreulich, daß Gertrud Casparis Schaffen dadurch eine entsprechende Würdigung erhält, gilt sie doch als die Begründerin des modernen Kleinkinderbuches. An der Wende zur Erneuerung der Buchkunst stehend, hatte sie es verstanden, die kunstpädagogischen Forderungen der Zeit in ihren Bilderbüchern umzusetzen. Andreas Bode belegt in seinem einleitenden Aufsatz Gertrud Casparis Beitrag zur Kinderbuchillustration und seine Wirkung gerade diesen Aspekt ihres Schaffen.
Die Wirkung der Bilderbücher Gertrud Casparis beruht auf stark konturierten und vereinfachten Darstellungen in leuchtender, ungebrochener, flächiger Farbe. Eine ausgeprägte Schattierung wird vermieden. Die einzelnen Bildteile sind nebeneinander angeordnet. Eine Perspektive wird lediglich durch nicht allzu starke Verkleinerungen der Dinge im Hintergrund angedeutet. Dadurch sind die Illustrationen auch für kleine Kinder leicht ablesbar.
Neubert gliedert die künstlerischen Arbeiten Casparis in die Bereiche Bilderbücher und illustrierte Bücher; Spiele und Adventskalender; Umschlag- und Einbandzeichnungen; Beiträge in Zeitschriften und Anthologien; Fibeln sowie Wandbilder und Märchenfriese. Das ermöglicht eine bequeme Übersicht der einzelnen Bereiche. Die Gliederung zeigt bereits, daß die Illustratorin ihre Kunst ganz den Kindern gewidmet hatte.
Die Titel sind in den jeweiligen Bereichen chronologisch nach dem Jahr der Erstauflage geordnet. Dem einzelnen Titel folgen alle Auflagen, die Reprints der siebziger und achtziger Jahre sowie die Übersetzungen. Die Titelbeschreibung ist exakt und ausführlich, mit allen Daten, auch mit Verlagsnummer und Format. Bei den meisten Titeln, vor allem bei den im Verlag von Alfred Hahn erschienenen Büchern, wird auch die Auflagenhöhe, d.h. die Anzahl der jeweils gedruckten Exemplare angegeben. Das ist äußerst nützlich. Die Auflagenhöhe vermittelt nicht nur eine Vorstellung von der Beliebtheit einzelner Bücher, sie ermöglicht auch vielerlei Aufschlüsse über die Verlagspolitik in den jeweiligen Jahren.
Die Bibliographie wird durch Personen-, Titel- und Verlagsregister erschlossen. Die Verzeichnung der Titel erfolgt streng nach Autopsie. Das war wohl nur möglich, weil neben der Hilfe von Privatsammlern und Bibliotheken auf das Archiv der Gertrud-Caspari-Familien-Stiftung zurückgegriffen werden konnte. Doch die strikte Begrenzung auf Autopsie führte dazu, daß Titel oder Ausgaben, von denen kein Exemplar einzusehen war, nur verkürzt angeführt wurden. Das ist bei unveränderten Nachauflagen ohne Informationsverlust möglich, doch bei Erstausgaben und besonders bei denen, auf die keine vollständig aufgenommene Nachauflage folgt, fehlen alle Angaben. So erfahren wir vom 1912 erschienenen Bilderbuch Für unsere Jüngsten nur den Titel, sonst nichts. Weder der Verfasser der Texte, Adolf Holst, noch der Verlag Alfred Hahn, oder der Umfang werden genannt. Dabei sind die genauen Angaben mühelos den allgemeinen Bibliographien zu entnehmen, die der Bearbeiter als benutzt anführt. Auch der Vermerk "nicht nachgewiesen" ist unzutreffend. Diese Titel und Angaben sind größtenteils in den allgemeinen Bibliographien nachgewiesen. Es gelang nur nicht immer, den Standort eines Exemplars zur Einsichtnahme zu ermitteln. Was natürlich nicht verwundert, da die Bilderbücher der Caspari von den Kindern geliebt und zerlesen wurden.
Fast die Hälfte der Bilderbücher Gertrud Casparis sind mit Versen und
Texten von Adolf Holst (1867 - 1945) versehen. Zu Adolf Holst
veröffentlichte Karl Blaume 1993 eine Bibliographie.[1] Dort sind 28
Bücher aufgeführt, bei denen Gertrud Caspari und Adolf Holst
zusammengewirkt haben. Neubert nennt Holst nur bei 25 Titeln. Obwohl
er
sonst alle Texte und Beiträger aufführt, fehlt der Hinweis auf Adolf
Holst bei drei Titeln. Im Unterschied zur Caspari-Bibliographie nennt
die Bibliographie zu Adolf Holst die bibliographischen Quellen und die
Standorte einzelner Titel und Ausgaben. Für die 28 Caspari-Titel
bildet sie so eine Ergänzung. Neubert erwähnt Blaumes
Holst-Bibliographie leider nicht.
Diese Hinweise schmälern nicht den Verdienst Neuberts, eine
Gesamtübersicht über das Schaffen Gertrud Casparis erarbeitet zu
haben. Mit dem Lebensbild in Briefen, von einer Nichte Gertrud
Casparis zusammengestellt, und dem Beitrag von Andreas Bode liegt so
eine ansprechende und gehaltvolle Publikation zu Gertrud Caspari vor.
Die 55 Farbabbildungen versetzen den Betrachter außerdem in die Welt
Casparis, eine farbenfrohe, aber nie überzogene, immer frohe, lustige
Kleinkinderwelt, wie man sie jedem Kind wünscht.
Heinz Wegehaupt
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