Der Rezensent fühlt sich bei der häufigen Konsultation des Großen Fremdwörterbuchs immer wieder zum Lesen verführt. So reich das Große Fremdwörterbuch auch ist, so stößt man aus aktuellem Anlaß natürlich auf Lücken. Eine Mitarbeiterin an IFB, Vertreterin der Hispanistik, beklagte sich über die Prädominanz der Franzisten an den romanistischen Lehrstühlen in Deutschland: dieser Begriff, der in einschlägigen Werken belegt ist, sollte ebenso wie der gängigere - wenn auch nicht schönere - Begriff Französist (und damit auch Französistik), in einem so extensiven Wörterbuch nicht fehlen. Bei einem fancy[3] Wort wie He-man ("Mann der sehr männlich aussieht u. sich so gibt u. daher auch eine entsprechende Wirkung auf seine Umgebung in Bezug auf die Erotik ausübt") vermißt man natürlich nicht nur aus Gründen der Gleichberechtigung She-woman (bei den Bekannten des Rezensenten durchaus in). In kommt in dieser Bedeutung natürlich auch als Lemma vor, dazu weitere zwei für das Präfix in..., In... und das Suffix ...in.
Da die allermeisten der neuen Fremdwörter aus dem Englischen stammen,
ist es auch für ein aktuelles und extensives Fremdwörterbuch kaum
möglich, mit dieser Entwicklung Schritt zu halten. Fehlende Begriffe
aus dem EDV-Bereich lassen sich finden: clipboard,[4] das der Rezensent
als Herausgeber von IFB in einer fremden Rezension durch ein passendes
deutsches Wort zu ersetzen bat, fehlt und die wörtliche Übersetzung
Klemmbrett, die das Duden-Oxford Großwörterbuch Englisch andient, ist
nicht hilfreich, da es sich dabei um ein typisches lexikographisches
Kunstwort handelt, das im Deutschen nicht belegt ist, jedenfalls nicht
im Duden "Das große Wörterbuch der deutschen Sprache.[5]
Beim Lemma Fanzine meint der Rezensent allerdings, daß der Duden irrt,
wenn er behauptet: "<aus gleichbed. fr. fanzine, Kurzw. aus fantaisie
"Phantasie" u. magazine "Magazin">: mit phantastischen u.
abenteuerlichen Bildfolgen illustriertes Jugendmagazin". Abgesehen
davon, daß bereits ein Blick in eine neuere Ausgabe des Petit Larousse
illustré genügt hätte, um die richtige Herleitung und Bedeutung des
französischen Wortes festzustellen,[6] fehlt die eigentliche Bedeutung
dieses doch wohl eher aus dem Englischen zu uns gekommenen
Fremdwortes, die der Einfachheit halber nach der maßgeblichen
Encyclopedia of science fiction[7] zitiert werden soll: "A fanzine is an
amateur magazine produced by sf fans. The term 'fanzine', coined by
Russ Chavenet in 1941, has been borrowed and used by comics
collectors, wargamers, 'underground' publishers and other non-sf
enthusiasts."
Dem Wörterbuch ist eine "Einführung in Geschichte und Funktion des
Fremdworts" vorangestellt, die in veränderter Fassung auch im kleinen
Fremdwörterbuch anzutreffen war und in beiden mit dem folgenden Satz
schließt: "Abzulehnen ist der Fremdwortgebrauch da, wo er nur zur
Erhöhung des eigenen sozialen bzw. intellektuellen Ansehens oder zur
Manipulation anderer angewendet wird."
Ein mögliches Hilfsmittel zu einem dieserart fehlgeleiteten
Fremdwortgebrauch bietet das dem Großen Fremdwörterbuch als Anhang
beigegebene Verzeichnis "Deutsches Wort - Fremdwort"[8] (S. 1465 -
1557), das von Aas (Kadaver) bis Zwölftonmusik (Dodekaphonie)[9] reicht.
Verzeichnet sind ca. 15.000 Wörter, für die es sinnverwandte
Fremdwörter gibt. "Vorrangig soll dieser Wörterbuchteil dazu dienen,
fremdwörtliche Entsprechungen aufzufinden, wenn beispielsweise eine
andere Ausdrucksform gesucht wird oder ein fremdsprachiger
Fachausdruck gefunden werden muß."
Nicht nur für Bibliotheken ersetzt das neue Große Fremdwörterbuch[10]
seinen kleinen Bruder.
sh
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