Die neue Ausgabe stellt eine Überarbeitung der 5. Aufl. von 1985 dar.
Nachdem diese bereits eine deutliche Verbesserung, insbesondere in der
Aktualisierung der Einträge zu allen Gebieten der alt- und
mittelenglischen Literatur brachte, ist die jetzige revidierte und
erweiterte Neuauflage vornehmlich bei den englischen Autoren des 20.
Jahrhunderts nochmals massiv überarbeitet und in anderen wesentlichen
Bereichen berichtigt und modernisiert worden.[2] Viele wertvolle
Elemente älterer Auflagen, so die Breite der Darstellung in der
englischen Geistes- und Kulturgeschichte, sind jedoch ebenso erhalten
geblieben[3] wie die Einbeziehung der Weltliteratur, sowohl in ihren
Stoffen als auch in ihren Autoren, sei es auf dem Wege der Rezeption
oder Übersetzung, und ferner die großzügige Berücksichtigung der
europäischen Kultur- , Kunst-, Literatur- , Musik- und
Theatergeschichte mitsamt ihren Bezügen zur britischen Literatur. Der
andere große Bereich der Änderungen betrifft die Anhänge, mit
folgenden neuen Tabellen und Verzeichnissen: Chronology (55 S.), Poets
Laureate, Nobel Prize For Literature, Pulitzer Prize For Fiction,
Booker McConnell Prize For Fiction und Library Association Carnegie
Medallists.
Das typographisch ansprechende Werk, zweispaltig gesetzt mit lebenden
Kolumnentiteln und klarem Druckbild, enthält leider auch in der
Neufassung kein Register der enthaltenen Autoren, Begriffe und Werke
und verzichtet auf Illustrationen. Die Verweisungen sind, soweit man
sehen kann, korrekt durchgeführt, sachliche Fehler und Druckfehler[4]
kaum vorhanden. Trotz der beeindruckenden Breite und Tiefe des
Lexikons, die von keinem vergleichbaren Werk erreicht wird, ist der
Anspruch des Klappentextes als "the most complete reference guide to
English literary culture currently available" bei weitem nicht
erfüllt. Geblieben sind nämlich alle alten Schwächen dieses
liebenswerten Lexikons: Sie liegen in der Knappheit vieler
Werkeinträge, die oft über eine Inhaltsangabe nicht hinausgehen, und
in der seit Harveys Zeiten traditionellen Scheu vor der Aufnahme
moderner Kritiker sowie moderner literaturtheoretischer und
literaturkritischer Termini.[5] Auch hat sich an der unbefriedigenden
und inkonsequenten Verzeichnung der Sekundärliteratur wenig geändert,
ein Mangel der bereits bei früheren Auflagen immer wieder moniert
worden war. Sekundärliteratur ist zwar jetzt gegenüber der Auflage von
1985 in größerer Anzahl zitiert, beschränkt sich aber weiterhin bei
der Mehrzahl der Einträge auf eine Biographie oder eine Briefausgabe.
Bei einigen wenigen Namen sind hingegen mehrere, in der Regel
monographische Werke zitiert, so daß kein durchgehendes Auswahlprinzip
erkennbar ist. Auch die Neuauflage enthält sachfremde Artikel[6] und
Ballast. Andererseits fehlen trotz der Neuaufnahme vieler wichtiger
moderner Autoren, wie Peter Ackroyd (1949 - ), James Kelman (1946 - )
oder Craig Anthony Raine (1944 - ), immer noch unverzichtbare Einträge
zu Autoren, Gattungen und Werken im Kernbereich der modernen
englischen und anglophonen Literatur. Obwohl die Defizite der Auflage
von 1985 zum Teil behoben wurden - dort waren Autoren jenseits des
Geburtsjahrs 1939 praktisch ausgeschlossen - , und 59 Autoren der
Literatur des 20. Jahrhunderts neu aufgenommen wurden, fallen Lücken,
vornehmlich beim britischen Gegenwartsdrama und der irischen Literatur
auf: So fehlen beispielsweise beim Drama Howard Barker (1946 - ),
Howard Brenton (1942 - ), Brian Friel (1929 - ), Trevor Griffiths
(1935 - ) und James Saunders (1925 - ) sowie in der Lyrik Eavan Boland
(1944 - ), John Hewitt (1907 - 1987), Michael Longley (1933 - ) und
Tom Paulin (1949 - ). Es überrascht ferner, daß angesichts der breiten
Berücksichtigung von Autoren anderer Sprachkreise, die oft ohne engen
Bezug zur englischen Literatur sind, aus dem Bereich der anglophonen
Literaturen außerhalb Großbritanniens auch die wichtigeren Autoren
nicht hinreichend berücksichtigt werden. So fehlen etwa aus Kanada
Frederick Philip Grove (1879 - 1948) und Robert Paul Kroetsch (1927
- ), Aus Indien sind weder Kamala Das (1934 - ) noch Nissim Ezekiel
(1924 - ) aufgenommen. Im Falle Australiens und Neuseelands erscheint
die Auswahl, die zwar Peter Porter (1929 - ) und Les Murray (1938 - )
einschließt, aber Frank Moorhouse (1938 - ) und Keri Hulme (1947 - )
außer acht läßt, zumindest einseitig. Auch die Lücken in der
amerikanischen Literatur, deren major figures laut Vorwort einbezogen
werden, sind erstaunlich, da so wichtige Namen wie John Ashberry (1927
- ), Charles W. Chesnutt (1858 - 1932), Langston Hughes (1902 - 1967),
Ishmael Reed (1938 - ), Alice Walker (1944 - ), Eudora Welty (1909 - )
oder Louis Zukofsky (1904 - 1978) fehlen. Bei den Werkeinträgen
vermißt man beispielsweise John Stuart Mills Subjection of women und
die mittelenglische Fabel The Fox and the wolf. Im Gegensatz zu
vergleichbaren Lexika fehlt bei den Gattungen ein Eintrag zum debate
poem. Obwohl diese Anmerkungen natürlich den Wert vieler inhaltlich
und stilistisch hervorragend gestalteter Artikel zu Autoren,
Sachbegriffen und Werken kaum mindern, schränken die angeführten
Defizite doch das Informationsangebot des bewährten Begleiters zur
englischen Literatur ein. Bei kommenden Neuauflagen müßte die
Konzeption des Werkes überdacht, und der Nachschlagewert des Bandes
erhöht werden, damit der Titel, der eine wahre Fundgrube des Wissens
darstellt, der die Primärliteratur vorzüglich verzeichnet und auch bei
so komplexen Gebieten wie den Metaphysical poets den Forschungsstand
wiedergibt, in der anglistischen Fachlexikographie seinen früheren
Rang wieder einnehmen kann.
Das erstmals 1983[7] erschienene einbändige Lexikon der gesamten
anglophonen Literatur liegt als Cambridge guide to literature in
English jetzt in einer zum zweiten Mal revidierten Auflage vor. Im
Adressatenkreis - nichtspezialisierte Leser -, dem Mitarbeiterstab,
der Struktur der Artikel und dem Informationsangebot mit dem Oxford
companion vergleichbar, enthält es über 4000 alphabetisch geordnete,
ungezeichnete Artikel zu Autoren, Gattungen, literarischen Bewegungen,
literaturkritischen Termini und Werken aus dem Gesamtbereich der
englischsprachigen Literaturen Afrikas, Asiens, Kanadas, der Karibik,
Australiens, Neuseelands sowie Indiens und Pakistans ohne die Autoren,
Gebiete und Themen der traditionellen Anglistik und Amerikanistik zu
vernachlässigen.
Im Unterschied zum Oxford companion sind die Einträge generell jedoch
auf die Literatur im engeren Sinne des Wortes ausgerichtet, so daß
Schriftsteller und Stichwörter am Rande der Geistes-, Kultur- und
Literaturgeschichte kaum aufgenommen werden.[8] Der gesamte Bereich der
englischsprachigen Literatur wird trotzdem gut erfaßt, insbesondere
ist auch die britische Literatur hervorragend berücksichtigt.[9] Hin und
wieder vermißt man jedoch Wichtiges, so etwa bei den literarischen
Charakteren Sir John Falstaff, bei den Werktiteln John Drydens Fables,
Ancient and Modern, Edmund Burkes Sublime and Beautiful und das
mittelenglische Drama Mary Magdalene, bei den Stil- und
Epochenbegriffen Baroque oder Edwardian, bei den Gattungsbegriffen
Jazz poetry oder Campus novel, bei den Verlagen den Namen Chapman and
Hall und bei den literarischen Zeitschriften den Titel Stand. Auch
Einträge zum Chartist movement oder zum Irish revival erscheinen
unverzichtbar. Natürlich gibt es wie bei jedem einbändigen Lexikon,
zumal von solcher Spannweite, auch Desiderata bei Autoren: genannt
seien nur Anthony Hecht (1923 - ), Edna Ferber (1887 - 1968) und
Thomas Merton (1915 - 1969) aus der amerikanischen Literatur, sowie
neben einigen anderen beispielsweise Amitav Ghosh (1956 - ) aus der
indischen Literatur. Die Einträge sind in der Regel auf dem neuesten
Stand, bringen aber keinerlei Sekundärliteratur. Der Nachschlagewert
des Lexikons ist bei der Primärliteratur, abgesehen von einigen
Versehen, Lücken und fehlenden Aktualisierungen[10] recht gut, allerdings
vermißt man die beim Oxforder Pendant in den Einträgen zu alt- und
mittelenglischen Werken genannten Standardausgaben. Wie beim Oxford
companion fehlt immer noch ein Register der enthaltenen Autoren und
Begriffe. Im Unterschied zu diesem ist der Cambridge guide
illustriert. Beide Lexika überschneiden sich zum Teil inhaltlich,
ergänzen sich aber in ihren Stärken und Schwächen wechselseitig und
bieten kostengünstig eine Fülle fast immer verläßlicher
Erstinformation: sie gehören zusammen mit der New Cambridge
bibliography of English literature[11] und der New Princeton encyclopedia
of poetry and poetics zum elementaren Kern der anglistischen
literaturwissenschaftlichen Nachschlagewerke in den Lesesälen der
Zentralwie der Fachbibliotheken. Aufgrund ihrer spezifischen
Fokussierung sind beide Werke jedoch in ihrem Nachschlagewert
gemindert, zumal sie auch wenig Sekundärliteratur[12] bringen bzw. im
Falle des Cambridge guide völlig darauf verzichten. Der Oxford
companion ist viel umfassender als es sein Titel vermuten läßt und in
mancher Hinsicht eher ein Begleiter zur Weltliteratur. Er deckt wie
kaum ein anderes Werk auch die Ränder der englischen Geistes- und
Literaturgeschichte ab und ist trotz seiner schon erwähnten Schwächen
das beste einbändige Lexikon zur britischen Literatur geblieben. Als
sein direkter, unterschätzter Konkurrent liegt inzwischen der
Bloomsbury guide to English literature[13] vor, der aus längeren
Aufsätzen zur Gattungs- und Literaturgeschichte und aus einer
Reference section mit Einträgen zu Autoren, Begriffen und Werken
besteht, die vom Altenglischen bis zur Moderne reichen und in
Einzelfällen mehr Informationen und Sekundärliteratur bieten als der
Oxford companion.
Der Cambridge guide von 1993 stellt in vieler Hinsicht das aktuellere
und modernere Lexikon dar. Zwar kann es in der britischen Kultur- und
Literaturgeschichte nicht so tief gehen wie der Oxford companion,
bringt aber in einem einzigen Band zugleich alle wesentlichen, in
Europa rezipierten Schriftsteller der anglophonen Literatur, wird
dabei aber auch der modernen britischen und amerikanischen[14] Literatur
gerecht.
Sebastian Köppl
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