Das Werk ist unter Einschluß der längeren Artikel alphabetisch geordnet, mit Anhängen u.a. zu römischen Zahlen und ausländischen, meist lateinischen Ortsnamen versehen. Das Register ist nach den Worten der Herausgeber selektiv, die Prinzipien werden allerdings nicht schlüssig erläutert und sind auch bei Stichproben im praktischen Gebrauch nicht erkennbar. Die speziellen Artikel behandeln Buchhandel und Auktionen, einzelne Gattungen und Sammelgebiete wie Kunst und Architektur, Kinderbücher, Wörterbücher, Englische Literatur, Inkunabeln, Naturwissenschaften, Medizin, Reisebücher, viktorianische Bücher. Literaturangaben zu diesen wie zu den kleineren Artikeln umfassen vor allem englischsprachige Literatur, ausländische Literatur meist nur dann, wenn sie in Übersetzungen vorliegt. Die Abbildungen stammen zum Teil auch von weniger bekannten Vorlagen, nach den Quellenangaben durchweg aus dem Besitz von Antiquariaten und Sammlern. Der vorgesehene Leserkreis sind vor allem Buchhändler und Antiquare.
Die Beschäftigung mit dem alten Buch unter kommerziellen Aspekten bewegt sich in einem Grenzbereich zwischen buchkundlicher Darstellung (das Buch als Gesamtkunstwerk), Wissenschaftsgeschichte (hier oft die Aufzählung von Titeln) und Handelswert (Ergebnisse von Auktionen, Sammlerneigungen). Eine solche Betrachtungsweise ist nicht von vornherein zu verwerfen, solange die jeweiligen Teile in einem ausgewogenen Verhältnis zueinander stehen und auch die Besonderheiten und Spezialgebiete des Buchmarktes gebührend berücksichtigt werden, die außerhalb gängiger Trends des Marktes oder der Sammlerneigungen liegen.
Die speziellen Artikel sind von unterschiedlicher Qualität, da sie
sehr stark von Erfahrungen ihrer Autoren geprägt sind. Didaktisch gut
aufgebaut sind z.B. die Artikel Autographs & Manuscripts und
Catalogues, oberflächlich und daher letztlich überflüssig der Artikel
über Computer im Buchhandel. Der Artikel Illustrated Books 1850 - 1920
von Robin Greer hat leider keinen zeitlichen Vorläufer oder
Anschlußartikel, es fehlt dadurch auch die Verbindung zu den
Wechselbeziehungen zwischen Illustrationsverfahren und
Literaturverbreitung.[1] Die Aufführung einzelner Techniques of
Illustration bietet hierfür keinen Ersatz.
Die Abqualifizierung von Theodore Bestermans A world bibliography of
bibliographies and of bibliographic catalogues zeugt von wenig
Kenntnis und Einblick in die auch für einen Antiquar notwendige
Wissenschaftsgeschichte. Seine ausführliche Verzeichnung von
Bibliographien sog. erotischer Literatur hätte z.B. für die
Herausgeber Anlaß sein können, sich diesem bei Sammlern beliebten
Gebiet und den damit verbundenen Problemfeldern anonymer und
pseudonymer Literatur und fiktiver Erscheinungsorte eingehender zu
widmen. So fehlt nicht nur R. H. Lewis' The browser's guide to
erotica,[2] sondern im Artikel The British Library auch der Hinweis auf
deren Private Case Collection.[3] Weder unter Clandestine Printing noch
unter anderen Begriffen findet sich eine Andeutung, daß England seit
dem 19. Jahrhundert auch das Land war, in dem Emigranten die Literatur
erscheinen ließen, die in ihrer Heimat verboten war. Damit mag es
zusammenhängen, daß auch Shakespeare & Company, die Buchhandlung von
Sylvia Beach in Paris, nicht erwähnt wird. Und da der Begriff Zensur
nicht erscheint, begegnet auch nicht die gereinigte Ausgabe, die nach
ihrem Urheber Thomas Bowdler (1754 - 1825) bowdlerized version genannt
wurde und in der allein für den englischen Leser bis in die sechziger
Jahre Lady Chatterley's lover von D. H. Lawrence zugänglich war. Zu
knapp ist der Artikel Broadsheet, das Pendant Pamphlet fehlt gänzlich.
Weder unter Collation noch unter Bibliography findet sich ein Hinweis
auf das auch für Antiquare interessante Fingerprint-Verfahren. Zu
ergänzen ist, daß den ästhetischen Reiz der preiswerten Everyman
Library nicht nur der Art-Nouveau-Rücken ausmachte, sondern auch die
bis in die dreißiger Jahre beibehaltene Gestaltung von Innendeckel und
Vorsatzblättern durch L. C. Knowles.
In seinem einleitenden Artikel Bookselling in a changing world gibt
Anthony Rota, ehemaliger Präsident der Antiquarian Booksellers'
Association, einen vor allem an den wirtschaftlichen Gegebenheiten
orientierten Überblick. Kenntnisreich geht er auf die Wechselwirkungen
von wirtschaftlicher Kraft, Währungsrelationen und sich ändernden
Käuferkreisen antiquarischer Bücher ein (USA, Fernost). Diese
Erkenntnis, daß Bücher- und Käuferströme heute nationale Grenzen
überwinden, macht seinen Artikel auch zum Ansatzpunkt der Kritik am
vorliegenden Buch, das sich ausschließlich an den englischen, nicht
einmal den englischsprachigen Leser wendet, und das Buchwesen im
Ausland nur mit einigen wenigen Ausnahmen zur Kenntnis nimmt. Aber
selbst nationale Leistungen werden ignoriert wie der Druck mit
fremden, nichtlateinischen Lettern, wie er z.B. durch die Oxford
University Press und die englische Bibelgesellschaft gefördert wurde.
Der Nutzen für den deutschsprachigen Leser, der ja, wenn er zu diesem
Buch greift, schon Vorkenntnisse besitzt, liegt vor allem in einem
unterschiedlichen theoretischen Ansatz, wie etwa im Artikel
Bibliography erkennbar, dem Überblick über die englische Fachliteratur
des Gebietes und einer Reihe bemerkenswerter Illustrationen.
Karl Klaus Walther
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