Bd. 1 der Neubearbeitung des Lexikons der Kunst aus dem Seemann-Verlag
erschien bereits 1987, und ersetzt die 1968 - 1978 erschienene 1.
Aufl. in 5 Bd., die, wie das Vorwort zum Abschlußband der
Neubearbeitung noch einmal wiederholt, das "missionarische Ziel
[verfolgte], einer als neu gedachten sozialistischen Gesellschaft
Wissen und Standpunkte zur Verfügung zu stellen ... Das bedingte nicht
nur die Diktion der Texte, sondern auch Akzente im Sinne einer
kulturpolitisch eingreifenden und materialistisch verstandenen
Kunstwissenschaft." Daß die Neubearbeitung, deren beiden ersten Bände
noch vor der Wende erschienen, nicht nur nach 1990 weitergeführt
wurden
sondern sogar nach dem ursprünglichen Zeitplan abgeschlossen werden
konnte (der Abschluß des anfänglich auf 6 Bd. geplanten Werkes war für
1993 versprochen worden), ist sehr zu begrüßen, da dieses Lexikon in
seiner Größenklasse im deutschsprachigen Bereich keine Konkurrenz hat.
Das gilt nicht nur für die vergleichsweise breite Berücksichtigung der
Kunst der Länder des früheren Ostblocks und der außereuropäischen
Kunst, sondern auch für viele Sachbegriffe der abendländischen Kunst,
was sich bereits mit einem kleinen Stichprobenvergleich mit dem
Lexikon der Kunst aus dem Herder-Verlag bei Eintragungen unter Stal
auf den ersten Seiten von Bd. 7 belegen läßt: die Artikel sind
ausführlicher, detaillierter, "technischer" und haben vor allem
zumeist ausführliche Literaturangaben, unter Einschluß von Titeln in
weniger gängigen Sprachen. Daß Künstler teils in beiden Lexika
berücksichtigt sind (Staeck, Stael, Stajkov), teils nur in ersterem
(Rudolf Stahel, 1448 - 1528) bzw. in letzterem (Stahly, 1911 - ,
Stalbemt, 1580 - 1662) ist von untergeordneter Bedeutung, da bei der
riesigen Masse der potentiell zu berücksichtigenden Künstler deren
Auswahl rasch zum Roulette-Spiel wird. Erwähnenswert ist aber
beispielsweise der lange Artikel Stahlbeton (fehlt bei Herder) sowie
Stahl- und Eisenbau mit 5 eng bedruckten Spalten und über 30
Literaturangaben (gegenüber einer halben Spalte und 2 Literaturangaben
bei Herder, hier unter Stahlarchitektur). Dafür enthält letzterer
einen Artikel Städtebau, Stadtplanung mit 4 Seiten, von denen aber 2
Seiten auf Abbildungen entfallen, so daß kaum mit einer gründlichen
Behandlung dieses Themas zu rechnen ist. Mit den sehr zahlreichen
farbigen Abbildungen im Text des Herder-Lexikons kann das
Seemann-Lexikon freilich nicht mithalten, da es sich auf relativ
wenige Schwarz-weiß-Abbildungen im Text und auf ganze 32, zu Blöcken
zusammengefaßte, Farbtafeln beschränkt. Das ist allerdings kein
wirklicher Nachteil, da die Bebilderung in beiden Fällen letztlich
zwangsweise eine mehr oder weniger willkürliche Auswahl darstellt.[2]
Da die durchgehend farbige Bebilderung aber durchaus ein Kaufargument
für den "Kunstfreund" darstellt, dem in erster Linie an genereller
Information über Gängiges gelegen ist, wird er sicher bevorzugt zu
Herders Lexikon der Kunst greifen, zumal dieses jetzt in einer
unveränderten,[3] im Hinblick auf die gute Qualität auch preiswürdigen[4]
Ausgabe in einem anderen Verlag erhältlich ist, der von seinem
sonstigen Programm her kaum einer Bibliothek bekannt sein dürfte. Der
nachträglich Kauf lohnt deshalb auch für Bibliotheken, insbesondere
kleine öffentliche, für die die Originalausgabe nicht erschwinglich
war.
Beim Dizionario della pittura e dei pittori, dessen 1. Bd. 1989
erschienen ist, handelt es sich, wie in der damaligen Rezension[5] mit
Beispielen belegt, um eine Aktualisierung und Bearbeitung des in den
siebziger Jahren erschienenen Petit Larousse de la peinture. Da die
Überarbeitung vor allem der Artikel für die italienische Malerei
beträchtlich war und darüber hinaus neue Artikel hinzukamen, wurde
damals zum Kauf geraten, eine Empfehlung, die auch nach Abschluß des
Werkes wiederholt werden kann. Einen gravierenden Nachteil weist das
italienische Werk freilich im Vergleich zum französischen Original
auf: während letzteres mit Literaturangaben aufwarten konnte (die
freilich unpraktischerweise im letzten Band artikelweise
zusammengefaßt waren), fehlen diese in der italienischen Ausgabe
völlig, und somit war das Warten auf den Abschlußband in dieser
Hinsicht leider vergeblich.
sh
Zurück an den Bildanfang