Konzentrierten sich früher derartige Publikationen häufig genug auf
die Pariser Bibliotheken,[2] so werden heute, der Politik der
kulturellen Aufwertung der Provinz entsprechend, selbstverständlich
die Bibliotheken der Departements berücksichtigt, was nicht
ausschließt, daß der erste Band, der die Ile-de-France und somit auch
Paris behandelt, besonders umfangreich ist, obwohl die französische
Nationalbibliothek keine Aufnahme findet. Das Werk gliedert sich in 10
Bände, zu denen die 22 Regionen zusammengefaßt werden. Innerhalb der
Bände sind die Bibliotheken dann im Ortsalphabet, also ohne
Berücksichtigung sowohl der Region als auch des Departements
verzeichnet. Die Auswahl der 380 Bibliotheken erfolgt alleine auf
Grund ihrer historischen Bestände und somit stehen die alten
Stadtbibliotheken zahlenmäßig an der Spitze, während z.B. von den
Universitätsbibliotheken nur die relativ wenigen mit bedeutenden
Altbeständen vertreten sind. Berücksichtigt sind in geringem Umfang
auch Bibliotheken in nicht-staatlicher Trägerschaft.[3] Was nun die
historischen Bestände betrifft, so stehen zwar die Buchbestände - alte
und wertvolle Drucke und Handschriften - im Vordergrund,
berücksichtigt werden jedoch auch alle anderen Sammlungen, also Münzen
und Medaillen, Graphik, Photographien oder auch die zur
Innenausstattung gehörenden Kunstgegenstände wie Gemälde oder
Skulpturen.
Die Artikel über die einzelnen Bibliotheken schwanken zwischen 2 und
12 Seiten, nur ausnahmsweise sind es mehr (BiliothŠque Nationale et
Universitaire in Straßburg mit 23 S.), stammen von den Bibliothekaren
und sind mit deren Namen gezeichnet. Sie behandeln die Geschichte der
Institution, die Bestandsgeschichte unter besonderer Berücksichtigung
von Sammelschwerpunkten sowie das Gebäude, wenn es sich um ein
historisch interessantes handelt. Die Artikel schließen mit einigen
wenigen Literaturangaben und zwar sowohl Publikationen über die
Bibliothek als auch neuere Publikationen der Bibliothek, hier zumeist
Ausstellungskataloge. Einen beträchtlichen Teil des Umfangs nehmen die
fast ausnahmslos farbigen Abbildungen ein (bei der genannten
Straßburger Bibliothek sind ca. 10 Seiten den Bildern vorbehalten,
davon 6 ganzseitige) und zwar nicht nur der Buchmaterialien, sondern
auch der anderen oben erwähnten Kunstgegenstände. Insgesamt sind es
lt. Verlagswerbung 3000 Abbildungen.
Alle praktischen Angaben zu den Bibliotheken werden von den Artikeln
selbst separiert und in einen Anhang verbannt: Adresse, Öffnungszeiten
und ganz knappe Bestandsbeschreibung. Jeder Band verfügt über ein
Bandregister (Orte, benannte Sammlungen, erwähnte Personen in Auswahl
sowie Sachschlagwörter), die zu Band 11, dem Generalregister
kumulieren. Diese Register sind fast unbrauchbar, da sie nicht auf die
Seite verweisen, sondern auf die laufende Nummer der Bibliotheken, so
daß man evtl. viele Seiten auf der Suche nach einem Begriff oder einer
Person durchsuchen muß. Schlimmer noch: die laufende Nummer steht
weder bei den Artikeln selbst, noch im Kolumnentitel, sondern nur im
Inhaltsverzeichnis, das zwischen den Einleitungstexten (drei in allen
Bänden identische Texte der Leiter der herausgebenden Institutionen
sowie von Emmanuel Le Roy Ladurie und einem Vorwort zum jeweiligen
Band) und den eigentlichen Text versteckt ist. Die vorderen und
hinteren Umschlagklappen der Broschuren enthalten Kartenskizzen, in
denen die Lage der Orte eingezeichnet ist, die mit Bibliotheken
vertreten sind.
Obwohl sich dieser Führer, der von der genannten Stiftung eines
Geldinstituts finanziert wurde, während die Direction du Livre et de
la Lecture des MinistŠre de la Culture die ihm unterstellten
Bibliothekare zur Mitarbeit gewann, an das breite Publikum wendet, für
dessen Erbauung auch die zahlreichen Illustrationen gedacht sind,
sollte dieses Werk natürlich auch in die wissenschaftlichen
Bibliotheken des Auslandes Eingang finden, da man siechhier rasch über
die wesentlichen Fakten der historischen Bibliotheksbestände in
unserem Nachbarland informieren und auch durchaus mit interessanten
Entdeckungen rechnen kann.[4]
Obwohl in Format und äußerer Aufmachung fast identisch und gleichfalls
mit zahlreichen Abbildungen ausgestattet, ist der Guide des fonds
patrimoniaux des bibliothŠques d'Alsace von ganz anderem Charakter und
deswegen wesentlich besser geeignet, Ansprüchen wissenschaftlicher
Benutzer zu genügen. Im Gegensatz zu dem Führer für ganz Frankreich,
der für das Elsaß nur 13 Bibliotheken in Hagenau (1), Straßburg (6),
Schlettstadt (1), Kolmar (3) und Mülhausen (2) berücksichtigt, sind es
hier nicht weniger als 202 öffentliche, halböffentliche und private
Bibliotheken. Sie wurden auf Grund einer vorausgehenden
Fragebogenaktion ausgewählt und dann von den beiden Projektbearbeitern
aufgesucht. Die Artikel, geordnet im Orts-, innerhalb im
Namenalphabet, gliedern sich wie folgt: Elementarinformationen (Name,
Anschrift, Öffnungszeiten, Ansprechpersonen, summarische Angaben zu
Bestandsgröße und Zusammensetzung); Abriß der Geschichte der
Bibliothek und ihrer Sammlungen; statistische Übersicht über die
gedruckten Altbestände nach Jahrhunderten und Sprachen, z.T. auch nach
Fächern auf Grund von Stichprobenerhebungen; Beschreibung der
Altbestände nach Handschriften, Inkunabeln und sonstigen Beständen
unter Erwähnung herausragender Stücke; gedruckte und Zettelkataloge;
sonstige Bestände (z.B. Graphik, Plakate, Karten und Pläne, Münzen und
Medaillen); ausführliche Bibliographie zur Bibliothek und zu einzelnen
Beständen. Getrennte Sach- und Personen/Sammler-Register. Das
Inhaltsverzeichnis der Bibliotheken wird durch eine Übersicht über die
vertretenen Bibliothekstypen eingeleitet.
Wie man leicht sieht, ähnelt das Programm dieses Zensus in seinen
Prinzipien, wenn auch nicht in der Detailliertheit der Beschreibungen,
dem Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland.
Erfreulicherweise ist das Bewußtsein für die Notwendigkeit in den
letzten beiden Jahrzehnten auch in Frankreich gewachsen, die
Altbestände in den Bibliotheken außerhalb von Paris zu inventarisieren
und damit besser bekanntzumachen,[5] und es wäre sehr zu wünschen, wenn
dem Beispiel des Elsaß bald auch weitere Regionen[6] folgen würden.
sh
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